Lokalanästhetika
Lokalanästhetika sind lokale Betäubungsmittel, die in der Orthopädie und Unfallchirurgie außerdem auch sehr verbreitetet zur Schmerzbehandlung eingesetzt werden.

Lokalanästhetika oder auch lokale Betäubungsmittel dienen zunächst einmal – wie der Name schon sagt – zur Betäubung von Körperteilen. Die Präparate werden klassischerweise gespritzt, nach einiger Zeit setzt dann die Wirkung ein. Typische Anwendungen sind die lokale Betäubung für kleine chirurgische Eingriffe an der Oberfläche wie zum Beispiel der Wundverschluss bei Schnittwunden oder auch die Betäubung vor zahnärztlichen Eingriffen.
Arten und Anwendungsgebiete
Ein weiteres Einsatzgebiet ist außerdem auch die Schmerztherapie, da die Stoffe zeitweilig die Schmerzwahrnehmung hemmen und so dem Körper Zeit geben, Selbstheilungskräfte zu entfalten. Nach gängiger orthopädischer und schmerztherapeutischer Erfahrung können Injektionen von Lokalanästhetika (Infiltrationen) in schmerzhafte Strukturen auch weit über die Wirkdauer der Präparate hinaus eine Schmerzreduktion bis hin zur Schmerzfreiheit hervorrufen. In Einzelfällen kann dies sogar bei einer einmaligen Gabe resultieren.
Neben der Betäubung von lokalen Strukturen wie zum Beispiel von Hautarealen werden die Präparate auch im Bereich der Leitungsanästhesie verwendet, durch welche die Schmerzweiterleitung von Nerven blockiert wird. Diesen Effekt kann man sowohl zur Betäubung als auch zur Schmerztherapie nutzen, wie zum Beispiel die wirbelsäulennahen Infiltrationen in den Rückenmarkskanal, welche einerseits bei Bandscheibenschäden, Vernarbungen und Einengung des Wirbelkanals sowie der Nervenaustrittslöcher an der Wirbelsäule genutzt werden. Die gleichen Injektionstechniken und Präparate bewirken dann in einer höheren Dosierung eine Rückenmarksnarkose, durch welche man schmerzfrei Operationen an den Beinen durchführen kann.
Eine weitere Variante ist die Plexusanästhesie, bei welcher die Präparate an Nervenbündeln, zum Beispiel in der Achselhöhle oder im Beckenbereich, Anwendung finden. Schließlich finden die Präparate gerade im Bereich der Orthopädie auch häufig Anwendung bei Injektionen in Hohlräume wie zum Beispiel Gelenke.
Vertreter (in Auswahl)
Bupivacain, Lidocain, Mepivacain, Prilocain, Procain, Ropivacain
Wirkprinzip
Lokale Betäubungsmittel wirken an ihrem Einsatzort schmerzhemmend, aber auch entzündungshemmend, zeitlich begrenzt muskelschwächend, sie haben eine antiallergische Wirkung, wirken in niedrigen Dosierungen in der Regel auf die Gefäße verengend und in höherer Dosierung erweiternd. Die einzelnen Präparate unterscheiden sich in der Wirkdauer, dem Wirkeintritt, der Wirkstärke aber auch der Giftigkeit (Toxizität), ferner können die einzelnen Präparate in unterschiedlich starker Häufigkeit und Stärke Allergien auslösen.
Indikationen
Die Präparate werden zur lokalen Betäubung, aber auch zur Schmerztherapie an verschiedenen Stellen des Körpers eingesetzt. Das Präparat Lidocain wird zusätzlich als Mittel bei Herzrhythmusstörungen eingesetzt.
Erwünschte Wirkungen
Die erwünschte Wirkung ist die zeitweilige Unterbrechung der Nervenfunktion hinsichtlich der sensorischen Komponenten (unter anderem Schmerz) und gegebenenfalls auch der motorischen Komponenten (Muskelschwäche, Muskellähmung).
