Operative Therapie
Bei einer Operation handelt es sich um einen instrumentellen chirurgischen Eingriff, der bei einem Patienten zur Diagnose oder Therapie einer Erkrankung oder Verletzung durchgeführt wird. Innerhalb der Orthopädie und Unfallchirurgie gehören operative Eingriffe neben der konservativen Therapie zum Behandlungsspektrum und umfassen unter anderem arthroskopische Eingriffe an Gelenken, den Einsatz von Endoprothesen oder die Versorgung von Knochenbrüchen.
In der Orthopädie und Unfallchirurgie werden sehr viele verschiedene operative Eingriffe durchgeführt, die unter anderem nach ihrer Dringlichkeit, der verwendeten Operationstechnik und der operierten Körperregion unterschieden werden können.
Eine operative Therapie wird – wenn es sich nicht um eine Notfalloperation oder einen dringlichen Eingriff handelt – erst dann in Betracht gezogen, wenn alle nicht-operativen, konservativen Behandlungsmöglichkeiten (siehe auch Konservative Therapie) ausgeschöpft worden sind. Die Entscheidung zu einer Operation treffen der behandelnde Arzt und der Patient gemeinsam in Abhängigkeit von den Beschwerden und der individuellen Situation des Patienten.
Ein operativer Eingriff erfolgt in der Regel unter Narkose, die von einem Arzt für Anästhesie eingeleitet und während der OP überwacht wird. Der Arzt, der die Operation durchführt, wird Operateur genannt.
Rechtlicher Hintergrund
Die zur Therapie einer Erkrankung oder Verletzung durchgeführten Operationen bedürfen grundsätzlich einer Indikationsstellung. Juristisch wird jede Operation als Körperverletzung (§ 228 StGB) gewertet, die nur deshalb keine strafrechtliche Bedeutung gewinnt, weil sie unter vorheriger Aufklärung und mit Einverständnis des Patienten erfolgt. Um das Risiko einer Strafbarkeit zu vermeiden, wird die erfolgte Aufklärung und die Einwilligung des Patienten üblicherweise mit einer Einverständniserklärung dokumentiert.
Zeitlicher Ablauf
Bei einer Operation werden im Allgemeinen drei Zeitphasen unterschieden:
1. Die präoperative Phase (Indikationsstellung)
Dabei erfolgt die Erfassung von Patientenrisiken, zum Beispiel durch Blutentnahmen, ein EKG oder Fragebögen. Wichtig ist vor jeder Operation die Patientenaufklärung und -einwilligung (außer in Notfällen). Unmittelbar vor dem Eingriff wird der Patient entsprechend vorbereitet (zum Beispiel Rasur, Markierung der zu operierenden Seite).
2. Die intraoperative Phase
Dabei handelt es sich um den Zeitraum rund um den Eingriff selbst. Zunächst wird die zu operierende Körperregion desinfiziert und/oder steril abgedeckt. Damit der Patient während des Eingriffs keine Schmerzen hat, erhält er je nach Eingriff entweder eine Vollnarkose (Allgemeinanästhesie), eine Regionalanästhesie (zum Beispiel Spinalanästhesie, Periduralanästhesie) oder eine Lokalanästhesie. Zuständig hierfür ist der bei der Operation anwesende Anästhesist oder bei reiner Lokalanästhesie oder Leitungsanästhesie der Operateur.
Der Zugang erfolgt durch einen Einschnitt mit einem chirurgischen Messer. Anschließend erfolgt der eigentliche Eingriff, wie zum Beispiel die Implantation eines künstlichen Hüft- oder Kniegelenkes. Am Ende wird der Zugang wieder verschlossen, zum Beispiel mit einem OP-Faden oder speziellen Klammern.
