Fußsprechstunde: Der Hohlfuß

In der Orthinform-Serie „Fußsprechstunde“ klärt Dr. Stefan Feiler (Orthopäde und Buchautor) spannende Fragen rund um das Thema Füße und gibt Patienten wertvolle Hinweise. Beschwerden am Fuß bremsen uns aus. Erst wenn die Füße anfangen zu schmerzen, wird uns ihr Wert ganz schnell bewusst.
©Dr. med. Stefan Feiler

Krankheitsbild

Deutlich seltener als der Plattfuß kommt sein biomechanisches Spiegelbild vor, der Hohlfuß. Hauptmerkmal ist ein überhöhtes Längsgewölbe: am Fußrücken wölbt sich der Rist nach oben.

Sehr eindrucksvoll lassen sich die Unterschiede zwischen einem Plattfuß, einem Hohlfuß und einem gesunden Fuß am Abdruck der Sohle demonstrieren. Noch stärker als beim Plattfuß zeigt sich beim Hohlfuß, wie empfindlich das muskuläre Gleichgewicht eines gesunden Fußes ist. Die Sehnen der Fußmuskeln bestimmen den Fäden einer Marionette gleich die Form und Funktion des Fußes.

Für den Plattfuß des Erwachsenen sind die Degeneration und der damit einhergehende Kraftverlust der Tibialis posterior Sehne verantwortlich. Dadurch knickt die Ferse nach außen weg und das Längsgewölbe sinkt nach innen ab.

Ursachen

Auch für Fachärzte und Fußspezialisten ist es eine echte Herausforderung, die Ursachen für den Hohlfuß zu erforschen. Biomechanisch gesehen ist diese Fehlstellung ausgesprochen komplex, sodass Sie an der einen oder anderen Stelle vielleicht auch noch einmal zum Kapitel über die Anatomie des Fußes zurückblättern müssen.

Es gibt mehrere Variationen, in denen der Hohlfuß auftreten kann. Das hängt davon ab, zugunsten welcher Muskelgruppe gerade das muskuläre Gleichgewicht verschoben wird. Ursachen, die ein muskuläres Ungleichgewicht am Fuß mit der Folge eines Hohlfußes erzeugen können, sind:

  • Neurologische Erkrankungen
  • Unfallfolge (posttraumatisch)
  • angeborene Klumpfußfehlstellung

Die Ursache kann aber auch idiopathisch sein, das ist Ärztesprache für „Keine Ahnung, woher es kommt“.

©W. Zuckschwerdt Verlag

Fußabdruck: Normalfuß (links), Knick-Plattfuß (Mitte), Ballenhohlfuß mit vergrößerter Aussparung auf der Innenseite (rechts)

Entstehung

Prinzipiell spielt beim Hohlfuß eine entscheidende Rolle, dass die extrinsische gegenüber der intrinsischen Muskelspannung krankhaft erhöht ist. Das gilt insbesondere für die Dominanz der langen Zehenbeuger oder der langen Peroneussehne.

Ballenhohlfuß

Der Ballenhohlfuß ist biomechanisch das genaue Gegenteil des Knick-Plattfußes. Das Fußlängsgewölbe ist nicht platt, sondern zu hoch. Die Ferse knickt nicht nach außen weg, sondern steht nach innen.

©W. Zuckschwerdt Verlag

Blick auf einen linken Fuß von hinten: der tiefstehende erste Mittelfußknochen lässt die Ferse nach innen kippen, damit der Vorfuß flach auf dem Boden aufgesetzt werden kann

An der Außenseite der Wade lokalisiert, ziehen die beiden Peroneussehnen hinter und unter dem Außenknöchel verlaufend zum Fuß. Die kurze Peroneussehne ist an der Basis des fünften Mittelfußknochens befestigt. Sie ist ein Fußaußenrandheber. Die lange Peroneussehne taucht am Würfelbein an die Sohlenseite des Fußes ab. Dann zieht sie an der Sohle diagonal zum Innenrand des Fußes und ist an der Basis des ersten Mittelfußknochens befestigt. Diesen zieht sie kräftig nach unten.

Beim Ballenhohlfuß ist das Kräftegleichgewicht der beiden Peroneusmuskeln gestört. Die Muskelspannung der langen Peroneussehne übertrifft weit die der kurzen. Der daraus resultierende, krankhaft verstärkte Zug des ersten Mittelfußknochens in Richtung Fußboden durch die lange Peroneussehne ist die treibende Kraft bei der Entstehung des Ballenhohlfußes.