Unerwünschte Wirkungen und Kontraindikationen
Die Präparate werden in der Regel mit einer Spritze verabreicht (Infiltration), hierbei kann es unabhängig vom Präparat durch die Art der Gabe zu Verletzungen von Nerven und Gefäßen kommen. Ferner können am Injektionsort und im Rest des Körpers allergische und toxische Reaktionen durch begleitende Inhaltsstoffe auftreten (die Präparate beinhalten häufig auch Zusätze wie zum Beispiel Konservierungsmittel). Schließlich kann es auch zu lokalen Infektionen durch Einschwemmung von Bakterien kommen.
Bei Verletzungen von Gefäßen kann es bei Arterien zu Nachblutungen kommen, bei Venen zu blauen Flecken (Hämatom) oder auch zu kleinen Gefäßverschlüssen. Falls irrtümlich das Präparat in ein Gefäß gelangt, so wird es weiter im Körper transportiert und kann dort Wirkungen auch entfernt vom Injektionsort hervorrufen (sogenannte systemische Wirkungen). An systemischen Nebenwirkungen sind vor allem zu nennen Symptome im Bereich des zentralen Nervensystems wie Taubheit von Zunge und Mund, metallischer Geschmack, Ohrgeräusche, Schwindel, Muskelzuckungen, verwaschene Sprache, Atemstörungen und Erbrechen, Unruhe und Angst im Extremfall sogar Bewusstlosigkeit, Krämpfe und Atemstillstand.
Ferner kann es auch zu Reaktionen des Herz-Kreislaufsystems und zu allergischen Reaktionen kommen, so zum Beispiel Blutdruckabfall, Herzrasen, Herzrhythmusstörungen, Schock, Verengungen der Bronchien und im Bereich des Kehlkopfes, Erbrechen, generelle Schwellneigung, Hautveränderungen und Nasenlaufen.
Diese Nebenwirkungen sind in der Regel nur vorübergehend. Nur sehr selten kommt es zu Dauerschäden, die Wahrscheinlichkeit dafür liegt je nach Anwendung deutlich unter einem Prozent. Bei besonders empfindlichen Menschen können die toxischen und allergischen Reaktionen jedoch auch selbst dann auftreten, wenn kein Gefäß verletzt wurde.
Kontraindikationen, die gegen einen Einsatz von Lokalanästhetika sprechen, sind Blutgerinnungsstörungen, spezifische Allergien, schwere Herzrhythmusstörungen sowie lokale Infektionen. Diese sollten jeweils im Einzelfall mit dem Arzt besprochen und unter Umständen abgeklärt werden, zum Beispiel durch einen Allergietest.
Schwangerschaft und Stillzeit
Generell gilt bei Schwangeren und stillenden Müttern eine strenge Indikationsstellung. Manche Präparate gehen in unterschiedlichen Konzentrationen bei der Schwangerschaft und in der Stillzeit auf das Kind über, was bedeutet, dass dieses potenziell geschädigt werden könnte. Bei anderen Präparaten liegen keine gesicherten Erkenntnisse vor.
Wechselwirkung mit anderen Medikamenten
Bei den einzelnen Substanzen liegen zum Teil Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten vor.
Einnahme und Wirkdauer
In der Regel sind die Präparate zur Injektion geeignet, manche Präparate können aber auch lokal von außen als Salbe, Pflaster oder auch in Form von Augentropfen und Augengels angewandt werden. Die Wirkdauer der verschiedenen Präparate unterscheidet sich sehr deutlich, sie liegt zwischen knapp einer Stunde und bis zu zwölf Stunden. Ferner unterscheiden sich manche Präparate voneinander hinsichtlich des Zeitraumes, bis das Medikament seine Wirkung zeigt. Die Präparate und ihre Abbauprodukte werden in der Regel über die Niere ausgeschieden, bei schwerer Nierenfunktionsstörung kann es daher zu einer Ansammlung kommen, gegebenenfalls muss die Dosierung hier reduziert werden.
Dosierung
Für die einzelnen Präparate existieren jeweils unterschiedliche Höchstdosen.
Literatur und weiterführende Links
Fischer, J.: Schmerztherapie mit Lokalanästhetika. Stuttgart/New York: Thieme,3. Aufl., 2017.
Nau, C.: Lokalanästhetika. In: Standl, T. u.a. (Hrsg.): Schmerztherapie. Stuttgart/New York: Thieme, 2. Auflage 2010.
Rote Liste: Arzneimittelverzeichnis für Deutschland mit Gebrauchsinformationen