Polyarthrose
Abnutzungsbedingte, teils schmerzhaft-entzündliche Gelenkveränderungen – umgangssprachlich besser als „Gelenkverschleiß“ bekannt – werden dem Krankheitsbild der Arthrose zugeordnet. Sind gleichzeitig Finger-, Daumen- und Handwurzelgelenk betroffen, spricht man von einer Polyarthrose der Hand.

Wenn sich die Finger verkrümmen und sich an ihnen erbsengroße, knorpelige Knötchen bilden, handelt es sich oft um arthrotische Veränderungen der Fingergelenke.
Es gibt mehrere Erscheinungsformen: Sind die Fingerendgelenke verschlissen, redet der Orthopäde von Heberden-Arthrose; die Arthrose der Mittelgelenke heißt Bouchard-Arthrose; sind Kahnbein und Vieleckbein betroffen, spricht man von Rhizarthrose; wie auch von Daumensattelgelenkarthrose zwischen Vieleckbein und erstem Mittelhandknochen.
Ursachen und Risikofaktoren
Die Ursachen dieser Gelenkveränderungen sind unklar. Nur die wenigsten sind auf einen Unfall zurückzuführen. Es ist anzunehmen, dass ein hoher Anteil der Polyarthrose-Erkrankungen erblich bedingt ist.
Die Entstehung einer Polyarthrose lässt sich auch nicht mit einer Überlastung der Gelenke erklären, denn oft ist auch die nicht-dominante – also bei Rechtshändern die linke – Hand betroffen. Die wulstförmigen oder knotigen Veränderungen der Finger und Daumen können sich über Jahrzehnte hinweg ausbilden, ohne dass der Betroffene dabei Schmerzen verspürt.
So liegt es häufig an den unschönen Gelenkveränderungen und/oder Fehlstellungen der Finger und nicht am Schmerz, dass die Patienten den Arzt aufsuchen. Kommen zu den Verkrümmungen klassische Entzündungssymptome – Schmerz, Rötung, Schwellung, Überwärmung oder Bewegungseinschränkung – hinzu, handelt es sich um eine Polyarthritis, heute besser bekannt als rheumatoide Arthritis. Der Schmerz kann dann so heftig sein, dass viele Tätigkeiten des täglichen Lebens nicht mehr ausgeführt werden können.
Der Anteil der an Polyarthrose leidenden Frauen ist im 50. Lebensjahr etwa doppelt so hoch wie bei Männern. Dieses Verhältnis verschiebt sich mit zunehmenden Alter zu Ungunsten der männlichen Patienten.
Symptome
Zu den häufigsten Symptomen gehören:
- Schmerzen: Zu Beginn der Erkrankung treten oft Schmerzen bei alltäglichen Belastungen auf, wie beim Greifen oder Halten von Gegenständen. Diese Schmerzen sind typischerweise nicht-entzündlicher Natur und können sich bei Bewegung verstärken.
- Gelenkschwellungen: Betroffene Gelenke können anschwellen, was auf eine Reaktion des Körpers auf den Gelenkverschleiß hinweist.
- Bewegungseinschränkungen: Im Verlauf der Erkrankung können die Gelenke steif werden, was die Beweglichkeit einschränkt und zu Funktionsbehinderungen führt.
- Verformungen: Langfristig kann es zu Verformungen der betroffenen Gelenke kommen, insbesondere in den Händen und Fingern.
- Röntgenveränderungen: Typische Veränderungen im Röntgenbild, wie Gelenkspaltverengungen oder Knochenanbauten, sind ebenfalls charakteristisch für Polyarthrose.
- Alltagsbeeinträchtigungen: Die Symptome können so ausgeprägt sein, dass sie die Durchführung alltäglicher Aktivitäten erheblich beeinträchtigen, was die Lebensqualität der Betroffenen mindern kann.
Diagnose
Die Diagnose von Polyarthrose erfolgt durch eine Kombination aus klinischer Untersuchung, Anamnese und bildgebenden Verfahren. Hier sind die wesentlichen Schritte im Diagnoseprozess:
- Anamnese: Der Arzt beginnt mit einer ausführlichen Befragung des Patienten zu den Symptomen, deren Dauer und Intensität. Wichtige Informationen sind auch frühere Gelenkprobleme, familiäre Erkrankungen und Lebensstilfaktoren.
- Klinische Untersuchung: Bei der körperlichen Untersuchung werden die betroffenen Gelenke auf Schwellungen, Schmerzen und Bewegungseinschränkungen überprüft. Der Arzt testet die Beweglichkeit der Gelenke und sucht nach typischen Anzeichen von Gelenkverschleiß.
