Fußsprechstunde: Fersenschmerzen

In der Orthinform-Serie „Fußsprechstunde“ klärt Dr. Stefan Feiler (Orthopäde und Buchautor) spannende Fragen rund um das Thema Füße und gibt Patienten wertvolle Hinweise. Beschwerden am Fuß bremsen uns aus. Erst wenn die Füße anfangen zu schmerzen, wird uns ihr Wert ganz schnell bewusst.
©Dr. med. Stefan Feiler

Fersenschmerzen

Die Ferse ist der Punkt des Fußes, der beim Gehen die höchste Stauchungsbelastung erfährt. Hier ist die kräftigste Sehne des Körpers, die Achillessehne, befestigt und katapultiert unseren Körper über den Hebelarm des Fußes nach vorne.

Die Ferse und die Regionen hinter dem Innen- und Außenknöchel des Sprunggelenks sind der Umlenkpunkt einer Vielzahl unterschiedlichster anatomischer Strukturen aus dem senkrechten Verlauf der Beinachse in den horizontalen Verlauf der Fußachse. All diese Strukturen können krankhaften Veränderungen unterworfen sein und letztlich zu schmerzhaften Fersenbeschwerden führen.

Will man die Schmerzen kategorisieren, so führt die Einteilung nach ihrem genauen Entstehungsort am schnellsten zum Ziel.

Tendinose der Achillessehne

Diese verschleißbedingte Erkrankung ist im mittleren Drittel der Sehnenstrecke zwischen Wadenmuskulatur und Ferse lokalisiert, also dort, wo die Sehne ihre natürliche Taille hat. Das ist etwa zwei bis sechs Zentimeter oberhalb des Fersenknochens. Die Tendinose der Achillessehne tritt bevorzugt bei Männern zwischen dem 30. und 50. Lebensjahr auf. Sie kann gelegentlich in eine Ruptur der Achillessehne münden.

Auslösend sind meist Mikrotraumen und Überlastungssituationen. Dennoch kann es im Verlauf einer Tendopathie auch zu entzündlichen Veränderungen der Sehnenscheide, also der Umhüllung und nicht der Sehne selbst, kommen. Das nennt man dann Peritendinitis.

Die Tendinose der Achillessehne gehört zu den sogenannten Tendopathien, was übersetzt „Sehnenerkrankungen“ heißt. Dabei handelt es sich um Erkrankungen, die von der Sehnensubstanz der Achillessehne selbst ausgehen. Zu den Tendopathien gehört neben der verschleißbedingten Tendinose auch die entzündliche Tendinitis. Gelegentlich werden Sie im Zusammenhang mit der Tendinose der Achillessehne auch auf den Begriff „Achillodynie“ stoßen. Dieser Ausdruck ist eigentlich eine Sammelbezeichnung für alle Arten von Erkrankungen, die im Verlauf der Achillessehne Beschwerden verursachen können.

Übersetzt heißt er nichts anderes als „Achillessehnenschmerz“. Dennoch wird der Ausdruck Achillodynie vielerorts zu Unrecht für die verschleißbedingte Erkrankung der Achillessehne verwendet.

Ursachen

Initialzündung für alterstypische Verschleißprozesse der Sehnenstruktur ist ein Belastungs- oder vielmehr ein Überlastungsschaden des Sehnengewebes. Dabei muss die Belastung gar nicht die gigantischen Ausmaße eines Marathonlaufs oder eines 400-Meter-Hürdensprints haben. Bei einer eher schlecht trainierten Sehne reicht oft schon eine geringe und sporadisch wiederholte Belastung aus, um die Sehne zu überfordern.

Bei Spitzenathleten wird bereits bei leichten Beschwerden das Maximalprogramm an technischen Untersuchungen abgerufen. Häufig sind die auf die Achillessehne einwirkenden Belastungen von Elitesportlern aber trotzdem so hoch, dass es zu Problemen kommt. Die Folgen sind natürlich gravierender als für den Freizeitathleten: Wenn das geplante Trainingspensum heruntergefahren werden muss, sind die Trainingsziele kaum noch zu schaffen und der Traum vom Platz auf dem Treppchen bei einer großen Meisterschaft muss begraben werden.

©W. Zuckschwerdt Verlag

Die häufigsten Ursachen für Fersenschmerz von oben nach unten:

1: Krankhafte Gewebeveränderung der Achillessehne (Tendinose)
2: Haglundfortsatz und Schleimbeutelentzündung vor der Achillessehne
3: Hinterer Fersensporn mit Schleimbeutelentzündung hinter der Achillessehne
4: Plantarfasziitis („Fersenspornschmerz“)

Und Otto Normalverbraucher? Die ganze Woche sitzt er mit angewinkelten Beinen im Büro. Hastig quält er sich zu einem abendlichen Fußballtraining in der Woche. Am Wochenende kickt er nach einem minimalistischen Aufwärmprogramm hochmotiviert und voller Ehrgeiz in der „Altherrentruppe“ gegen die Nachbargemeinde. Natürlich ist das ein jetzt ein wenig überspitzt formuliert. Aber so oder so ähnlich hören sich die „Sportanamnesen“ meiner Patienten meist an. Ein gezielter Trainingsaufbau mit Anpassung an steigende Belastungen sieht anders aus.

Beim Hobbysportler kommt es deshalb unregelmäßig oder in größeren Zeitintervallen zu immer wiederkehrenden An- und Überforderungen an die Achillessehne. Kleinste Schäden entstehen im Inneren der Sehne, die eben auch keine zwanzig mehr ist. Davon betroffen ist eine Region der Achillessehne, deren Durchblutung denkbar schlecht ist. Die einsetzenden Reparaturmechanismen sind unzureichend und die Bindegewebsbildung nicht im Faserverlauf ausgerichtet. Gewebe im Inneren der Sehne degeneriert und stirbt ab.

