Klinik vor Ort - Wenn sich Finger nicht gerade biegen lassen

In der Serie "Klinik vor Ort" berichtet die Redakteurin Inga Mennen M. A. in Zusammenarbeit mit dem Chirurgen Dr. Bernd Sauer aus dem Krankenhaus Wittmund. Sie gibt einen interessanten Einblick in das zertifizierte Endoprothetikzentrum der Maximalversorgung.
©narstudio - stock.adobe.com

Die Fußballspieler Cristiano Ronaldo und David Beckham haben sich ihre Beine versichern lassen, Sänger Tom Jones sogar sein Brusthaar. Einem Chirurgen wie dem Ex-Chefarzt der Orthopädie und Unfallchirurgie, Hand- und Fußchirurgie sowie Sportmedizin im Wittmunder Krankenhaus, Dr. Bernd Sauer, sind solche Versicherungen nicht fremd.

„Ja, ich habe auch eine Absicherung für meine Hände“, sagt der 68-Jährige und das, obwohl er Holz hacken eigentlich meidet. Aber ein handwerkliches Restrisiko bleibt natürlich auch bei seinem Beruf – wie beim Umgang mit der Knochensäge – nicht aus. Chirurgen, denen ganze Finger fehlen, kennt Bernd Sauer nicht. „Die Fingerkuppe wäre wohl nicht so schlimm“, überlegt der Facharzt und blickt auf seine Hände. Das übelste, was passieren kann, ist ein bewegungsunfähiger Daumen – und damit sind wir beim heutigen Thema der Serie „Klinik vor Ort“: Handerkrankungen.

Als zertifizierter Handchirurg hat Sauer schon so manches für den Laien schreckliches Bild gesehen, verkrümmte Finger, die auswulstenden sogenannten Überbeine oder die schnellenden Finger. All das ist ihm schon unter das Messer gekommen – denn heutzutage muss kein Mensch leiden, operativ gibt es viele Möglichkeiten.

Niemand muss mit krummen Fingern rumlaufen. Ein Grund dafür, dass sich die Gliedmaßen nicht mehr bewegen lassen, kann die Dupuytren’sche Kontraktur sein.

Dr. Bernd Sauer hat glücklicherweise keine verkrümmten Finger. Er kann Menschen mit einer Dupytren’sche Kontraktur helfen. ©Inga Mennen M. A.

Besonders oft tritt diese Erkrankung, deren Ursache zwar erblich bedingt sein kann, aber nicht abschließend erforscht ist, bei Männern auf. Aber auch Alkoholkonsum und Diabetes beeinflussen die Krankheit negativ. Medikamentös kann man nichts gegen die Wucherungen unternehmen, erklärt der Facharzt, dafür aber operativ. Meist verläuft die Krankheit schmerzlos und beginnt mit einer Verhärtung in der Hohlhand. Grund dafür sind gutartige Wucherungen, die in der dünnen Platte aus Bindegewebssträngen und Fettgewebe entstehen. Ist die Haut mitbetroffen, bilden sich Furchen und Gruben mit Hornhautbildung und genau dieses schrumpfende Gewebe zieht die Finger weiter in die Handinnenflächen. „Das hat nichts mit den Sehnen zu tun“, erklärt der Handchirurg. Auch wenn es für den Laien so aussieht.

Das erkrankte Gewebe wird bei der Operation, die übrigens mindestens eine Stunde dauert und unter Vollnarkose abläuft, entfernt. Dadurch entstehen Hohlräume, in denen sich Flüssigkeit sammeln kann. Das wird durch das Anlegen einer Gipsschiene verhindert. Es braucht aber Geduld. „Hand ist immer eine komplizierte Angelegenheit, egal bei welcher Operation. Es kann ein halbes Jahr dauern, bis sie wieder funktionsfähig ist“, erklärt der Arzt. Ziel ist es, dass die Finger wieder gerade werden und der Patient eine Faust bilden kann. Nicht immer aber kann die OP die Bewegungseinschränkungen der Finger vollständig wieder herstellen. Zudem kann die Dupuytren’sche Kontraktur wiederkommen, das ist in ungefähr 30 Prozent der Fälle so.