- Bildgebende Verfahren: Röntgenaufnahmen sind entscheidend für die Diagnose von Polyarthrose. Sie zeigen Veränderungen im Gelenk, wie Gelenkspaltverengungen und Knochenanbauten. In einigen Fällen können auch MRT oder CT eingesetzt werden, um detailliertere Informationen über den Zustand der Gelenke zu erhalten.
- Laboruntersuchungen: Blutuntersuchungen können durchgeführt werden, um andere Ursachen für die Gelenkbeschwerden auszuschließen, wie entzündliche Erkrankungen oder rheumatische Erkrankungen.
Durch diese umfassende Diagnostik kann der Arzt eine fundierte Diagnose stellen und geeignete Behandlungsmöglichkeiten empfehlen.
Therapie
Um die Schmerzen zu lindern, können nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR) wie Ibuprofen, Diclofenac oder Coxibe verordnet werden. In leichteren Fällen kann auch eine NSAR-haltige Salbe aufgetragen werden, deren Wirkung in placebokontrollierten Studien nachgewiesen wurde.
Der Orthopäde wird zunächst die Möglichkeiten der physikalischen Therapie ausreizen. Diese umfasst Kälte- oder Wärmebehandlungen oder so genannte Kontrakturbehandlungen, bei denen durch Zug am Daumen leichte Linderung erzielt und einer Fehlstellung des Daumens (Adduktionskontraktur) entgegengewirkt werden kann.
Ergotherapie
Auch ergotherapeutische Maßnahmen – also handwerkliche oder kreative Arbeiten, bei denen Fingerfertigkeit gefragt ist – eignen sich dafür, die Finger wieder in Gang zu bringen.
Schienung
Im Rahmen der physikalischen Therapie kann der Orthopäde auch Lagerungsschienen verordnen. An den Fingerendgelenken werden sogenannte Stackschienen angelegt, an den Mittelgelenken sogenannte dynamische Quengelschienen. Am Daumensattelgelenk helfen vorgefertigte Plastikschienen, die vom Orthopädietechniker angepasst werden. Individuelle thermoplastische Schienen, die vom Behandler oder Ergotherapeuten selbst angefertigt werden können, sollen die Versteifung in Anspreizstellung (Adduktionskontraktur) vermindern, da diese Fehlstellung die Funktion der ganzen Hand schwer beeinträchtigt.
Injektionsbehandlung
Manchmal sind die Schmerzen so stark, dass die physikalische Therapie versagt, weil der Patient seine Finger nicht mehr bewegen kann. In solchen Fällen ist eine gezielte Injektionsbehandlung die Therapie der Wahl. Dabei wird Kortison und ein Lokalanästhetikum (örtliches Betäubungsmittel) in ein oder mehrere Gelenke gespritzt.
Der behandelnde Arzt muss bestimmte Injektionstechniken für diese sehr kleinen Gelenke, deren Gelenkspalt oft zerstört ist, beherrschen. Ansonsten kann der Injektionsschmerz so heftig sein, dass der Patient eine weitere Therapie ablehnt.
Für die Langfinger (im Gegensatz zum Daumen) ist es jedenfalls immer ratsam, mit kleinen Dosen Kortison (ein bis vier Milligramm) und Lokalanästhetika zu beginnen.
Für das Daumensattelgelenk indes ließ sich nachweisen, dass auch eine Erstbehandlung mit 0,5 bis einem Milligramm einprozentiger Hyaluronsäure bereits nach der ersten Injektion Erleichterung und nach der dritten Injektion eine anhaltende Schmerzminderung nach sich zieht, die mit einer Wiederherstellung der Kraft und Beweglichkeit einhergeht.
Körpereigener Reparatursaft der Zelle – Hyaluronsäure
Hyaluronsäure kommt auch in der Kosmetikindustrie zum Einsatz. Dort wird sie als eine Art „Reparaturflüssigkeit der Zelle“ gehandelt, weil sie – unter die Hautoberfläche gespritzt – Falten glättet. Das liegt an ihrer Fähigkeit, Wasser einzulagern. Das Präparat kann aber weit mehr als das: Direkt ins Gelenk injiziert, lindert sie Arthrose-Schmerzen und aktiviert den Heilungsprozess.
