Videosprechstunde vor, während und nach der COVID-19-Pandemie

Die COVID-19-Pandemie hat die medizinische Versorgung in vielen Bereichen auf den Kopf gestellt. Insbesondere in der Orthopädie und Unfallchirurgie (O und U) mussten etliche Präsenztermine und bereits geplante Operationen verschoben oder abgesagt werden. Eine grundsätzliche Erreichbarkeit sowie eine generelle Entlastung der Ärzte versprach die Einführung oder Ausweitung des Einsatzes der ärztlichen Videosprechstunde.
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Doch wie hat sich diese Art der Behandlung bewährt und wie zukunftsfähig ist sie? Vor der COVID-19-Pandemie fand die Videosprechstunde in der O und U eher selten statt: In erster Linie setzten Ärzte sie in ländlichen Gebieten ein, um eine flächendeckende Patientenbetreuung zu gewährleisten. Selbst nach der Einführung von Videokonferenzen im allgemeinen und weiteren digitalen Kommunikationsmöglichkeiten blieb sie eine Ausnahme.

Sprunghafter Anstieg während der COVID-19-Pandemie

Während der COVID-19-Pandemie hat sich dies jedoch schlagartig geändert: So ist beispielsweise der Anteil an niedergelassenen Ärzten und Psychotherapeuten, die eine Videosprechstunde offerierten, mit dem Beginn der Pandemie im Jahr 2019 sprunghaft von 0,1 % auf 20,1 % im Jahr 2020 angestiegen. Laut Zentralin­stitut kassenärztliche Versorgung (ZI) wurden im Jahr 2021 insgesamt 3,7 Millionen Videosprechstunden in Anspruch genommen (siehe https://www.zi.de/das-zi/medien/grafik-des-monats/detailansicht/april-2023). Um Patientenkontakte und -ströme zu minimieren, wurde die Videosprechstunde als Alternative zu Präsenzterminen genutzt. Viele Praxen und Kliniken haben die Technologie schnell eingeführt und angepasst, um den Bedarf der Patienten zu decken.

In O und U boten sich vor allem bestimmte Fälle für die Videosprechstunde an: Routinekontrollen, Nachsorgeuntersuchungen, Verlaufskontrollen nach Operationen und Beratungen konnten so sehr einfach über Videoanrufe abgewickelt und abgerechnet werden. Zudem bestand die Möglichkeit, die Versorgung in ländlichen Gebieten zu verbessern, indem eine schnelle und unkomplizierte Kommunikation zwischen Ärzten und Patienten ermöglicht wurde.

Auch im intersektoralen Austausch haben sich Einsatzfelder etabliert: So haben Ärzte etwa die Möglichkeit, den bisherigen Behandlungserfolg und den Fortgang der Therapie in einer Konferenz mit den beteiligten Heilmittelerbringern und den Patienten zu besprechen. Im Bereich der besonderen Versorgung existieren in der Orthopädie bereits Selektivverträge nach § 140a SGB V, durch die diese Leistung teilweise explizit und gesondert vergütet wird.

Vorteile der Videosprechstunde – auch nach der Pandemie

Die Videosprechstunde hat definitiv auch nach der COVID-19-Pandemie noch einen wichtigen Platz in der medizinischen Versorgung. Viele Patienten schätzen die Möglichkeit, Arzttermine einfach und schnell von zuhause aus abzuwickeln. Zudem trägt sie dazu bei, Anfahrtswege, Wartezeiten und Überfüllungen in Arztpraxen und Kliniken zu reduzieren und Ansteckungsgefahren zu minimieren. Darüber hinaus kann diese Kommunikationsform bei der Erhebung von Anamnesedaten oder der Beurteilung von Bewegungsamplituden (ROM – Range Of Motion) unterstützen. Auch radiologische Befundbesprechungen mithilfe von Bildschirmübertragungen (häufig auch Desktop- oder Screen­sharing genannt) sparen nicht nur den Patienten Zeit, sondern auch dem gesamten Praxis- und Klinikpersonal.