Der Patient liegt dabei auf einem Operationstisch. Der Operationslagerung kommt dabei eine sehr entscheidende Bedeutung zu. Der Patient muss so gelagert werden, dass es zum Beispiel zu keinen Druckschädigungen am Körper kommt. Der Operateur muss einen guten Zugang zur operierenden Körperregion, genügend Bewegungsfreiheit und bei Bedarf Möglichkeiten zur intraoperativen Diagnostik, wie beispielsweise Röntgen, haben.
3. Die postoperative Phase
Nach einem Eingriff in Vollnarkose wird der Patient bis zum Aufwachen weiter überwacht. In regelmäßigen Zeitabständen kontrolliert der behandelnde Chirurg anschließend das Ergebnis der Operation.
Dringlichkeit des Eingriffs
Operationen werden unter anderem nach der Dringlichkeit des Eingriffes unterschieden in:
Notfalloperationen
Diese müssen sofort und unverzüglich im Interesse des Patienten durchgeführt werden, da es sich bei diesen Operationen um lebensrettende bzw. lebenserhaltende Eingriffe handelt. Beispiele hierfür sind unfallchirurgische Eingriffe wie:
- Milzruptur
- Riss eines Aorta-Aneurysmas
- Epiduralblutung (Hirnblutung zwischen dem Schädel und der äußeren Hirnhaut)
Dringliche Operationen
Diese Operationen müssen innerhalb eines definierten kurzen Zeitraumes (Stunden) durchgeführt werden. Beispiele sind:
- Offene Knochenbrüche (siehe auch Knochen- und Gelenkbrüche)
- Akuter Bandscheibenvorfall mit Lähmungen
- Wirbelkörperfrakturen
- Schwere Weichteilverletzungen nach einem Trauma
Wahloperationen (elektive Operationen)
Der Zeitpunkt des Eingriffs kann bei diesen Operationen freier gewählt werden. Dabei muss allerdings streng nach medizinischer Indikation und in Abhängigkeit von der Beschwerdesymptomatik des einzelnen Patienten entschieden werden, wie dringlich ein Eingriff ist. Beispiele sind:
- Hüftendoprothesen
- Knieendprothesen
- Sehnenrisse an der Schulter (siehe auch Riss der Rotatorenmanschette)
Operationstechnik
Die durchgeführten Operationen können auch nach ihrer Technik unterschieden werden:
Offenen Operationen
Bei einer offenen Operation legt sich der Chirurg den Zugang zum krankhaft veränderten Organ/Gelenk komplett frei. Um zum Operationsgebiet zu gelangen und dort den Eingriff ausführen zu können, muss die entsprechende Körperregion (zum Beispiel Wirbelsäule, Becken) oder das entsprechende Gelenk (zum Beispiel Hüft-, Knie-, Schultergelenk) eröffnet werden. Nach Vollendung des Eingriffs wird die Körperhöhle wieder verschlossen.
Beispiele sind:
- Einsatz eines Kunstgelenkes (siehe auch Endoprothetik)
- Versorgung von akuten Knochenbrüchen
Vorteile der offenen Operation
Ein wesentlicher Vorteil ist das große Operationsfeld. Der Operateur gewinnt eine bessere und direkte Einsicht, die anatomischen Strukturen lassen sich gut im gesamten überblicken. Bei Komplikationen, wie zum Beispiel starken Blutungen, fällt es dem Operateur viel leichter, diese in den Griff zu bekommen, da er schnell Zugriff auf das blutende Gefäß hat.
Nachteile der offenen Operation
Eine offene Operation geht leider meist mit ausgedehnten Narben einher, die kosmetisch auffallen können und manchmal auch für Beschwerden sorgen. Die offene Chirurgie weist gewisse, spezifische Nachteile auf, die den unmittelbaren Verlauf nach der OP wesentlich beeinflussen und die Genesung des Patienten hinauszögern können. Dazu gehören:
- Postoperative Schmerzen: Schmerzen nach der Operation sind hauptsächlich auf die Durchtrennung der Haut- und Bindegewebsstrukturen zurückzuführen.
