Der ideale Laufschuh

Nie zuvor war der Laufsport populärer, und nie zuvor wurden mehr Laufschuhe verkauft als heute. Gar nicht so leicht, unter den zahllosen Angeboten in den Sportgeschäften den richtigen Laufschuh zu finden.
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Fußtyp und Laufstil

Ein Jogger erzeugt mit jedem Schritt eine Stoßwelle, die einem Erdbeben der Stärke vier entspricht. Diese Beanspruchung können die Füße nur bewältigen, weil das Körpergewicht mittels der Muskeln und des Fettgewebes der Fußsohle auf eine größere Fläche verteilt wird. Der besonderen Gewölbeform des Fußes kommt dabei eine Schlüsselrolle zu.

Der Fersenaufprall wird dynamisch abgefangen, da der Rückfuß nach außen gedreht wird (diese Drehbewegung des Fußes heißt Pronation) und das Längsgewölbe der Fußsohle sich absenkt. Läufer mit beweglichen Füßen können diesen körpereigenen Dämpfungsmechanismus wesentlich besser nutzen als Läufer mit steifen Füßen. Bei der Schuhwahl spielen neben der individuellen Fußform der Fußtyp (Hohlfuß, Normalfuß, Plattfuß) und der Laufstil eine große Rolle.

Ein Plattfuß neigt bei Laufbeanspruchung häufig zu einer sehr ausgeprägten Pronationsbewegung nach außen, die zu Problemen führen kann. Der steife Fuß wiederum, im Stand als Hohlfuß erkennbar, führt kaum eine Rückfußbewegung aus und ist deshalb nicht so gut in der Lage, die Fersenaufprallkräfte beim Laufen abzufangen.

Wichtige Hinweise auf Fußtyp und Laufstil ergeben sich neben der Untersuchung des Fußes aus dem Abnutzungsmuster älterer Schuhe oder einer Laufanalyse. Ist die Außenseite der Sohle sehr abgenutzt, führt der Läufer höchstwahrscheinlich eine sehr ausgeprägte Pronationsbewegung aus und rollt über den Fußaußenrand ab. Je mehr Abnutzungsspuren sich im Zentrum der Sohle finden, desto stärker wird der Fuß proniert. Beide Extremformen können zu Beschwerden führen.

Ein gut gewählter Laufschuh kann diese Beschwerden abmildern oder gar verhindern. Eine Sonderstellung nehmen die Vorfußläufer ein, die mit dem Vorfußballen zuerst den Boden berühren. Dieser Läufertyp, den man fast nur bei Leistungssportlern im Sprint- und Mittelstreckenbereich findet, wird bei den folgenden Betrachtungen bewusst ausgeklammert.

Aufbau und Materialien eines modernen Laufschuhs

Der Lauf- oder Joggingschuh übt als Bindeglied zwischen Körper und Boden mechanische Kräfte auf den Fuß aus und beeinflusst damit die Körperstatik. Dabei stützt er idealerweise den Fuß und dämpft den Aufpralldruck auf die Gelenke, der - je nach Geschwindigkeit - das Drei- bis Fünffache des Körpergewichts ausmachen kann.

Wesentlich für die mechanischen Eigenschaften eines Laufschuhs ist die Sohle. Sie besteht aus einer Zwischen- und Außensohle sowie gegebenenfalls speziellen Dämpfungselementen im Vorfuß- und Fersenbereich. Zwischensohlen werden heutzutage aus Ethylenvinylacetat (EVA) oder Polyurethan (PU) gefertigt. Der entscheidende Vorteil von EVA ist die bessere Dämpfungseigenschaft, außerdem ist es leichter als PU. PU ist allerdings haltbarer als EVA. In die Zwischensohle sind meist zusätzliche Dämpfungssysteme integriert, beispielsweise Luftpolster, Wabenstrukturen oder EVA-Teile mit verschiedenen Dämpfungs- und Haltbarkeitsparametern.

