Klinik vor Ort: Wie eine Explosion im menschlichen Körper

In der Serie "Klinik vor Ort" berichtet die Redakteurin Inga Mennen in Zusammenarbeit mit dem Chirurgen Dr. Bernd Sauer aus dem Krankenhaus Wittmund. Ein Knochenbruch kann eine komplizierte Sache sein – Selbstheilungskräfte nutzen und chirurgisch nachhelfen.
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Mit bildhaften Worten beschreibt Dr. Bernd Sauer, was im Körper passiert, wenn ein Knochen bricht. Er nimmt ein Blatt Papier in die Hand, rollt es zusammen und zerreißt es in der Mitte. „Ein Knochenbruch ist nie glatt, auch wenn man es manchmal so nennt“, sagt der Chirurg und zeigt die ausgefransten Enden des Papierröllchens. Und da liegt der Casus knacksus. Denn es entstehen beim Bruch Splitter, Fragmente, die in die Weichteile geraten. „Das ist wie eine Explosion im Körper“, beschreibt der Arzt in der Folge „Klinik vor Ort“. Einher geht der Bruch, die Fraktur, auch immer mit inneren Blutungen – auch aus dem Knochenmark.

Mit Zug und Druck zum Erfolg

„Theoretisch kann man sich jeden Knochen von den 206 im Körper brechen“, sagt Bernd Sauer. Oft betroffen sind aber Sprung- oder Handgelenke, aber auch das Radiusköpfchen im Ellenbogen ist nicht selten gebrochen. In einigen Fällen können die Knochen, die nicht oder nur geringfügig bei dem Bruch verschoben wurden, wieder in Position gebracht werden. „Mit Zug, Gegenzug und Druck“, erklärt der Arzt. Dann wird der Knochen ruhiggestellt meistens mit einem Gips. Dabei ist der Knochen von seiner Struktur her flexibel, diese Flexibilität ist bei Kindern noch ausgeprägter. Und so brechen die Knochen bei älteren Menschen eher, denn die Qualität der Knochen nimmt – wie so vieles – im Alter ab. Kommt es in jungen Jahren zu einem Knochenbruch, bleibt die Knochenhaut häufig intakt. Dadurch wird der Bruch zusammengehalten, mit Sauerstoff und Nährstoffen versorgt.

Mit kleinen und große Schrauben, Nägeln und Platten können Knochenbrüche fixiert werden. In der Regel verbleiben die Implantate im Körper. ©Inga Mennen M.

Dem Heilungsprozess nachhelfen

Auf die Selbstheilungskräfte im Körper vertraut auch die Medizin, aber nicht immer schafft das menschliche System es ohne Hilfsmittel und zu denen gehören auch Schrauben und Platten. Je nach Komplexität des Knochenbruches ist ein chirurgischer Eingriff unvermeidbar. „Man unterscheidet zwischen den konservativen und operativen Behandlungsmethoden“, so Dr. Bernd Sauer, der selbst noch keinen Knochenbruch erlitten, aber schon viele operiert hat.

Die Therapie besteht im Grunde immer darin, die Knochenteile wieder in die richtige Position zu bringen. Doch das gelingt nicht immer von außen. „Wenn mir die Vase runterfällt, kann ich sie auch nicht mit verbundenen Augen wieder zusammenkleben“, sagt der Mediziner. Und so muss der verletzte Knochen freigelegt und die Bruchenden von untauglichem Knochengewebe befreit werden. Dann werden die Bruchenden in der richtigen Stellung aneinander geführt. Nun kommen wir zu den Schrauben und Platten, sozusagen dem Sekundenkleber beim Knochenbruch. Denn der Knochen muss fixiert werden, damit er wieder zusammenwachsen kann. Sogenannte Platten werden von außen mit Schrauben an dem Knochen befestigt.

Mit Schrauben fixierter Knochen des Mittelfingers. ©Inga Mennen M.

Der äußere Festhalter

Bei der Nagelung wird der Knochen von innen durch einen Nagel fixiert. Auf einen Gipsverband kann nach der operativen Versorgung eines Knochenbruches oft verzichtet werden. Die Heilungsdauer – also die Zeit in der die Knochenhaut wieder zusammenwächst und sich der Kalk wieder verbindet – kann sechs bis zwölf Wochen dauern. In der Regel werden Schrauben, Nägel und Platten nicht wieder entfernt – außer bei Kindern, schließlich wächst das Metall nicht mit. Kompliziert kann es dann schon mal werden, wenn Jahre später eine Endoprothese eingesetzt werden muss. „Da kann man schon mal ins Schwitzen kommen, bis man den alten Nagel aus dem Knochen entfernt hat“, sagt Dr. Bernd Sauer.

In Ausnahmefällen, wenn es zu prekären Weichteilverletzungen in Folge der Fraktur gekommen ist, greifen die Mediziner zum sogenannten Fixateur externe (französisch; äußerer Festhalter“). Er wird von außen an den gebrochenen Knochen angebracht, um ihn ruhigzustellen. Dabei werden durch kleine Einschnitte in die Haut die Schrauben im Knochen verankert. Sie werden außenliegend mit Metall oder Karbonstäben fest verbunden sieht nicht schön aus – hilft aber.

Unschön wird es auch, wenn man sich am Sprunggelenk verletzt, wovon der menschliche Körper übrigens vier hat. Warum so viele, darüber klären wir in der nächsten Folge „Klinik vor Ort“ auf. Dann kommt der zertifizierte Fußchirurg und Chefarzt im Krankenhaus Wittmund, PD Dr. Matthias Lerch, zu Wort.

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