Klinik vor Ort - Von scharfen Schnitten und filigranen Knoten

In der Serie "Klinik vor Ort" berichtet die Redakteurin Inga Mennen M. A. in Zusammenarbeit mit dem Chirurgen Dr. Bernd Sauer aus dem Krankenhaus Wittmund. Heute gibt es Informationen zu einer Hand-OP: "Nach der ambulanten Operation können die Patienten nach der Vollnarkose direkt wieder nach Hause gehen."
Volle Konzentration, aber dennoch kommt der Spaß nicht zu kurz: Die Handgriffe sitzen. 150 Karpaltunnel pro Jahr werden in Wittmund operiert. Dieses Bild zeigt eine Operation der Dupuytren-Kontraktur. ©Inga Mennen M. A.

Im Radio – ganz passend zum Operationssaal natürlich eines für Baustellen – ertönt „Wellerman“ von Nathan Evens. „Tut mir leid, wir haben hier nur NDR 2, NDR 1 funktioniert nicht“, sagt Manuela Reinicke, OP-Schwester im Krankenhaus Wittmund lachend. „Ist egal“, erwidert der zertifizierte Handchirurg Dr. Bernd Sauer, während er bei dem vor ihm liegenden Patienten gerade die Hand öffnet und sich zwischen Arterien und Sehnen den Weg mit dem Skalpell bahnt. „Guck mal das ist eine Sehne“, sagt der 68-Jährige und zeigt auf einen weißen Strang in der offen liegenden Hand.

Super, dass der Arzt – mit Lupenbrille klar im Vorteil – sein Handwerk versteht, der Laie hingegen kann kaum einen Unterschied aus dieser blass-gelblichen Masse heraus erkennen.

Der Karpaltunnel – ein Klacks

In der heutigen Folge „Klinik vor Ort“, ermöglichte es das Wittmunder Krankenhaus einen Vormittag im Ambulanten Operationszentrum zu verbringen und live bei den Eingriffen dabei zu sein. Hell und freundlich wirken die Räume, zu denen die Umkleiden für Frauen und Männer, aber auch die zwei Operationssäle sowie der Aufwachraum gehören. Von einem Flur gehen sternförmig die Zimmer ab. Im Saal liegt schon ein Patient, es ist 8.10 Uhr morgens. Bei ihm soll der Karpaltunnel operiert werden. Dr. Frank Potthast ist an diesem Vormittag der Anästhesist. Er sorgt dafür, dass die Patienten – an dem Tag waren es alles Männer, die einzige weibliche Patientin hatte sich Ostern den Arthrosegeschädigten Finger verbrannt – von den Eingriffen nichts mitbekommen. Der Mediziner leitet die Narkose ein und um 8.23 Uhr wird minimalinvasiv der Eingriff an dem Karpaltunnel vorgenommen.

Der Patient schlummert, bemerkt nichts von der etwa nur zehn Minuten dauernden Operation – auch nicht davon, dass sein Arm und die Hand durch die Blutsperre ganz blass geworden sind. Vor dem Eingriff haben die Schwestern die OP vorbereitet. Hand und Unterarm werden desinfiziert, während vor dem Saal Bernd Sauer auch seine Hände intensiv reinigt, bevor er im Operationsraum die Handschuhe und den OP-Kittel angezogen bekommt.

Vor jedem Eingriff heißt es auch für Dr. Bernd Sauer Hände waschen und desinfizieren. ©Inga Mennen M. A.

Eine große – da war das Sprichwort wieder: Grün ist die Hoffnung - Plane deckt den Patienten ab. Dr. Potthast überwacht die Vitalfunktionen, am liebsten ist es ihm, wenn er und der Chirurg eine „Punktlandung“ hinbekommen, das heißt, der Patient wird kurz nach dem letzten Stich wach. Das gelingt – aber nicht immer. „Die Mischung macht’s“, erklärt Dr. Potthast. Damit der Patient in den tiefen Schlaf kommt, werden ihm Schlaf- und Schmerzmittel verabreicht. Alter und Körpergewicht spielen dabei eine wichtige Rolle. In der Vergangenheit hat sich auch im Bereich der Anästhesie viel getan. „Noch vor 15 Jahren hätten viele der Narkosen ambulant nicht durchgeführt werden können“, erklärt der Arzt.

