Osteoporose - Was Sie wissen müssen

Die Osteoporose ist als weit verbreitete systemische Skeletterkrankung eine Volkskrankheit, bei der als Folge eine Verminderung der Knochenmasse und eine Verschlechterung der Architektur des Knochengewebes schon geringgradige Belastungen und Stürze Frakturen mit häufig resultierender Behinderung und teilweise tödlichem Verlauf resultieren.
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Trotz ihrer Häufigkeit und schlimmen Konsequenzen wird die Osteoporose in Deutschland noch häufig übersehen, ignoriert und untertherapiert. Nach einer europäischen Erhebung werden in Deutschland sogar bei den Hochrisikopatienten mit Vorfrakturen oder unter Cortison-Behandlung zu 60% nicht oder inadäquat behandelt. Das ist für ein zivilisiertes und reiches Land wie Deutschland inakzeptabel.

Jede 2. Frau und jeder 5. bis 7. Mann werden von einer osteoporotischen Fraktur betroffen sein – der Unterschied begründet sich in erster Linie mit der unterschiedlichen Hormonausstattung. 2010 gab es in Deutschland 725.000 osteoporosebedingte Frakturen, die Schätzungen für das Jahr 2025 liegen bei 928.000 Frakturen. 2017 sind Kosten in Höhe von 11 Milliarden € allein durch Osteoporose und osteoporosebedingte Frakturen entstanden.

Die Osteoporose tritt bei Frauen im Alter von 50-60 Jahren zu 15% und ab 70 Jahre zu 55% auf. Bei Männern liegt die Prävalenz mit 50 bis 60 Jahren nur 2,4%, jedoch mit 70 Jahren erhöht bei 17%. Daraus ist u.a. ersichtlich, dass zunehmendes bzw. hohes Alter ein wesentlicher Risikofaktor für Osteoporose und Frakturen ist. Das Alter ist jedoch nicht die Ursache! Fehler in der Ernährung und Lebensweise machen sich nur mit zunehmendem Alter immer stärker bemerkbar. Auch im Alter können mit richtigem Training und allen nötigen Nährstoffen starke Knochen bewahrt und sogar wiederaufgebaut werden!

Leider ist die Osteoporose trotz der hohen Prävalenz, einer erheblichen sozioökonomische Relevanz und bekannt wirksamer Therapien eine stark untertherapierte Erkrankung. Dies liegt u.a. an meist ausbleibenden Diagnosestellungen - sogar nach erfolgten Brüchen ohne adäquates Trauma. Aber auch an der mangelnden Konsequenz der Betroffenen, denen es nicht gelingt, die ev. unvermeidbaren Medikamente einzunehmen und insbesondere die notwendige Umstellung einiger Lebens- und Ernährungsgewohnheiten umzusetzen.

Es ist erstaunlich und letztlich nicht verantwortbar, dass die Therapierate auch nach bereits stattgehabter osteoporotischer Fraktur in Deutschland nur bei unter 30%, in den USA unter 20% liegen, während über 80% der Patienten nach Herzinfarkt mit einem Betablocker behandelt werden.

Ursachen

Die Ursachen der Osteoporose sind vielfältig, das Frakturrisiko hängt von mehreren unabhängigen Faktoren ab, viele davon wirken durch verschiedene Mechanismen gleichzeitig.

Systemische Stoffwechsel – Erkrankungen wie Diabetes mellitus, Schilddrüsenfunktionsstörungen, Niereninsuffizienz, Parkinson, Alzheimer, alkoholtoxische Lebererkrankungen, chronische Entzündungen des rheumatischen Formenkreises oder auch der Darmschleimhaut kommen immer mehr in den Focus als Negativregulatoren für die knochenaufbauenden Zellen. Sowohl das Immunsystem als auch der Knochen werden durch Entzündungsmediatoren gemeinsam beeinflusst. Wichtig ist daher auch das Erkennen einer anhaltenden Entzündungsreaktion durch Labordiagnostik des Blutes und z.B. des PH-Wertes des Urins.

Hinzu kommen Hormon-Mängel bei Frauen wie auch bei Männern, Untergewichtigkeit durch Fehl- und Mangelernährung, Vitamin-D3-Mangel sowie Calciumverlust in der Schwangerschaft und Stillzeit.

Osteoporose verursachen bzw. verstärken können Medikamente wie Cortison schon in niedrigen Dosierungen, blutgerinnungshemmende Medikamente, Antidepressiva, Magenschutzmedikamente zu lange genommen und Statine zu hoch dosiert.