Die Außen- oder Laufsohle ist in der Regel aus geschäumtem Gummi oder Karbongummi hergestellt. Geschäumter Gummi ist leichter und dämpft besser, Karbongummi ist haltbarer. Deshalb bestehen bei zahlreichen Laufschuhen belastete Sohlenzonen aus Karbongummi, während die anderen Bereiche aus geschäumtem Gummi bestehen. Da in Zonen hoher Belastung normalerweise auch eine stärkere Dämpfung benötigt wird, ist eine schichtweise Kombination verschiedener Materialien mit unterschiedlichen mechanischen Eigenschaften am günstigsten.

Charakteristika von Laufschuh-Typen

Laufschuhe lassen sich grob in vier Gruppen untergliedern und werden von den meisten Herstellern in den folgenden vier oder ähnlichen Kategorien angeboten:

  • Wettkampfschuhe
  • Trailschuhe
  • Schuhe mit Korrektur der Fußstellung
  • Schuhe mit neutralem Abrollverhalten und ausgeprägten Dämpfungseigenschaften

Wettkampfschuhe sind sehr leicht und auf einem relativ stark gebogenen Leisten gearbeitet. Die Zwischensohle besteht aus EVA, die Außensohle meist aus geschäumtem Gummi. Der Schaft ist in der Regel aus luftdurchlässigem Material gefertigt und mit einem Schnell-Schnür-System versehen. Der Nachteil von Wettkampfschuhen ist der, dass sie wenig Dämpfung und kaum Stabilität bieten - sie sind eben für den Wettkampf und einzelne schnelle Trainingseinheiten gemacht. Einer Dauerbelastung halten sie nicht gut stand. Insbesondere für schwerere Sportler mit einem Körpergewicht von über 80 Kilogramm ist die Dämpfung oft nicht ausreichend.

Schuhe mit einer stark profilierten Außensohle nennt man Trailschuhe. Sie stützen das Fußgewölbe sehr gut ab, auch ist ihre Mittelsohle verstärkt. Der Schaft hat verstärkte Nähte, ist wasserabweisend und schützt insbesondere den Zehenbereich. Trailschuhe eignen sich besonders für Läufe auf weniger hartem Untergrund wie Schotter oder abseits befestigter Wege. Sie bieten guten Halt, ein robustes Obermaterial und Nässeschutz. Trailschuhe sind bezüglich Haltbarkeit und Stabilität optimiert, verfügen jedoch über vergleichsweise gering ausgeprägte Dämpfungseigenschaften.

Für Läufer mit einer ausgeprägten Pronationsbewegung gibt es Schuhe, welche die Fußstellung korrigieren. Zu diesem Zweck ist eine spezielle Stütze für das Fußlängsgewölbe in die Sohle eingearbeitet, der mediale Anteil der Zwischensohle besteht häufig aus PU oder besonders hartem EVA. Die Außensohle ist meist aus Karbongummi. Zwar sind sie etwas schwerer als Wettkampfschuhe, stützen den Fuß jedoch sehr gut ab und schützen ihn so vor Überlastung. Sie sind meistens auf einem geraden Leisten gebaut und auch für schwerere Läufer empfehlenswert.

Schuhe für Läufer mit einem neutralen Abrollverhalten zeichnen sich durch eine weiche Zwischensohle (meist EVA) aus. Sie sind zumeist auf leicht oder etwas stärker gebogenen Leisten gearbeitet und unterstützen dadurch den natürlichen Abrollvorgang des Fußes. Dieser Schuhtyp eignet sich ebenfalls für Läufer mit einem Hohlfuß und damit einhergehender geringer oder fehlender Pronationsbewegung bei wenig flexiblen Füßen. Da diese Läufergruppe den Pronationsvorgang nicht zur Dämpfung nutzen kann, ist sie auf ausgeprägte Dämpfungseigenschaften des Laufschuhs - die gerade beim Laufen auf hartem Untergrund nötig sind - besonders angewiesen. Aufgrund geringer medialer Stabilität ist dieser Schuhtyp keine gute Wahl für Läufer mit ausgeprägter Pronation.