Kennen Sie das? Sie haben eine Türklinke angefasst und einzelne Finger lassen sich nicht mehr strecken, bleiben einfach in der Krümmung verharren? Dann gibt es ein Problem mit dem Ringband. Diagnose: Schnellender Finger. „Die Sehne ist wie ein Tau. Wenn darin eine Faser reißt, versucht der Körper sich selbst zu reparieren und so kommt es zu einer lokalen Verdickung“, erklärt Bernd Sauer. Diese Verdickung nun passt zwar noch durch das Ringband, mit dem die Sehne am Knochen befestigt ist, aber es ist zu eng. So kann man den Finger zwar strecken oder krümmen, aber eben nur mit Kraftaufwand in die ursprüngliche Position zurückbringen. Das Problem kann aber schnell behoben werden.

©Inga Mennen M. A.

Das Ringband – jeder Finger hat davon vier, betroffen ist in der Regel das am Mittelhandknochen – wird aufgeschnitten. So kann die Sehne wieder durch das Band gleiten und die Beweglichkeit des Fingers ist wieder hergestellt. Das Ringband wird wieder zusammenwachsen, aber eben mit mehr Umfang und Durchlässigkeit für die etwas verdickte Sehne. „Zehn Minuten dauert der Eingriff“, erklärt der zertifizierte Handchirurg. Allerdings, und darauf weist Sauer hin, verlaufe die Operation unter örtlicher Betäubung mit einer Blutsperre einer Manschette am Oberarm. „Das kann ein wenig unangenehm werden“, sagt der Facharzt. Nach dem Eingriff wieder Herr über die Beweglichkeit seiner Finger zu sein, sollte es Patienten das aber wert sein.

„Beim Überbein ist es wie mit einer verschlissenen Hose, man näht den dünn gewordenen Teil einfach zu“, erklärt Bernd Sauer, der seinen Patienten bekannt ist durch seine anschaulichen Erklärungen. Die Rede ist in diesem Fall von der Operation des Überbeines, dem Ganglion. Es tritt am häufigsten im Handbereich an den Gelenken auf und ist eine mit Gelenkflüssigkeit gefüllte Kapsel. Oft finden sich die Ausbuchtungen auf dem Handrücken, aber auch an der Innenseite des Handgelenkes, an den Sehnenscheiden oder an der Innenseite der Speiche. Dass in früheren Jahren Frauen und Männer mit dem Hammer oder einer Bibel auf die Ausbuchtung geschlagen haben, davon hat Bernd Sauer gehört. Glücklicherweise kommen die Patienten aber nicht auf solche absurden Ideen, sondern suchen seine Fachberatung auf. Ein Ganglion kann so groß sein wie eine Erbse oder ein Golfball.

Bei der Operation des Überbeines wird die Bänderlücke geschlossen und das Ganglion entfernt. ©Inga Mennen M. A.

Es verursacht nicht immer Beschwerden. Wenn es aber zu Schmerzen kommt rät der Arzt dazu, das Ganglion im Krankenhaus Wittmund entfernen zu lassen. Manchmal ist das Überbein nicht so einfach zu lokalisieren, denn es gibt Ganglien, in denen sich nicht nur in einer Blase die Gelenkflüssigkeit sammelt, sondern die aus einem Austritt mehrere Hohlräume füllen. Mit seiner Lupenbrille werde er dann aber stets fündig, sagt Sauer, um dann den „verschlissenen Stoff“ zu vernähen.

Mit seinen gut versicherten Händen hat Dr. Bernd Sauer natürlich auch Schultern operiert. In der nächsten Folge geht es zurück zu den Endoprothesen. Die Serie „Klink vor Ort“ widmet sich dann dem Ersatz des Schultergelenks.

Ärzte auf Orthinform in Ihrer Umgebung

Passende Lexikonartikel

Fehler: Ihr Standort konnte nicht ermittelt werden.

Leider konnten wir mit Hilfe des Browsers Ihren ungefähren Standort nicht ermitteln, weitere Informationen erhalten sie auf der Seite aktueller Standort.