Zunehmende Bedeutung in der Diagnostik gewinnt die weiterentwickelte Bioimpedanz-Analyse als wissenschaftlich genaue Messung und Dokumentation der Körperzusammensetzung bzgl. des Gehaltes an Mineralien, Wasser, Muskulatur, Fett mit exakter Lokalisation insbesondere zur Bestimmung des sehr relevanten Bauchfettes als Risikofaktor für „silent inflammations“ und zur Objektivierung des Mangels an für den Knochenstoffwechsel und die Sturzvermeidung wichtigen Muskulatur (Sarkopenie).

Eine wesentliche Rolle spielt auch der ernährungsbedingte Säure-Basen-Status. Systemische gewerbliche Azidosen verursachen regelmäßig eine überhöhte Calciumausscheidung, eine negative Calcium-Bilanz und damit einen deutlichen Knochenmineralverlust. Diskutiert wird in diesem Zusammenhang eine vermehrte Sekretion des Stress-Hormons Kortisol mit negativen Einflüssen auf den Knochenstoffwechsel.

Ein gesunder jüngerer Mensch nimmt täglich durchschnittlich 20 - 30% des mit der Nahrung zugeführten Calcium auf, meist um 500 bis 1200 mg. Der tägliche Calcium - Verlust beträgt um 1000 mg über den Unterarm, 180 bis 200 mg über den Nieren und 40 bis 100 mg über Haut, Speichel und Blut. Für eine positive Calcium - Homöostase ist eine Calcium-Gesamt - Zufuhr von 1000 1000 mg täglich erforderlich, postmenopausal und im Alter gelegentlich noch höher!

Vermeidbare Risiken sind chronischer Bewegungsmangel, Nikotin- und Alkoholmissbrauch sowie Fehlernährung durch „Junkfood“.

Es muss betont werden, dass Osteoporose lange still und ohne Symptome verläuft. Schmerzen treten meist erst bei Einbrüchen und Frakturen bei banalen Stürzen auf.

Diagnostik

Jeder Krankheit hat Ursachen, auch die Osteoporose. Nach diesen Ursachen zu suchen, ist unverzichtbar, wenn man Osteoporose vermeiden und heilen möchte.

Osteoporose tritt nie alleine auf. In annähernd allen Fällen besteht eine zusätzliche Erkrankung z.B. Verkalkung der Arterien und der weichen Gewebe, Herzinfarkt und Schlaganfall, Nierenschädigung, Demenz, Parkinson, Polyneuropathie, Karies, Parodontose u.a. Hinzu kommen häufig Störungen der Darmfunktion, Autoimmun-Erkrankungen, Stoffwechselerkrankungen wie Gicht, Insulin-Resistenz, Diabetes und bauchbetonte Fettleibigkeit.

Erkrankungen des Bewegungsapparates wie Arthritis und Arthrose, Bandscheibenschäden, schwache und rissgefährdete Sehnen, zu geringe Muskelmasse sowie Rücken- und Nackenbeschwerden treten häufig als Folge des Mangels an Mineralstoffen, Bewegungsarmut und Muskelschwäche aufgrund fehlender Belastung des Bewegungsapparates zusätzlich auf.

Eine sorgfältige Anamnese und manuelle Ganzkörper-Untersuchung stehen am Anfang der Osteoporose-Diagnostik! Der akute Rückenschmerz bei Osteoporose wird verursacht durch Einbruch oder Bruch eines Wirbelkörpers. Nicht selten wird ein Geräusch des Brechens oder Knackens beschrieben verbunden mit einem einschießendem, stechendem Schmerz im Rücken.

Das Zusammenbrechen der Wirbelkörper führt zu einer erheblichen Größenabnahme der Patienten. Es kommt dabei zu charakteristischen Hautfalten vom Rücken zu den Flanken (Tannenbaumphänomen) sowie zur Vorwölbung des Bauches (Osteoporosebäuchlein). Der keilförmige Einbruch der Brustwirbel führt zum typischen fixierten Rundrücken (Witwenbuckel).

Die qualifizierte weiterführende Diagnostik umfasst die DXA-Knochendichtemessung und bei Beschwerden oder Größenverlust auch Röntgenbilder der Brust- und Lendenwirbelsäule. Hinzu kommt je nach Vorgeschichte eine umfassende Labor-Diagnostik zur Ursachen-Analyse sowie Sturzassesment-Untersuchungen zur Beurteilung des individuellen Sturzrisikos aktuell und in Zukunft. Gerade für ältere Mensch ist dies von Bedeutung, da der Bruch häufig der Anlass ist, dass das allgemeine „Gleichgewicht“ der Körperfunktionen verloren geht. Viele Menschen erholen sich nach einem Bruch nur noch teilweise oder gar nicht mehr, werden pflegebedürftig und verlieren ihre Lebensenergie. Die DXA-Knochendichtemessung allein ist nicht geeignet, eine zuverlässige Aussage zur Prognose und Therapie abzuleiten.