Der Organismus ist alarmiert und versucht zu helfen. Dazu fährt er die Blutversorgung der geschädigten Körperregion hoch. Also lässt er neue Blutgefäße von vorne in die Achillessehne einwachsen. Diese Arterien werden von Nerven begleitet, die den Schmerz erst richtig wahrnehmbar machen. Die Sehne schwillt durch die Narbenbildung in ihrem Inneren an. Doch der Platz ist begrenzt. Ihr „Korsett“, die Sehnenscheide (Paratenon), wird zu eng. Die Achillessehne reagiert nun noch empfindlicher auf Belastungen. Zudem verliert die Sehne durch das Narbengewebe und den altersbedingten „Spliss“ an Elastizität. Die Belastbarkeit sinkt weiter. Ein Teufelskreis kommt in Gang.

Dennoch scheint es nicht bei jedem Freizeitsportler zu solchen Achillessehnenveränderungen zu kommen. Es müssen zur Überlastung offenbar noch andere Faktoren hinzukommen. Wissenschaftler haben Faktoren identifiziert, die das Risiko einer Tendopathie der Achillessehne offenbar erhöhen.

Sie benennen dabei zum einen von außen einwirkende (exogene) Faktoren:

  • Änderung der Trainingsgewohnheiten (häufiger, länger, anderer Untergrund)
  • Ungewohnte (neue) oder ungeeignete Schuhe für die entsprechende Sportart
  • Schlecht an den Untergrund angepasste Schuhe (Halle, Rasen, Sandplatz etc.)
  • Harter, schräg abfallender oder glatter Untergrund bei Sport
  • Schlechte Technik in der ausgeübten Sportart
  • Mangelnde Erwärmung und Dehnung vor der eigentlichen Sportbelastung

Zum anderen gelten als anlagebedingte oder innere (endogene) Faktoren:

  • Alter
  • Gewicht und Größe
  • Hohlfuß
  • Knickfuß
  • Instabilität des Sprunggelenks
  • Vorbehandlung mit Kortison
  • Einnahme bestimmter Antibiotika
  • Diabetes mellitus
  • Adipositas und Fettstoffwechselstörungen
  • Schilddrüsenunterfunktion
  • Schlechte Durchblutung des Sehnengewebes
  • Genetische Voraussetzungen (familiäre Häufung erhöht das Risiko um das Vier- bis Fünffache)
  • Vorangegangene Verletzungen der Achillessehne

Behandlung

Konservative Therapie

Es gibt eine große Bandbreite konservativer Therapiemaßnahmen, um die Tendinose der Achillessehne zu behandeln. Im Akutstadium empfiehlt sich Folgendes:

  • Sportpause und eventuell Ruhigstellung (Gips oder Walker)
  • Kälteanwendungen
  • entzündungshemmende Medikamente für 10 bis 14 Tage
  • Vorübergehende Anwendung eines Fersenkissens im Schuh

Optionen für die erweiterte Behandlung und Therapie chronischer Beschwerden wären:

  • Dehnung der Achillessehne (konzentrisch und exzentrisch)
  • Stoßwellentherapie
  • Spezielle Bandagen
  • Gymnastische Übungen zur Kräftigung der Wadenmuskeln
  • Reizstrom oder Ultraschall
  • Einlagenversorgung zur Verbesserung von Fehlstellungen des Fußes insbesondere im Fersenbereich
  • Spritzen mit Kortison oder Wachstumsfaktoren aus Eigenblut
  • Nitrogylcerin als Pflaster oder Spray (bekannt aus der Behandlung der koronaren Herzkrankheit)

Kombi-Therapie

Die Kombination von Belastungspause, Dehnungsübungen und Stoßwellentherapie ist in der Behandlung der chronischen Tendopathie der Achillessehne momentan die am besten wissenschaftlich belegte Vorgehensweise.

Operative Therapie

Sind die Beschwerden mit konservativen Maßnahmen nicht in den Griff zu bekommen, kann eine Operation gute Ergebnisse bringen. Je nachdem, wie schwer die Sehne geschädigt aus, kommen unterschiedliche Eingriffe in Frage: die Entfernung der entzündungsbedingt verklebten und narbig veränderten Sehnenhülle (Paratenon), eine Durchtrennung der Gefäß- und Nervenneubildungen auf der Vorderseite der Sehne sowie eine Stichelung und eventuell chirurgische Ausdünnung der verdickten Achillessehne mit Entfernung abgestorbener Sehnenbereiche.

Eine ausführliche Erklärung der möglichen Ursachen, der klinischen Untersuchung, der Therapieformen und Übungen sowie weitere Erkrankungen der Ferse finden Sie in dem Buch "Füße - Beschwerden wirksam behandeln: Untersuchung - Diagnose - Therapie" von Dr. Stefan Feiler:

Informationen zum Buch

Zuckerschwerdt-Verlag: Füße - Beschwerden wirksam behandeln: Untersuchung - Diagnose - Therapie, ISBN: 978-3-86371-264-8, Autor: Dr. Stefan Feiler, 246 Seiten, Preis: 20,00 € (D) / 20,60 € (A),

Nächste Woche wird Ihnen Dr. Feiler hier Informationen zum Thema Akute Instabilität – die Umknickverletzung des Sprunggelenks.

Ärzte auf Orthinform in Ihrer Umgebung

Passende Lexikonartikel

Fehler: Ihr Standort konnte nicht ermittelt werden.

Leider konnten wir mit Hilfe des Browsers Ihren ungefähren Standort nicht ermitteln, weitere Informationen erhalten sie auf der Seite aktueller Standort.