Kriterien für den Schuhkauf

Bei der Wahl des Laufschuhs sollten folgende Punkte berücksichtigt werden:

  • Fußtyp und Passform
  • Laufstil
  • Einsatz (Wettkampf oder Training)
  • Trainingsumfang und -intensität
  • Bodenbeschaffenheit der Laufstrecke

Bei vielen Menschen sind die Füße unterschiedlich groß, weshalb an beiden Füßen Länge und Breite zu bestimmen sind. Generell sollte der Schuh dem größeren Fuß passen, denn es ist einfacher,einen Schuh kleiner zu machen (etwa durch Filzeinlagen) als umgekehrt. Einige wenige Sportschuhhersteller tragen dem Problem Rechnung und geben Schuhpaare ab, die links und rechts unterschiedlich groß sind. Ein häufiger Fehler beim Schuhkauf ist, bei zu engem Vorfuß einen längeren Schuh zu wählen. Dies führt nämlich zu einem verlängerten Hebelarm unter den Zehen: eine Überdehnung ist die Folge.

Ist der Schuh im Vorfußbereich allerdings zu eng, kommt es sowohl zu einer erhöhten Belastung des Längsgewölbes als auch zu einer seitlichen Kompression der ersten und fünften Zehenwurzel, wodurch die Entstehung von Zehenfehlstellungen begünstigt wird. Um die Vorfuß-Passform zu testen, stellt man sich mit dem gesamten Körpergewicht auf den Schuh, nachdem dieser straff geschnürt wurde.

Wann passt der Schuh?

Auch unter Belastung sollte der Schuh die Sohle an keiner Stelle überragen. Die beiden Ösenleder liegen nach dem Schnüren idealerweise parallel, und es sind keine Falten auf der Rückseite des Vorfußes sichtbar, was wiederum ein Hinweis auf einen zu großen Schuh wäre. Der Schuh muss im Geschäft gut passen. Man sollte nicht davon ausgehen, dass ein zu enger Schuh beim Einlaufen nachgibt.

Ferner ist auf einen ausreichend großen Zehenraum zu achten. Alle Zehen sollten vollständig gestreckt werden können. Bei der Größenbestimmung muss weiterhin berücksichtigt werden, dass der Fuß beim Abrollvorgang im Schuh nach vorne rutscht. Dies wird um so wichtiger, je flexibler die Sohle ist und je mehr der Fuß abgerollt wird. Deshalb sollte im Stand die längste Zehe noch etwa ein bis anderthalb Zentimeter Raum nach vorne haben. Ein Schuh mit starrer Sohle (beispielsweise ein Skischuh) erlaubt kein Abrollen des Fußes, weshalb dieser Effekt hier nicht auftritt. Es kann also durchaus sein, dass Lauf. und Skischuhe desselben Sportlers um ein bis zwei Größen differieren.

Laufschuhe sollten vor dem Kauf getestet werden. Viele Geschäfte haben Laufbänder oder erlauben das Ausprobieren vor dem Laden. Besonders bei neuen Schuhen ist es wichtig, beim ersten Anziehen die Ferse fest in die meist weiche Oberfläche der Fersenschale zu drücken und die Zehen nach oben zu strecken. In dieser Stellung lässt sich der Schuh am besten schnüren und die Passform beurteilen.

Stabilität, Flexibilität und Abknickverhalten

Beim Abrollen sollte die Hauptflexibilität in Höhe der Zehengrundgelenke liegen. Man kann das testen, indem man den Schuh mit der Spitze auf eine Waage drückt. Bevor ein Druck von 4,5 Kilogramm erreicht wird, sollte der Schuh in Höhe der Zehengelenke abknicken. Andernfalls ist die Sohle zu steif.

Ein starkes Abknicken des Schuhs zwischen Rückfuß- und Mittelfußbereich - häufig begünstigt durch die optisch sehr gefällige Bauweise mit deutlicher Trennung zwischen Mittelfuß- und Rückfußbereich - führt zu einer Fehl- und Überbelastung im Mittelfuß.

Die Form des Schuhs (Leisten) kann grob in gerade, leicht und stark gebogen eingeteilt werden Läufer mit einem weniger flexiblen Fuß (Hohlfuß) kommen normalerweise mit einem stärker gebogenen Leisten und einer ausgeprägteren Dämpfung besser zurecht. Für Läufer mit einem flexiblen Fuß, der beim Abrollen stark nach innen knickt, empfiehlt sich ein gerader oder nur leicht gebogener Leisten.