Therapie

Die Osteoporose ist kein Schicksal sondern eine gut behandelbar Krankheit!

Das frühzeitige Erkennen und Behandeln von Vorstufen der Osteoporose und das Vermeiden der Osteoporose-Spätfolgen wie Knochenbrüche, Schmerzen, unnötig hohe Kosten und Pflegebedürftigkeit und nicht zuletzt vorzeitiger Tod müssen oberstes Ziel der gemeinsamen Bemühungen sein.

Einfluss der Gesamt-Ernährung auf die Knochengesundheit

Die normalen Nahrungsmittel haben einen sehr großen Einfluss auf Ihre Knochen.

Normale Proteinanteile z.B. greifen das Calcium der Knochen nicht an, aber wir wissen heute, dass manche Formen von gereinigtem Protein tatsächlich einen Calciumverlust verursachen. Vor allem Casein, Laktalbumin und Eiereiweiß, die häufig als Mahlzeiten ersetzende Getränke verwendet werden, können Ihre Calciumspeicher ernsthaft entleeren, wenn Sie die Hauptquelle für Proteine in Ihrer Ernährung darstellen.

Salz betreibt ebenfalls Raubbau an den Knochen

Unsere Nahrung ist 20-mal mehr mit Salz gespickt, als es in natürlicher Nahrung vorkommt und das ist 20-mal mehr Salz, als für eine optimale Gesundheit benötigt wird. Dieser Natriumüberschuss hemmt den normalen Calciumstoffwechsel auf vielerlei Art und Weise, die alle für eine große Anzahl an Körperfunktionen, einschließlich des Blutdrucks und des Knochenbaus, nachteilig sind.

Weiter wichtige Aspekte sind die Reduktion entzündungsfördernder Nahrungskomponenten z.B. durch Öle mit hohem Anteil von Omega-6-Fettsäuren sowie Meidung von Transfetten im Frittierten und teils auch im Gebäck, Reduktion stark verarbeiteter Nahrungsmitteln (mit vielen Zusatzstoffen).

Empfehlenswert ist der Konsum von reichlich sekundären Pflanzenstoffen als potente Antioxidantien z.B. durch Gemüse wie Grünkohl, Weißkohl, Brokkoli, japanischer Kohl, dunkelgrüner Kopfsalat und die Seegräser Arame, Hijiki und Nori sind wesentlich besser geeignet. Hinzu kommen Nüsse, Samen, Hülsenfrüchte, Vollkornprodukte u.a.

Dann gibt es da noch die Milch

In den letzten 40 Jahren war die vorherrschende medizinische Empfehlung, die mit viel Aufwand und Anspruch verbreitet wurde:

● Trinken Sie zwei große Gläser Milch jeden Tag.

● Diese Menge an Milch enthält 600 mg Calcium.

● Was könnte harmloser sein als Milch – Richtig?

Falsch!

Für viele Menschen ist der medizinische Rat, Milch zu trinken, um Osteoporose zu verhindern, ein Unsinn, der nur dem Eigennutz der „Hersteller“ dient. Milch wurde, wie von der Natur zu lernen ist, ausschließlich für das Nähren neugeborener Tiere vorgesehen. Nicht für erwachsene Menschen. Während wir wachsen, verlieren wir viel von der Fähigkeit, das Enzym Laktase herzustellen, welches die Laktose in der Milch verdaut. Dreiviertel der amerikanischen Erwachsenen weisen einen gewissen Grad an Laktoseintoleranz auf.

Nährstoffe funktionieren nur im Zusammenspiel mit anderen Nährstoffen

Für ein optimales Zusammenspiel müssen alle an einem bestimmten Prozeß beteiligten Nährstoffe in ausgewogenen Mengen zueinander vorhanden sein. Die Synergie verschiedene Nahrungsmittel hat auf die Knochengesundheit mehr Bedeutung, als der Einfluss einzelnen Substanzen.

Eine australische Studie untersuchte 5 Ernährungsprofile bei Frauen unter 65 Jahren und fand eine Assoziation des qualitativ besten Profils mit hoher Knochendichte und des schlechtesten Profils mit niedriger Knochendichte. Das gute Profil enthielt Hülsenfrüchte, Fische, Nüsse, Reis und Gemüse, dass schlechte Profil raffiniertes Getreide, gebackene Kartoffeln, Würste, Fleisch, Fertiggerichte, gesüßte Getränke verbunden mit wenig Gemüse und Früchte sowie wenig Vollkornbrot.