So ein Karpaltunnel ist schnell operiert, da dauert die medizinische Dokumentation, die der Chirurg nach dem Eingriff noch fixieren muss, fast länger. „Schön, dass man das auch mal sieht“, sagt Dr. Bernd Sauer, während er alle wichtigen Details in den Computer einträgt und an seinem Tee nippt. Respekt vor den Eingriffen habe man immer, sagt der Chirurg, obwohl, das gibt er zu, der Karpaltunnel, den er in seiner Laufbahn schon mehrere Tausend Mal operiert hat, keine chirurgische Kür mehr ist –wenngleich der von dem folgenden Patienten doch ein klein wenig kniffliger wird.

Es geht zügig und persönlich zu

Zwischen den Operationen kommt Alwine Wehmeyer, sie sorgt dafür, dass der Raum wieder „blitzblank“ und vor allem steril ist. Seit acht Jahren arbeitet sie im Ambulanten Operationszentrum. Während die ersten beiden Karpaltunnel im Aufwachraum liegen und betreut werden, machen sich Bernd Sauer und das Team an die nächste Handoperation – der Dupuytren’sche Kontraktur. An dieser Stelle soll aber nicht der Eindruck entstehen, die Patienten würden hier im Minutentakt abgefertigt. Zwar gibt der Plan vor, wie viel Zeit für die Operationen zur Verfügung steht, aber alle – Pfleger und Ärzte – haben stets das Wohl der Frauen und Männer im Blick. Und wenn Dr. Potthast dem Mann sachte an die Wange klopft, dann nur deshalb, um ihn sanft aus seinem Tiefschlaf zu helfen.

Beteiligte sind kein lichtscheues Gesindel

Nach dem Eingriff kümmert er sich auch noch einmal um den Patienten, fragt seinen Zustand ab. Das macht auch Dr. Sauer, der erklärt, wann die Drainage rausgenommen werden muss, wie lange die Gipsschiene zu tragen ist und wann die Fäden gezogen werden. „Die Hose können Sie schon wieder hochziehen“, sagt er zu Harald Heiken, der jetzt wieder einen freien Karpaltunnel hat. Im Gegensatz zu dieser

Operation, dauert der Dupuytren-Eingriff schon länger – etwa 45 Minuten bis eine Stunde. Die große Lampe über dem OP-Tisch ist auf die Hand ausgerichtet. Die wurde fixiert, damit sich die Wucherungen in der Innenfläche und, in diesem Fall am Ringfinger, besser entfernen lassen. Und es zeigt sich, Operationsbeteiligte sind kein lichtscheues Gesindel. Grell scheint die Lampe auf die offene Hand. Millimeter für Millimeter bahnt sich der zertifizierte Handchirurg den Weg durch das Gewebe. Manuela Reinicke hält mit Klammern die Wunde offen – Operationen sind keine One-Man-Show – die Handgriffe sitzen. Töne geben die Herzschläge an, der Blutdruck wird permanent überwacht. Ein leichtes Schnarch-ähnliches Geräusch ist von dem Patienten zu hören. Er scheint in süßen Träumen zu liegen.

Durch die Sperre ein unblutiger Eingriff an der Hand – die Dupuytren’sche Kontraktur. ©Inga Mennen M. A.

Während die Musik leise weiter dudelt, wird das Gewebe, das die Finger verkrümmen ließ, entfernt. Es kommt hinterher in ein Gläschen und wird an die Pathologie Aurich zur Überprüfung geschickt. Bevor die Wunde geschlossen wird, wird die Blutsperre geöffnet. „Ansonsten würde ein Blutkuchen unter der Haut entstehen, das wollen wir nicht“, erklärt Dr. Sauer. Die so blass daliegende Hand bekommt wieder Farbe – es steckt Leben drin. Maximal sechs Stunden darf eine Blutsperre angelegt werden, danach würde das Gewebe absterben.

Faszinierend die Abschlussarbeit: Stich für Stich wird die Wunde vernäht, technisch versiert und kunstvoll verknotet – fast wie bei einem Schneider. Es wird an diesem Tag nicht die letzte Naht des Chirurgen gewesen sein. Nun folgt der Eingriff am Daumenseitenband. Hier kommt dann auch der kleine Bohrer zum Einsatz, der wider Erwarten kaum Geräusche von sich gibt. Durch einen eingesetzten Anker kann das Band an seinem eigentlichen Platz fixiert werden. Die Operation der Mittelfingerarthrose fiel an diesem Vormittag aus.

So blieb dann doch noch Zeit für eine zweite Tasse Tee, die wir im Rahmen der Serie übrigens nächste Woche mit Privatdozent Dr. Matthias Lerch, Chefarzt der Orthopädie und Unfallchirurgie, Hand- und Fußchirurgie sowie Sportmedizin im Krankenhaus Wittmund trinken werden. Der zertfizierte Fußchirurg spricht dann über Behandlungsmöglichkeiten des Hallux Valgus.

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