Schuhe mit geradem Leisten sind stabiler im Bereich des Längsgewölbes und bieten in dieser Region eine bessere Unterstützung. Drängt der Fuß beim Anprobieren im Vorfußbereich zur Außenseite, so ist der Leisten wahrscheinlich zu sehr gebogen.

Ein Läufer ohne Fußfehlstellung kommt mit einem Schuh für neutrales Abrollverhalten und entsprechend optimierter Dämpfung im Training meist am besten zurecht. Generell gilt: Je länger die Trainingseinheiten und je härter der Untergrund, desto wichtiger ist eine gute Dämpfung. Bei Läufen abseits befestigter Wege sind die Dämpfungseigenschaften meist weniger kritisch, große Bedeutung kommt aber der robusten Schuhverarbeitung und einer griffigen Sohle zu, wie sie zum Beispiel bei Trailschuhen zu finden sind. Bei vorbestehenden Fußproblemen sollte der Schuh den Fuß entsprechend unterstützen und stabilisieren.

Qualität hat ihren Preis

Beim Schuhkauf ist es am günstigsten, die Socken zu tragen, die man auch beim Laufen anzieht. Dies kann einerseits für die Größenbestimmung wichtig sein, andererseits ist auch erkennbar, inwieweit der Fuß im Schuh rutscht. Da Füße im Laufe des Tages, aber auch durch Belastung zwischen einem und anderthalb Zentimetern an Umfang zunehmen, ist der späte Nachmittag oder die Zeit kurz nach einer Trainingseinheit für den Schuhkauf am geeignetsten.

Dämpfung und Haltbarkeit des Schuhs sind beim Kauf am schwierigsten einzuschätzen. Allerdings zeigen die zahlreichen Tests der Laufmagazine, dass inzwischen alle renommierten Marken gut gedämpfte Schuhe anbieten. Entsprechende Angaben finden sich meist in der Produktinformation.

Die durchweg gute Qualität hat jedoch ihren Preis. Unabhängig vom Einsatzbereich: Unter 75 Euro ist ein Paar anspruchsvoller Laufschuhe selten zu bekommen. Die preiswerteren Modelle können normalerweise eine ausreichende Verarbeitung und Materialqualität nicht garantieren. Aber auch bei renommierten Herstellern kann es zu Fabrikationsfehlern kommen, weshalb der Schuh vor dem Kauf nochmals gründlich inspiziert und nach Vorsprüngen und fehlerhaften Nähten ausgetastet werden sollte.

Häufiger Schuhwechsel beugt Laufschäden vor

Der Aufprall beim Laufen und die damit verbundenen Belastungen werden für einen großen Teil der „Läufer“-Probleme verantwortlich gemacht. Verschiedene Untersuchungen haben gezeigt, dass eine mangelhafte Dämpfung der Schuhe zu Gelenkveränderungen und Rückenschmerzen führen kann. Allerdings haben neue klinische und tierexperimentelle Untersuchungen gezeigt, dass moderate stoßförmige Belastungen für die knöchernen Strukturen, aber wahrscheinlich auch für den Gelenkknorpel einen erheblichen stimulierenden Effekt haben. Erst wenn die eingeleitete Kraft ein individuelles physiologisches Limit überschreitet, ist mit negativen Folgen zu rechnen. Die Tatsache, dass degenerative Veränderungen am Fuß nicht gehäuft bei Langstreckenläufern auftreten, unterstützt diese These.

Untersuchungen an Spitzenläufern haben gezeigt, dass häufig im Zusammenhang mit dem Wechsel des Ausrüsters laufbelastungsinduzierte Beschwerden auftreten. Das bedeutet, dass sich der Fuß in einem gewissen Umfang an einen Sportschuh gewöhnt. Um einer einseitigen Belastung oder Überbeanspruchung vorzubeugen, ist deshalb ein häufiger Laufschuhwechsel - am besten zwischen Modellen mit etwas unterschiedlichen biomechanischen Anforderungen - zu empfehlen.

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