Was ist eigentlich Thoraxchirurgie?

Der Brustkorb (Thorax) besteht aus 12 Brustwirbeln, 12 Rippenpaaren sowie dem Brustbein. Diese Knochen schützen lebenswichtige Organe wie die Lunge. Dr. Carsten Vogel, seit 2011 Leiter der Thoraxchirurgie in der Ammerland-Klinik in Westerstede, gibt Ihnen interessante Einblicke in seine Arbeit.
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Ein jeder, der einmal einen Eingriff an der Lunge hatte, wird sie kennen. Und auch Dr. Carsten Vogel kennt sich damit bestens aus – immerhin steht er pro Tag sechs bis acht Stunden am Operationstisch und behandelt dabei wichtige Organe im Brustkorb. „Kommen Sie mit, ich zeige Ihnen, was alles zur Thoraxchirurgie gehört“, sagt der 52-Jährige.

120 Eingriffe im Jahr an der Lunge

Auf einem Computer öffnet er eine Datei mit dem Namen „Schweineritt durch die Thoraxchirurgie“. Nur, was hat diese Operationsmethode mit Schweinen gemein? „Ich habe die Datei so genannt, weil ich den Vortrag straff durchorganisiert habe“, sagt der Mediziner und lacht. Denn bei dem interessanten Gespräch mit ihm wird schnell deutlich, wie umfangreich das Thema ist und wie verzweigt. In der Ammerland-Klinik werden pro Jahr 120 Eingriffe an der Lunge vorgenommen. In den meisten Fällen handelt es sich um Tumore, die sich innerhalb der Lunge gebildet haben. Nun ist es nicht so, als dass Dr. Vogel die Rippen durchsägen müsste, um an das Organ zu kommen. Auch in der Thoraxchirurgie werden die Eingriffe mittlerweile minimalinvasiv vorgenommen. „Es sind drei kleine Schnitte, zwei für die Werkzeuge, einen für das Lungenendoskop, die Kamera“, erklärt der Mediziner.

Durch die Rippen bis zum Lungengewebe

Zwischen den Rippen hindurch bahnt sich der Chirurg den Weg zur Lunge. „Natürlich bin auch ich der Arzt, der gerne selbst sieht, was er operiert und nicht nur durch die Kamera, aber das Endoskop ermöglicht uns sehr genau hinzuschauen“, sagt der Chirurg. Wenn er allerdings merkt, dass ein großer Schnitt für den Patienten und die zu operierende Stelle notwendig ist, dann nimmt er den vor. Der verläuft dann an der Seite. Um zwischen den Rippen operieren zu können – davon hat jeder Mensch pro Seite übrigens zwölf – liegt der Patient seitlich auf dem Operationstisch, dadurch krümmt sich die Wirbelsäule und der Platz zwischen den Knochen wird größer. Nun ist es bei der Lunge aber so, dass sie, sobald sie nicht arbeitet, in sich zusammenfällt. „Das muss doch aussehen wie ein zerknülltes T-Shirt aus dem Schrank“, ist die Frage an den Chirurgen. „Ja, es ist sicher nicht leicht, aber es funktioniert“, sagt Dr. Vogel. Er versteht sein Handwerk und weiß sich mit dem Skalpell zwischen Venen, Arterien, Luftwegen und Lymphbahnen zu bewegen.

Jeder Mensch hat eine andere Anatomie

„Jeder Mensch ist anders und so auch seine Anatomie, das ist das Reizvolle an meinem Beruf“, erklärt der Mediziner, der von sich selber sagt, er sei eine eierlegende Wollmilchsau. Denn der Arzt kennt sich nicht nur in der Thoraxchirurgie bestens aus, sondern auch in der Herz- und Gefäßchirurgie. In seiner Laufbahn hat Dr. Vogel schon Lungen und Nieren transplantiert, das wird in Westerstede aber nicht gemacht. „Ich operiere gerne. Man sieht so viel und das immer wieder aus neuen Blickwinkeln“, sagt Carsten Vogel. Und, wie der Mediziner sagt, räumt er gerne auf, zwar nicht zu Hause, dennoch aber im menschlichen Körper, und so muss weg, was da nicht hingehört. Gelangt der Arzt zu dem Tumor in der Lunge, kann er ihn sofort herausschneiden und direkt in der Klinik beproben lassen. „Wir haben eine eigene Pathologie, das ist von großem Vorteil, denn innerhalb einer Viertelstunde habe ich das Ergebnis und kann, wenn notwendig, noch mehr Gewebe entfernen, ohne dass sich der Patient eines weiteren Eingriffes unterziehen muss“, erklärt der 52-Jährige.