Grenzen der Videosprechstunde

Natürlich eignen sich nicht alle orthopädischen Fälle für eine Behandlung mittels Videosprechstunde. Bei akuten Verletzungen oder komplexen Beschwerden ist eine körperliche Untersuchung durch den Arzt notwendig, um korrekt zu diagnostizieren. Auch die Erfassung von Vitalparametern und das Durchführen von speziellen Tests ist in der Regel nur vor Ort möglich. Daneben ist die Qualität der Videosprechstunde nach wie vor von der Internetverbindung abhängig – was in eher ländlichen Gebieten unter Umständen ein Problem darstellen kann.

Insgesamt lässt sich sagen, dass die Videosprechstunde in O und U vor, während und auch nach der Pandemie eine sinnvolle Ergänzung zu Präsenzterminen darstellt. Das Ziel ist es, unnötige Praxis- oder Ambulanzbesuche zu verringern, um mehr Kapazität für die medizinisch vorrangigen Fälle zu generieren. So kann und wird die Videosprechstunde dazu beitragen, die medizinische Versorgung zu verbessern und die Effizienz von Arztpraxen zu erhöhen – wenn sie hybrid und sinnvoll eingesetzt wird.

Die Entscheidung, ob man die Telemedizin für sich und/oder sein Unternehmen als Chance oder Risiko betrachtet, liegt allerdings letztendlich im Ermessen des praktizierenden Arztes.

E-Health-Gesetz, Digitalgesetz 2023, DSGVO – Hintergründe zur Videosprechstunde

Seit dem 1. April 2017 ist die Videosprechstunde als Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung anerkannt. Darum können Ärzte und Psychotherapeuten ihren Patienten Videosprechstunden anbieten und diese mit den Krankenkassen abrechnen. Die Videosprechstunde darf dabei nur im Zuge der ärztlichen und psychotherapeutischen Versorgung eingesetzt werden und muss denselben Anforderungen an Qualität und Datensicherheit entsprechen wie die herkömmliche Behandlung.Im Mai 2018 wurde die Telemedizin in Deutschland durch das E-Health-Gesetz weiter gestärkt. So wurde unter anderem die Fernbehandlung legalisiert – das bedeutet, Ärzte dürfen seitdem auch Patienten ohne vorherige persönliche Untersuchung behandeln, sofern dies medizinisch vertretbar ist. Hierbei müssen jedoch bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein, wie eine klare Indikationsstellung und Aufklärung des Patienten über die Risiken und Möglichkeiten der Fernbehandlung.Während der COVID-19-Pandemie wurden einige Einschränkungen bei der ­Videosprechstunde gelockert und neue Regelungen kamen hinzu: Die Pflicht zur persönlichen Untersuchung bei Erstbehandlungen wurde beispielsweise zeitweise ausgesetzt, die Abrechnungsmöglichkeiten für Videosprechstunden dafür erweitert. Das Digitalgesetz 2023 stärkt der Telemedizin weiter den Rücken, auch der Wegfall der zur Zeit noch existierenden 30%-Limitierung wird derweil verhandelt.Dennoch müssen auch bei der Videosprechstunde weiterhin die rechtlichen Rahmenbedingungen beachtet werden. Hierzu gehören insbesondere datenschutzrechtliche Bestimmungen sowie Anforderungen an die Sicherheit und Qualität der Videosprechstunde.Die Eignung der Videodienste wird unter anderem durch die DSGVO und die Anlage 31b zum BMV-Ä definiert und durch unabhängige Stellen zertifiziert.

Zur Zeit gibt es annähernd 80 zertifizierte Videodienste (zum Vergleich: neun zertifizierte Videodienste im April 2017), wobei der Großteil davon von einigen wenigen Anbietern bereitgestellt wird. Bei den meisten dieser Services handelt es sich um sogenannte Whitelabel-Produkte für Krankenhaus- oder MVZ-Ketten sowie integrierte Dienste in Apps wie tinana, PVS-Systeme (z. B. von CGM) oder Online-Terminsoftware wie Doctolib, Samedi oder Dubidoc.

Nach wie vor gibt es einige unabhängige Dienste wie ZAVA sprechstunde.online oder ak GmbH, die sich schnell und sicher in den funktionierenden Praxis­alltag integrieren lassen.

Quelle: ZAVA Sprechstunde Online GmbH

Autor: Tim Schneider

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