Hand-Polyarthorse - Den schmerzhaften Knoten lösen

Frauen ab 45 trifft sie am häufigsten: die Polyarthrose der Hände. An den Fingern bilden sich erbsgroße Knötchen, ähnlich wie bei der Gicht oder der rheumatoiden Arthritis. Es handelt sich jedoch nicht um eine entzündliche Erkrankung, sondern um einen Verschleiß der Fingergelenke.
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Die Polyarthrose der Hand bezeichnet eine abnutzungs- bzw. ver­schleißbedingte Schä­digung der Finger- und Daumengelenke. Sie ist nicht zu ver­wechseln mit der chronischen Polyar­thritis – oder besser „rheumatoiden“ Arthritis –, einem systemischen, also im gesamten Körper auftretenden ent­zündlichen Gelenkrheuma. Die Po­lyarthrose tritt ausnahmslos an den Händen auf, obwohl es Veröffentli­chungen gibt, in denen nachgewiesen wird, dass dabei auch Hüfte und Knie gehäuft von Arthrose befallen sind.

Sir William Heberden war der Ers­te, der Ende des 18. Jahrhunderts die „Heberden nodes“ – knotige Verän­derungen an den Endgelenken der Finger – beschrieben hat. Deshalb sprechen wir auch von den „Heber­den-Arthrosen“. Im nächsten Jahr­hundert wies der Pariser Pathologe Charles Bouchard auf knorpelige Verdickungen der Fingermittelgelen­ke mit schmerzhaften Bewegungs­einschränkungen hin – diese werden deshalb als „Bouchard-Arthrosen“ be­zeichnet.

Später wurden auch Abnutzungs­erscheinungen, Fehlstellungen und Schmerzen sowie eine Kraftverminde­rung im Daumensattelgelenk zu den Polyarthrosen der Hand gerechnet. Diese und noch ein weiteres Phäno­men, nämlich die Arthrose zwischen Handwurzelknochen, werden als so genannte Rhizarthrose dem Erschei­nungsbild der Polyarthrose zugerechnet.

Bei der Polyarthrose werden an den betroffenen Fingergelenken die Ge­lenkstrukturen, insbesondere die Sei­tenbänder, zerstört, so dass die Finger in sich nicht mehr stabil sind und die Scharnierbewegung zwischen ihnen nicht mehr harmonisch ausgeführt werden kann. So kommt es dazu, dass die Finger im betroffenen Gelenk zur Seite abkippen oder krumm werden.

Eine Polyarthrose an den vorderen Fingergelenken mit Propfarthritis an den Mittel- und Grundgelenken - Foto Dr. Martin Talke - BVOU

Oft ein Zufallsbefund

Besonders häufig sind Frauen ab dem 45. Lebensjahr von diesen Symp­tomen betroffen. Deshalb nimmt man an, dass hormonelle Veränderungen bei der Entstehung dieser Erkrankung eine Rolle spielen. Ein Beweis dieser Vermutung steht bislang noch aus. Bei Männern kommt es etwa zehn Jahre später zu Polyarthrosen der Hand. Die erbliche Komponente ist bei Frauen stärker ausgeprägt.

Eine Polyarthrose der Hand kann durchaus zufällig entdeckt werden, etwa wenn die Hand aufgrund einer Verletzung geröntgt wird und dabei auffällt, dass die Endgelenke der Fin­ger verschmälert sind. Dies ist ein Hinweis darauf, dass der Knorpel zwischen den Gelenkpartnern abge­nutzt ist. Der Betroffene muss zu die­sem Zeitpunkt noch nicht an Schmer­zen leiden. Nur der Vergleich mit anderen Fingern lässt diagnostische Rückschlüsse zu, etwa wenn sich das arthrotische Gelenk nicht mehr so gut beugen lässt wie das Endgelenk des Nachbarfingers oder des entsprechen­den Fingers an der anderen Hand.

Die Polyarthtrose durchläuft sehr unterschiedliche Stadien. Zu Anfang treten kaum Beschwerden auf, die Ge­lenke verdicken zwar, allerdings ohne stark zu verhärten, so dass die Hand in ihren Funktionen kaum beeinträch­tigt wird. Da auch im Röntgenbild nur sehr dezente Veränderungen sichtbar werden, neigen leider einige Ärzte dazu, das Krankheitsbild der Polyar­throse zu bagatellisieren und ihren Patienten zu sagen: „Da kann und muss man nichts machen.“

Dabei wird die Behandlung, je spä­ter sie einsetzt, immer komplizierter. Wenn Schmerzen, Rötungen und wei­che Schwellungen auftreten, spricht man von einer aktivierten Arthrose. Die Aktivitäten des täglichen Lebens sind dann bereits beeinträchtigt. Man­che kraftvollen Handgriffe kann man gar nicht mehr ausführen, so dass ärztliche Hilfe in Anspruch genom­men werden sollte.

