Klinik vor Ort: Hufe statt Füße – das wäre die ideale Lösung

In der Serie "Klinik vor Ort" berichtet die Redakteurin Inga Mennen M. A. in Zusammenarbeit mit dem Chirurgen Dr. Bernd Sauer aus dem Krankenhaus Wittmund. Bei Beschwerden kann oftmals die Versteifung des Sprunggelenkes helfen – Abrollverhalten nach dem Eingriff fast normal.
Mit Verletzungen am Sprunggelenk kennt sich der zertifizierte Fußchirurg PD Dr. Matthias Lerch aus. ©Inga Mennen M.

Wir messen ihnen nur wenig Bedeutung zu, dabei tragen sie uns durch unser Leben und müssen täglich enorme Belastungen aushalten – unsere Füße. „Wir haben im Fuß 26 Knochen, 33 variable Knochen und 100 Sehnen und Bänder“, erklärt der zertifizierte Fußchirurg und Chefarzt der Orthopädie und Unfallchirurgie, Hand- und Fußchirurgie sowie Sportmedizin im Wittmunder Krankenhaus, Dr. Matthias Lerch. „Der Fuß ist eines der jüngsten Organe in unserer Evolution“, so der Chirurg, der weiß, wie anfällig der Fuß für Verletzungen und für Verschleiß sein kann. „Im Grunde wäre es besser, wir hätten Hufe, die sind stabil und steif“, sagt Matthias Lerch lachend. Und jeder Fuß hat nicht nur eines, wie hinlänglich bekannt, sondern zwei Sprunggelenke, denen wir uns in dieser Folge „Klinik vor Ort“ widmen.

Durch das obere Sprunggelenk kann, wie der Name schon sagt, der Mensch springen. Das untere aber, das sich ein wenig versteckt mitten im Fuß befindet und den Namen Sprunggelenk eigentlich gar nicht verdient hat, ermöglicht ein seitliches Kippen und eine Bewegung nach Innen und Außen. „Es ist zudem wichtig, weil es die Ausrichtung von Verse zu Sprungbein und Unterschenkel bestimmt“, erklärt der Mediziner.

Das innere Band kann man nicht nähen

Kommt es zu einer Verletzung des inneren Bandes am unteren Sprunggelenk kann der Chirurg operativ nicht viel ausrichten, denn, so Lerch, das Band lässt sich nicht nähen. „Man muss warten, bis es vernarbt“, sagt der Arzt. Natürlich ist Warten keine wirkliche Option in der modernen Medizin. Bei Lerch in Behandlung war schon mal eine Bäckerin, die ständig umknickte – mit schmerzhaften Folgen. „Es gibt Menschen, die haben eine angeborene Bandschwäche“, erklärt der Experte.

Mit Schrauben kann das untere Sprunggelenk versteift werden – zu Beeinträchtigungen kommt es nicht. ©Inga Mennen M.

Knochen auf Knochen setzen

Die Lösung für die Frau war dann eine Versteifung des unteren Sprunggelenkes. Ein Gelenk unbeweglich zu machen, hört sich ziemlich radikal an, aber es hilft und schränkt den Menschen nicht sonderlich in seinem Bewegungsablauf ein. „Wir entfernen durch einen kleinen Schnitt, meistens von außen am Fuß, den beschädigten Knorpel und setzen dann Knochen auf Knochen“, so Dr. Lerch. Fixiert wird das Gelenk mit Schrauben. Etwas Geduld ist dann gefragt, denn das Gelenk darf sechs Wochen nicht belastet werden. Die Knochen werden zusammenwachsen und eine Einheit bilden. „Die Bäckerin steht jetzt wieder schmerzfrei in ihrer Backstube“, sagt der Arzt. Die Schraube, die durch einen kleinen Hautschnitt durch die Verse in das untere Sprunggelenk geführt wird, hat übrigens einen Durchmesser von sieben Millimetern, was auf Röntgenbildern gut zu erkennen ist.

Ursache für Schmerzen kann natürlich auch die Arthrose sein, der Verschleiß des Knorpels. Die kann sowohl das obere als auch das untere Sprunggelenk betreffen. „Es gibt sogar die Möglichkeit, das Gelenk durch eine Endoprothese zu ersetzen“, erklärt Matthias Lerch. Aber, so der Facharzt, die Versteifung – auch des oberen Gelenkes – ist immer noch der Goldstandard, wie er es nennt. Studien haben gezeigt, dass eine Versteifungsoperation sicher und erfolgreich ist. Das Problem bei der Prothese ist, dass sie natürlich im Knochen verankert werden muss. Durch die Arthrose können sich Hohlräume im Knochen bilden, was wiederum dazu führt, dass die Endoprothese nicht lange haltbar ist. Für das Einsetzen des Gelenkersatzes muss etwas Knochen wie vom Schienbein entfernt werden. „Wenn keine optimalen Voraussetzungen vorliegen, würde ich die Versteifung tendenziell vorziehen“, sagt der sportbegeisterte Arzt. Am Gangbild wird sich nichts grundlegend ändern. Der Fuß kann nach der therapeutischen Versteifung wieder voll belastbar und achsgerecht eingesetzt werden. Beim Gehen ist das Abrollverhalten fast normal. Nur bei schnellerem Gehen oder Laufen, wo die Beweglichkeit des Sprunggelenks in höherem Maße erforderlich ist, ist eine Veränderung des Gangbildes erkennbar. Bei normalem Gehen wird die verloren gegangene Beweglichkeit des oberen Sprunggelenks durch die Fußwurzelgelenke übernommen.

Eigener Knochen aus dem Beckenkamm

Der operative Eingriff der Versteifung dauert zwischen 40 bis 90 Minuten. Es kommt auch darauf an, ob der Chirurg aus dem Beckenkamm noch Knochen entnehmen muss, um ihn sozusagen wie einen körpereigenen Keil zwischen die Gelenke zu schieben. Nach einer Zeit wird alles zusammenwachsen – auch das „Loch“ aus dem Ersatzteillager im Beckenkamm wird sich wieder schließen. Übrigens: Für die Arthrose kann auch eine angeborene Fehlstellung verantwortlich sein. Einige Menschen haben ein schlechtes Gangbild, bedingt durch die Fehlstellungen. In der nächsten Folge „Klinik vor Ort“ widmen wir uns diesen Korrekturen.

Ärzte auf Orthinform in Ihrer Umgebung

Passende Lexikonartikel

Fehler: Ihr Standort konnte nicht ermittelt werden.

Leider konnten wir mit Hilfe des Browsers Ihren ungefähren Standort nicht ermitteln, weitere Informationen erhalten sie auf der Seite aktueller Standort.