- Eingeschränkte Beweglichkeit: Aufgrund starker postoperativer Schmerzen kann die Beweglichkeit des Patienten beeinträchtigt werden. Das kann wiederum zu den bekannten möglichen Komplikationen in der Chirurgie wie Infektionen und Gefäßverschlüssen (Venenthrombose, Embolie) führen.
- Verwachsungen
Geschlossene (minimalinvasive) Operationen
Bei einem minimalinvasiven Eingriff erfolgt der Zugang zum Operationsgebiet über kleine Hautschnitte, durch die der Operateur die Instrumente und in der Regel ein spezielles Endoskop mit Kamera (Arthroskop) einführt. Durch den kleinen Zugang vermindern diese Operationen den Umfang des Gewebeschadens und hierdurch den operativen und postoperativen Schmerz für den Patienten.
Beispiele sind:
- Minimalinvasive Bandscheiben-OP bei einem Bandscheibenvorfall
- Arthroskopie
Häufige Operationen an speziellen Gelenken
Gelenkerhaltende Operationen
Gelenkdeformitäten, Achsfehlstellungen oder auch Arthrosen können häufig durch gelenkerhaltende arthroskopische Eingriffe oder sogenannte Korrekturosteotomien, bei denen der Knochen durchtrennt und neu fixiert wird, behoben werden. Beispiele für die wichtigsten Eingriffe sind hier:
- Hüfte: Eingriffe zur Behebung einer angeborenen Hüftdysplasie und Hüftluxation (Beckenosteotomie, Pfannendachplastiken, Kapselpastik)
- Knie: arthroskopische Eingriffe bei Arthrose (Knorpelglättung, Mikrofrakturierung, etc., siehe auch Knorpelersatztherapie), Korrekturosteotomien bei X-Bein oder O-Bein
Schultergelenk und Schultergürtel
Operationen sind hier erforderlich bei:
- höhergradige Verletzung des Schultereckgelenks (AC-Gelenk)
- Schlüsselbeinbruch (Klavikulafraktur)
- Frakturen am Oberarmkopf (Humeruskopf)
- Sehnenverletzungen der Rotatorenmanschette
Wirbelsäule
Häufige Operationen:
- Stabilisierung von Wirbelkörperfrakturen durch interne Fixation (Fixateur interne)
- operative Behandlung eines Bandscheibenvorfalls (Nukleotomie, Laserdiskektomie, Implantation einer Bandscheibenprothese, Spondylodese)
Hand
Komplexe Verletzungen mit Schädigung von Nervenbahnen und Blutgefäßen oder Zerstörungen von Sehnen, Knochen, Zwischengelenken usw. werden stationär und in der Regel von spezialisierten Handchirurgen versorgt (siehe auch Handchirurgie).
Zahlreiche Erkrankungen und Verletzungen im Bereich der Hand können auch ambulant operiert werden. Beispiele sind:
- Karpaltunnelsyndrom
- kleinere Brüche
- Schnellender Finger (Tendovaginitis stenosans)
- Dupuytrensche Kontraktur (Morbus Dupuytren)
Fuß
Komplexe Verletzungen mit Schädigung von Nervenbahnen und Blutgefäßen oder Zerstörungen von Sehnen, Knochen, Zwischengelenken usw. werden stationär versorgt (siehe auch Fußchirurgie). Beispiele sind:
- Vorfuß-, Mittelfuß- oder Fersenbein- und Sprungbeinfrakturen
- Versorgung von Sehnenverletzungen einschließlich Achillessehnenriss
Zahlreiche Operationen am Fuß können aber auch sehr gut ambulant operiert werden. Beispiele sind hier:
- Hallux valgus (Ballenzehe) – Fehlstellung der Großzehe im Grundgelenk
- Hallux rigidus (Arthrose des Großzehengrundgelenkes)
- Hammer- oder Krallenzehe