Schwierige Abgrenzung

Das nächste mögliche Krankheits­stadium ist die so genannte erosive Polyarthrose. Diese unterscheidet sich kaum von einer Polyarthritis, also von entzündlichem Gelenkrheuma. Im Röntgenbild sind wie bei der Po­lyarthritis zystische Zerstörungen des gelenknahen Knochens erkennbar, hervorgerufen durch eine aggressi­ve Wucherung des entzündeten Ge­webes der Gelenkinnenhaut. Ist die Polyarthrose an diesem Punkt ange­kommen, ist sie mit starken Schmer­zen verbunden. Die Krankheit kann jedoch noch komplizierter werden. So kommt es gelegentlich zu einer zu­sätzlichen schmerzhaften Schwellung und Überwärmung der Fingergrund­gelenke. Wenn schon seit Jahren Kno­ten an den End- oder Mittelgelenken bestanden haben, ist es möglich, dass bei einer Blutuntersuchung ein Rheu­mafaktor nachgewiesen wird. Dann handelt es sich um eine so genannte Pfropfarthritis: Der lange bestehenden Polyarhtrose hat sich eine rheumatoi­de Arthritis „aufgepfropft“.

Bei der reinen Polyarthrose finden sich keine Laborauffälligkeiten. Eine Laboruntersuchung ist im Grunde genommen nur notwendig, um an­dere Ursachen auszuschließen. Wenn Patienten oder Ärzte behaupten, die Verdickungen seien Gichtknoten, so kann dies durch normale Harnsäure­werte leicht widerlegt werden. Einen sicheren Befund sowie die Grundlage für eine Verlaufskontrolle liefert die Standardröntgenaufnahme der gan­zen flachen Hand.

Im frühen Stadium können täglich drei bis vier Einreibungen mit „Rheu­mamitteln“ wie Diclofenac, Piroxicam oder Ethofenamat eine Linderung er­zielen. Wenn die akut-entzündlich veränderten Gelenke stark schmerzen, kann die Einnahme von NSAR (nicht kortisonhaltigen antirheumatischen Medikamenten) wie Diclofenac, Ibu­profen Coxiben etc. kurzfristig eine völlige Befreiung von den Beschwer­den erreichen.

Außerdem sollten die Möglich­keiten der physikalischen Therapie ausgereizt werden: Kälte- und Wär­metherapie, Ultraschall und Elek­trobehandlung. Gegen verkrümmte Fingergelenke helfen Dehnung unter Zug, Ergotherapie oder Lagerungs­schienen. Für das Daumensattelge­lenk gibt es beim Orthopädiemecha­niker vorgefertigte Plastikschienen, die das Zugreifen erleichtern. Indivi­duelle thermoplastische Schienen, die in der Praxis oder von Ergotherapeu­ten selbst angefertigt werden können, erleichtern alltägliche Handgriffe wie Kartoffelschälen oder das Öffnen von Gläsern.

©Dr. med. Martin Talke - BVOU

Injektionen ins Gelenk

Soll nicht die Fehlstellung behoben, sondern in erster Linie gegen den Schmerz vorgegangen werden, so ist die Therapie der Wahl eine gezielte Injektionsbehandlung, bei der in ein oder mehrere Gelenke Kortison und örtliches Betäubungsmittel (Lokala­nästhetikum) gespritzt werden. Die­se Behandlung sollte jedoch nur von erfahrenen Ärzten durchgeführt wer­den. Bestimmte Injektionstechniken für diese sehr kleinen Gelenke, deren Gelenkspalt oft zerstört ist, müssen beherrscht werden, sonst kann der Injektionsschmerz so heftig sein, dass der Patient eine weitere Therapie ab­lehnt. Für die Langfinger ist es jeden­falls immer ratsam, mit kleinen Do­sen Kortison (ein bis vier Milligramm) plus Lokalanästhetikum zu beginnen.

Beim Daumensattelgelenk hilft auch eine Behandlung mit Hyaluron­säure (0,5 bis ein Milliliter). Bereits nach der ersten Spritze können die Betroffenen Erleichterung und nach der dritten Spritze eine anhaltende Schmerzminderung mit zunehmender Kraft und Beweglichkeit spüren.

Wenn die Schmerzen durch kei­ne der genannten Maßnahmen wir­kungsvoll bekämpft werden können, kann auch auf operativem Wege ge­gen die Polyarthrose vorgegangen werden. Die Endgelenke können in seltenen Fällen versteift werden, für die Mittelgelenke kommen Silikon­platzhalter oder kleine künstliche Gelenke in Frage. Das Daumensattel­gelenk kann saniert werden, indem einer der Handwurzelknochen – das Vieleckbein – entfernt wird, indem es versteift oder ein künstliches Gelenk an seiner Stelle eingesetzt wird.

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