Eine mediterrane Kost mit viel Gemüse, Olivenöl, Getreide, Fisch, wenig Fleisch und mäßig etwas Wein gilt als der Inbegriff gesunder Ernährung, wobei bisher die kardiovaskulären Effekte im Vordergrund standen. Nun hat sich aber dieses Ernährungsprofil auch als knochenfreundlich erwiesen.

Gerade die konservative U.S. National Academy of Sience (US-Nationale Akademie der Wissenschaften) stellt fest, dass zu einer normalen Knochenbildung Calcium, Vitamin D, Zink, Kupfer, Mangan, Fluorid (genauer gesagt – Fluor), Kieselerde (genauer gesagt - Silicium) und Bor nötig sind. Die meisten dieser Nährstoffe sind sowohl im Essen als auch im menschlichen Körper nur unzureichend vorhanden.

Studien zeigen, dass Sie ohne ausreichendes Magnesium in rasanten Tempo Knochenmasse verlieren.

In Anbetracht der rückläufigen Neigung, sich wenig bekleidet der Sonne auszusetzen, kommt der gezielten Nahrungsergänzung mit Vitamin D3 mit Serum-Zielwerten von 30 – 70 ng/ml eine besondere Bedeutung für die Knochengesundheit, das Immunsystem, die Koordination und nicht zuletzt die Stimmung zu! In Kombination mit Calcium entspricht dies der gültigen Empfehlung der DVO - Leitlinien und auch weltweit insbesondere für Osteoporose Risiko-Gruppen. Dem fettlöslichen Vitamin K 2 wird nach neueren Studien ebenfalls eine Verbesserung der Knochenqualität mit dem Ergebnis einer Reduzierung von Frakturen zugesprochen. Weitere Studien sind wegen noch unzureichender Datenlage erforderlich.

Die medikamentöse Therapie der Osteoporose durch Bisphophonate (Alendronat, Risedronat) sowie SERMS (Raloxifen) und Desonumab verfolgt überwiegend das Ziel, die Aktivität der Osteoklasten, damit die Knochenabbaugeschwindigkeit zu verlangsamen.

Zusätzliche Therapiemöglichkeiten insbesondere bei fortgeschrittenen Fällen mit mehreren frischen Brüchen sind durch den Einsatz von Parathormon und des monoklonalen Antikörpers Romosozumab möglich.

„Damit es nicht erst kommt zum Knackse, erfand der Arzt die Prophylaxe, denn der Patient, der arme Tor, beugt sich der Krankheit - nicht ihr vor." Eugen Roth

Osteoporose verhindern!

Die Vorsorge beginnt schon im Kindes- und Jugendalter durch eine "knochengesunde Lebensweise" während der Aufbauphase des Knochens, was möglicherweise bleibende günstige Folgen für das ganze Leben hat.

Ansonsten gilt, dass alles, was wir für die Knochen Gutes tun, wieder verloren geht, wenn wir nicht körperlich aktiv bleiben und uns gesund ernähren.

Vom gesundheitlichen Standpunkt aus ist eine gut erhaltene Skelettmuskulatur nicht nur bedeutsam für den Halte- und Bewegungsapparat, sondern sie stellt auch die notwendige Voraussetzung für ein wirksames Training des Herzkreislaufsystems sowie des zentralen Nervensystems, insbesondere einschließlich des Gehirns dar.

Auch bei älteren, bisher untrainierten Menschen wird mit einem mäßig dosierten, jedoch regelmäßigen Training eine Verbesserung der Knochendichte und der Knochenmasse, durch Kreislauftraining eine verbesserte Kondition, Koordination und Muskelkraft zur Reduzierung der Fall- und Frakturhäufigkeit angestrebt.

Die Ernährung ist nicht das Höchste im Leben, aber sie ist der Nährboden, auf dem das Höchste gedeihen oder verderben kann! - Dr. Maximilian Bircher - Benner, 22.08.1867-24.01.1939

Wer sich richtig ernährt, der braucht keine Arznei; Wer sich falsch ernährt, dem hilft keine Arznei! - Hippokrates (460–377 v. Chr.)

JETZT NEU!

Mit der neuen App „Osteoporose-Risikowissen“ des Berufsverbandes für Orthopädie und Unfallchirurgie e.V. (BVOU) können Sie jetzt ganz einfach Ihr Frakturrisiko für die nächsten drei Jahre berechnen.

Experten für Osteoporose

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