Arthrosebehandlung mit körpereigenen Fettstammzellen

Die Orthopädische Universitätsklinik in Bad Abbach geht einen ganz neuen Weg in der Schmerzbehandlung bei Arthrose. Schlüssel ist die Transplantation von Stammzellen aus körpereigenem Fettgewebe in die durch Arthrose geschädigten Gelenke.
©Prof. Dr. Dr. Joachim Grifka

Entwickelt wurde das Verfahren durch Kooperation der Orthopädie und der Plastischen Chirurgie unter der Leitung von Prof. h. c. mult. Dr. med. Dr. h. c. Marita Eisenmann-Klein. Dieses Verfahren wurde im Lauf der Zeit perfektioniert und wird nun von MUDr. Magdalena Zborilova weiter betreut.

In den letzten Jahren wurde die Stammzellentransplantation in der Orthopädischen Universitätsklinik Bad Abbach als konservative Therapie der Arthrose etabliert. Wie entstand diese Idee?

Prof. Dr. Dr. Joachim Grifka: Bei uns steht der Gelenkerhalt im Vordergrund. Seit mehr als 20 Jahren führen wir die Knorpelregeneration mit Transplantation durch. Der Gedanke lag nahe, sich auch mit der Regeneration von Gewebe durch Stammzellen zu befassen. Die konservative Therapie hat bei Gelenk- und Wirbelsäulenerkrankungen Einen festen Stellenwert in unserer Klinik.

Wie funktioniert dieses Verfahren genau?

MUDr. Magdalena Zborilova: Wir nutzen die antiinflammatorische und regenerative Wirkung der Stammzellensuspension bei Arthrose. Unsere Technik der Fettentnahme mithilfe einer Vakuumspritze, in der ein gleichmäßig niedriges Vakuum erzeugt wird, ist extrem schonend. Erstaunlicherweise ist der Zeitaufwand auch nicht höher als der bei der maschinellen Fettabsaugung. Die Patienten haben nach der Fettentnahme mittels Vakuumspritze deutlich weniger Hämatome in den Spenderregionen als bei den herkömmlichen Techniken.

Ein Filter, der die Stammzellen rein mechanisch isoliert, ermöglicht es uns, ohne Zentrifugieren und ohne Zusätze wie etwa Kollagenase oder Protease beim Isolierungsvorgang auszukommen. Die Verwendung von Substanzen jeglicher Art würde die Aufbereitung einer Medikamentenzubereitung gleichsetzen, was zur Folge hätte, dass wir als Anwender eine Lizenz zur Medikamentenherstellung benötigen würden. Um zu überprüfen, ob wir tatsächlich vitale Stammzellen mit dieser Methode gewinnen, entsenden wir Proben des Stammzellkonzentrats in unser Forschungslabor, wo die Zellen angezüchtet werden. Nur so lässt sich feststellen, ob wir es mit vitalen Zellen zu tun haben. Die bloße Zählung der in dem Konzentrat vorhandenen Zellen sagt noch nichts über deren Vitalität aus.

Grifka: Noch dazu hat diese Aufarbeitung den großen Vorteil, dass sie unmittelbar am OP-Tisch und in kurzer Zeit vonstattengeht. Der Patient hat den Vorteil einer nur geringen postoperativen Morbidität.

Für welche Krankheiten eignet sich dieses Verfahren noch?

Grifka: Die häufigsten Indikationen sehen wir bei Arthrosen des Kniegelenkes, des oberen Sprunggelenkes und Schultergelenkes sowie des Daumensattelgelenkes und

bei Facettensyndrom. Darüber hinaus eignet sich dieses Verfahren im orthopädischen Bereich beispielsweise bei Diabetikern, sonstigen Wundheilungsproblemen und Narbenbildungen.

Warum gerade Körperfett?

Zborilova: Es ist in der Tat erstaunlich, dass das Potenzial der adulten Stammzellen aus Fettgewebe bereits in den Jahren 2000 bis 2005 durch Studien nachgewiesen wurde, diese aber kaum Beachtung gefunden haben. So wurde zum Beispiel dokumentiert, dass sich adulte Stammzellen aus Fettgewebe in Pankreaszellen ausdifferenzieren können, die die Fähigkeit haben, Insulin zu produzieren.

Auch die Tatsache, dass das Fettgewebe 1.000-mal mehr Stammzellen enthält als das Knochenmark, wurde lange ignoriert.

Grifka: Die wissenschaftliche Bearbeitung, auch experimentell hinsichtlich der gewonnenen Nanofett-Stammzellen und der übrigen Faktoren, wie beispielsweise Wachstumsfaktoren, wird von Prof. Dr. Susanne Grässel als Leiterin der experimentellen Orthopädie engmaschig begleitet. Sie hatte bereits vor Beginn unserer Zusammenarbeit langjährige Erfahrung und wissenschaftliche Reputation in der Arbeit mit Stammzellen aus Fettgewebe: Sie ist ein absoluter Glücksfall für uns!

Ist jeder Patient mit einer Kniegelenksarthrose geeignet oder welche Kriterien müssen erfüllt werden?

Grifka: Zunächst sind die üblichen konservativen Therapiemöglichkeiten zu nutzen. Zu den Grundvoraussetzungen für eine Fettstammzellentransplantation zählen, dass die Beinachse regelrecht und Bandstabilität gegeben sind. Das Kniegelenk sollte keine nennenswerte Beugekontraktur aufweisen. Es müssen also die wesentlichen biomechanischen Gegebenheiten stimmen.

Kommt auch eine Vernetzung mit den niedergelassenen Kollegen infrage?

Grifka: Ich lege großen Wert auf die Abstimmung mit den niedergelassenen Kolleginnen und Kollegen. Die grundsätzliche Indikation und auch die Vorbehandlung sollten von ihnen mitgetragen werden

Übernehmen die Krankenkassen die Kosten für diese Therapie?

Grifka: Als neues Verfahren ist diese Behandlungsmöglichkeit nicht im Therapiekatalog der Kostenträger. Wir empfehlen den Patienten, die Kostenübernahme bei der Krankenkasse zu beantragen und stellen Kostenvoranschläge sowie Begründungen aus.

An welchen Methoden und Zielen arbeiten Sie in kommender Zeit?

Grifka: Zum einen muss dieses Verfahren weiterhin wissenschaftlich aufgearbeitet werden, um Indikation und Erfolgsaussichten genauer zu beschreiben. Da ist das Team von Prof. Dr. Susanne Grässel unermüdlich dahinter.

Zum anderen wird eine klinische Studie der Therapieerfolge unter der Leitung von MUDr. Magdalena Zborilova geplant. Außerdem testen wir derzeit Filter verschiedener Hersteller. Wir planen, mit einem namhaften deutschen Unternehmen ein OP-SET mit Filtern zu entwickeln. Ziel ist es, dass man in einem Set alles hat, was man für das operative Vorgehen benötigt. Die Vorarbeiten sind geleistet. Jetzt geht es noch um die Umsetzung.

Das Interview führte Janosch Kuno, Pressearbeit BVOU.

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