Es kommt zu einer Erhöhung des Fußinnenrandbogens, der sich von der Ferse zum Großzehenballen spannt. Um den Fuß beim Gehen und Stehen trotz steil nach unten stehendem ersten Mittelfußknochen noch flach auf den Boden aufsetzen zu können, macht die Ferse eine ausgleichende Supinationsbewegung und kippt im Verhältnis zum Unterschenkel in die O-Stellung (Varusposition).

Direkter Hohlfuß

Ist vorrangig die Spannung der von hinten um den Innenknöchel ziehenden langen Zehenbeuger krankhaft gesteigert, knickt der gesamte Vorfuß im Verhältnis zum Rückfuß immer mehr ab. Die Zehen werden wie bei einer Ziehharmonika in Richtung Ferse herangezogen. Die zusätzliche Verkürzung der Plantarfaszie festigt diese als direkter Hohlfuß bezeichnete Fehlstellung zusätzlich. Nun stehen alle Mittelfußknochen steil nach unten, und die Ferse weicht nicht nach innen ab.

Nicht selten entstehen dann durch den Ziehharmonikaeffekt beim Hohlfuß Hammer- oder Krallenzehen. Der Auftrittswinkel der Mittelfußknochen ist durch das hohe Längsgewölbe im Verhältnis zum Boden sehr steil. Dadurch kommt es zur verstärkten Spreizung des Vorfußes und zu einer ständigen Überstreckstellung in den Zehengrundgelenken – ähnlich wie beim Tragen eines Stöckelschuhs, nur dass die Ferse am Boden bleibt. Die ständige Überstreckung in den Grundgelenken schaltet die kleinen intrinsischen Fußmuskeln aus und ebnet damit der Hammer- und Krallenzehenbildung den Weg.

Therapie

Konservative Behandlung

Haben die Beschwerden erst begonnen und ist die Fersenkippung noch flexibel, kann eine Einlage mit einem sogenannten Fersenpronationskeil und einer Weichbettung unter dem Großzehenballen noch ausreichend Linderung bringen. Wichtig ist, dass der am Außenrand anhebende Keil unter der Einlage sich nur im Bereich der Ferse befindet und sich nicht auf die gesamte Länge der Einlage ausdehnt. Das Ziel dieser Maßnahme ist es ja, eine relative Rotation des Rückfußes im Verhältnis zum Vorfuß zu erreichen und nicht den ganzen Fuß zu kippen.

Schildert der Patient zusätzlich Probleme mit der Stabilität im oberen Sprunggelenk, ist er also wiederholt umgeknickt und wurden seine Außenbänder mehrfach geschädigt, kann eine stützende Knöchelorthese verordnet werden. Zu achten ist zudem auf ausreichend weiches Material im Bereich des Schuhrückens und der Zunge des Schuhs.

Bei fortgeschrittenen Fällen, die beispielsweise aus internistischen Gründen nicht operiert werden können, hilft in der Regel nur eine orthopädische Maßschuhversorgung. Dieser Maßschuh sollte dann über den Knöchel gehen und das Sprunggelenk ausreichend stützen. Druckentlastende Weichbettungen können hier im Sohlenbereich gleich mit eingearbeitet werden, beispielsweise unter dem vermehrt belasteten Fußaußenrand, dem Ballenbereich und bei Hammerzehen auch an den Zehenkuppen.

Physiotherapie gleicht muskuläre Dysbalancen oft nur zum Teil aus, da die Ansteuerung der Muskulatur gestört ist. Zusätzlich zur orthopädietechnischen Versorgung kann sie aber zur aktiven Stabilisierung des Sprunggelenks beitragen. Insbesondere bei neurologischen Krankheiten liegt möglicherweise eine schmerzhafte Muskelspastik vor. Diese ist in speziellen neurologischen Zentren an größeren Kliniken gegebenenfalls mit Botulinumtoxin (Botox) behandelbar. Das an sich muskellähmende Gift wird dosiert zur Entspannung direkt in den spastischen Muskel gespritzt.

Eine ausführliche Erklärung der Ursachen, der Therapie sowie der Nachbehandlung finden Sie in dem Buch "Füße - Beschwerden wirksam behandeln: Untersuchung - Diagnose - Therapie" von Dr. Stefan Feiler:

Informationen zum Buch

Zuckerschwerdt-Verlag: Füße - Beschwerden wirksam behandeln: Untersuchung - Diagnose - Therapie, ISBN: 978-3-86371-264-8, Autor: Dr. Stefan Feiler, 246 Seiten, Preis: 20,00 € (D) / 20,60 € (A),

Nächste Woche wird Ihnen Dr. Feiler hier Informationen zum Thema Ermüdungsbrüche und Stressfrakturen.

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