Hyaluronsäure ist ein Biopolymer – ein langkettiges Polysaccharid, also ein Großmolekül aus verschiedenen Zuckerverbindungen. Da Hyaluronsäure Wasser einlagern kann, ist sie viskoselastisch und damit unentbehrlich für die Stoßdämpferfunktion des Knorpels und die Schmierfähigkeit der Gelenkflüssigkeit.
Ein Gramm Hyaluronsäure ist in der Lage, fünf Liter Wasser zu binden. 1934 zum ersten Mal chemisch beschrieben und 1970 bei Rennpferden eingesetzt, wird Hyaluronsäure seit 1995 in der Humanmedizin verwendet. Ihr großer Vorteil ist, dass sie im menschlichen und tierischen Organismus physiologisch vorhanden ist. Für die Stützfunktion der Organe ist sie unentbehrlich.
Mit Hyaluronsäure ist es möglich, Arthrose am Ort ihrer Entstehung – direkt im Gelenk – zu behandeln. Durch die degenerativen Prozesse im Gelenk kommt es zu entzündlichen Reaktionen, die den Knorpelabbau beschleunigen. Die eingespritzte Hyaluronsäure kann diese negativen Gelenkprozesse beeinflussen und verlangsamen. Hyaluronsäure wirkt also zum einen mechanisch als Gelenkschmiere und bringt schon allein dadurch eine Linderung der Schmerzen; zum anderen kann sie auch in die krankhaften Vorgänge im arthrotischen Gelenk eingreifen.
Zu berücksichtigen ist allerdings, dass bei der Injektion in das Gelenk ein gewisses Infektionsrisiko (zwischen 1:20.000 und 1:70.000) besteht. Auch der kurze Injektionsschmerz und die nur geringe entzündungshemmende Wirkung der Hyaluronsäure müssen erwähnt werden.
FAQ - Häufig gestellte Fragen zur Polyarthrose
Was ist Polyarthrose?
Polyarthrose ist eine Form der Arthrose, die mehrere Gelenke gleichzeitig betrifft. Sie ist durch den schmerzhaften Verschleiß des Gelenkknorpels gekennzeichnet und kann zu Bewegungseinschränkungen und Gelenkverformungen führen.
Welche Symptome treten bei Polyarthrose auf?
Die häufigsten Symptome sind:
- Schmerzen in den betroffenen Gelenken, die sich bei Bewegung verstärken können.
- Gelenkschwellungen und Empfindlichkeit.
- Bewegungseinschränkungen, insbesondere nach Ruhephasen.
- Verformungen der Gelenke im fortgeschrittenen Stadium.
Wie wird Polyarthrose diagnostiziert?
Die Diagnose erfolgt durch:
- Anamnese: Der Arzt fragt nach Symptomen und der Krankengeschichte.
- Klinische Untersuchung: Überprüfung der Gelenke auf Schwellungen und Bewegungseinschränkungen.
- Bildgebende Verfahren: Röntgenaufnahmen zeigen Veränderungen im Gelenk, wie Gelenkspaltverengungen.
- Laboruntersuchungen: Bluttests können helfen, andere Erkrankungen auszuschließen.
Was sind die Ursachen für Polyarthrose?
Die genauen Ursachen sind oft multifaktoriell und können Folgendes umfassen:
- Alter: Das Risiko steigt mit dem Alter.
- Übergewicht: Übermäßiges Körpergewicht belastet die Gelenke.
- Verletzungen: Frühere Gelenkverletzungen können das Risiko erhöhen.
- Genetische Faktoren: Eine familiäre Vorbelastung kann ebenfalls eine Rolle spielen.
Wie wird Polyarthrose behandelt?
Die Behandlung zielt darauf ab, die Symptome zu lindern und die Lebensqualität zu verbessern. Mögliche Ansätze sind:
- Medikamentöse Therapie: Schmerzmittel und entzündungshemmende Medikamente.
- Physiotherapie: Übungen zur Verbesserung der Beweglichkeit und Stärkung der Muskulatur.
- Ernährungsanpassungen: Gewichtsreduktion zur Entlastung der Gelenke.
- Injektionen: In einigen Fällen können Kortison- oder Hyaluronsäure-Injektionen hilfreich sein.
Kann Polyarthrose geheilt werden?
Derzeit gibt es keine Heilung für Polyarthrose, aber die Symptome können durch geeignete Behandlungsansätze effektiv gemanagt werden. Eine frühzeitige Diagnose und Behandlung sind entscheidend, um das Fortschreiten der Erkrankung zu verlangsamen und die Lebensqualität zu erhalten.