In der Regel wird ein Lungenlappen entfernt, der gesamte Lungenflügel nur selten. „Man muss immer auch den gesamten Menschen sehen, es gibt welche, die können mit einer Lunge gut leben, aber es kommt darauf an, wie funktionsfähig sie ist“, sagt Carsten Vogel.

Dr. Carsten Vogel ist Leitender Oberarzt in der Gefäßchirurgie in der Ammerland-Klinik in Westerstede. Mit Eingriffen an der Lunge kennt er sich aus. ©Inga Mennen M.

Nicht nur Raucher haben Lungenkarzinome

Noch vor Jahren waren von den Lungenkarzinomen häufig Männer betroffen, die in ihrem Leben viel geraucht haben. „Das ändert sich, wir haben Frauen und auch Menschen, die nie zur Zigarette gegriffen haben“, sagt der Chirurg. Woran das liegt, ist noch nicht abschließend erforscht. Es sind aber nicht nur die Tumore, denen der Chirurg zu Leibe rückt. „Im Bereich der Thoraxchirurgie gibt es so vieles“, sagt Carsten Vogel und nennt zum Beispiel die Trichterbrust. Dabei ist die vordere Brustwand fehlgebildet.

Ursachen liegen in einer Wachstumsstörung der Knorpelverbindungen zwischen Brustbein und Rippen. Das kann in der Folge zur Eindellung beziehungsweise zum Einsinken der Brustwand führen. Körperliche Beschwerden verursacht die Trichterbrust so gut wie nie – außer sie verdrängt die inneren Organe. „Aber sie sieht nicht schön aus, und deshalb helfe ich den Menschen“, sagt der Arzt. Beim Eingriff wird der Knorpel von innen angehoben und fixiert.

Wenn mehrere Rippen gebrochen sind

Schönheitsoperationen, wie das Entfernen der unteren Rippen für eine schmale Taille, die kommen dem Chirurgen im wahrsten Sinne des Wortes nicht auf den OP-Tisch. „Eine Anfrage in der Richtung habe ich aber tatsächlich mal gehabt“, sagt der Oberarzt. Natürlich gehören in den Bereich von Carsten Vogel auch die Rippenfrakturen. Schnell kann beim Sturz einer der Knochen brechen. „Bei einer einzelnen Fraktur muss man nicht eingreifen. Zwar ist die Heilung sehr schmerzhaft, da sich der Brustkorb durch die Atmung immer wieder ausdehnt und zusammenzieht, aber der Bereich wird von alleine heilen“, erklärt der Mediziner. Kommt es aber zu mehreren Brüchen, kann das zur Instabilität des Brustkorbes führen. „Die Natur hat sich schließlich etwas dabei gedacht, die wichtigsten Organe durch den knöchernen Korb zu schützen“, sagt Carsten Vogel. Notwendig wird der Eingriff auch, wenn die Rippe innere Organe verletzt hat.

Nicht jede Diagnose ist gleich Krebs

Nach dem „Ritt“ durch die Thoraxchirurgie, die sicher hätte noch fünf Seiten füllen können, zeigt Carsten Vogel ein Modell der Lunge. Unten steht in gelben Buchstaben auf dem Plastik-Sockel: „Ich möchte in den Raum 4 – Hängeschrank.“ Dahin packt Dr. Vogel die Plastikstatue auch brav zurück, so wie es sich für einen ordentlichen Chirurgen gehört und damit er weiß, wo er sie beim nächsten Mal findet.

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