Klinik vor Ort - Unbekümmert mit den Schultern zucken

In der Serie "Klinik vor Ort" berichtet die Redakteurin Inga Mennen M. A. in Zusammenarbeit mit dem Chirurgen Dr. Bernd Sauer aus dem Krankenhaus Wittmund. Sie gibt einen interessanten Einblick in das zertifizierte Endoprothetikzentrum der Maximalversorgung.
50 künstliche Gelenke werden pro Jahr im Krankenhaus Wittmund eingesetzt. Dr. Bernd Sauer zeigt eines der Implantate. ©Inga Mennen M. A.

Wie wird eigentlich nächste Woche das Wetter?“ Dr. Bernd Sauer zuckt mit den Schultern – er weiß es nicht. Dafür aber weiß sein Gegenüber, dass der Orthopäde und Chirurg kein Problem mit seinen Schultergelenken hat – im Gegensatz zu vielen Frauen und Männern.

Das Schultergelenk ist das beweglichste von den 140, die der menschliche Körper hat. Und es kann aus verschiedensten Gründen anfangen zu schmerzen. Linderung versprechen Endoprothesen, denn – wie viele andere Gelenke – so lässt sich auch das der Schulter künstlich ersetzen. Allerdings gibt es im Gegensatz zur Hüfte oder zum Daumensattelgelenk drei verschiedene Möglichkeiten, den künstlichen Ersatz zu implantieren – mit drei unterschiedlichen Prothesentypen. Gemein haben sie, dass sie aus einer Pfanne, einem Kopf und einem Schaft bestehen.

Die Schulter ist anspruchsvoll im Aufbau. Sie besteht neben dem Oberarmkopf auch aus dem Schulterblatt, dem Schlüsselbein und dem Schulterdach. Damit aber nicht genug. Um mit den Schultern zucken zu können, wenn man keine Ahnung von etwas hat, ist das Gesamtkonstrukt ausschlaggebend und dazu gehören dann ebenfalls die verschiedenen Muskeln wie Bizeps, Delta, die Gelenkkapsel- sowie –Bänder und die Rotatorenmanschette. Und natürlich, mittendrin, der Schleimbeutel. „Nicht immer müssen wir bei Beschwerden gleich zur Endoprothese greifen“, erklärt Dr. Bernd Sauer vom Krankenhaus Wittmund. Oftmals ist es der Schleimbeutel, der die Schmerzen verursacht. Ist der gereizt, schwillt er an und kann gegen das Schulterdach drücken. Per Arthroskopie, also einem minimalinvasiven Eingriff, kann der Schleimbeutel entfernt werden. „Die Natur denkt chirurgisch“, erklärt Bernd Sauer. Das heißt, es wächst nach, was entfernt wurde, in diesem Fall ein neue Schleimbeutel, wie beim Gecko, dem der Schwanz nachwachsen kann. Etwa 30 Minuten dauert ein solcher Eingriff, bei dem der Patient für zwei Tage stationär aufgenommen wird. Per Arthroskopie lässt sich aber auch in der Wittmunder Klinik zum Beispiel eine gerissene Rotatorenmanschette wieder befestigen – und auch sie wird wieder zusammenwachsen.

Verschiedene Erkrankungen oder Verletzungen können dazu führen, dass ein Schultergelenkersatz unabdingbar wird, um die Beweglichkeit wieder zu verbessern. Ursachen können die Abnutzung des Gelenkes (Arthrose), Brüche oder Ernährungsstörungen des Oberarmkopfes sein. Drei unterschiedliche Endoprothesen stehen je nach Diagnose zur Verfügung. Die schaftlose Prothese, die anatomische und die inverse, also die umgekehrte. Bei allen dreien ist der künstliche Kopf sozusagen neben der Pfanne das Kernstück des Erfolges. „Bei stärkeren Beschwerden kann die schaftlose Prothese helfen. Aber die kommt hier selten zum Einsatz. Meist kommen die Patienten erst zu uns, wenn der Verschleiß weit fortgeschritten ist“, erklärt der ehemalige Chefarzt der Orthopädie und Unfallchirurgie, Hand- und Fußchirurgie sowie Sportmedizin im Wittmunder Krankenhaus aus seiner langjährigen Erfahrung. In der Regel wird dementsprechend die anatomische oder die inverse eingesetzt. Erstere gleicht dem natürlichen Gelenk im Aufbau. Bei beiden Endoprothesen wird der Schaft in den Oberarmknochen eingebracht. Bei der anatomischen wird hier der Kunstkopf daraufgesetzt und auf der gegenüberliegenden Seite die Pfanne befestigt, so dass ein funktionsfähiges Gelenk entsteht. Ausschlaggebend für dieses Implantat ist eine funktionsfähige Rotatorenmanschette.

Zwei unterschiedliche Endoprothesen für das Schultergelenk. Ausschlaggebend, welche eingesetzt wird, ist die Erkrankung, die zu den Beschwerden führt. ©Inga Mennen M. A.

Häufiger wird die umgekehrte Endoprothese eingesetzt. Zirka 50 solcher Operationen werden jährlich auch im Krankenhaus Wittmund durchgeführt.

In diesem Fall wird das Gelenk sozusagen spiegelverkehrt aufgebaut. Auf dem Schaft im Oberarmknochen, für den der natürliche Kopf abgesägt worden ist – um beim chirurgischen Handwerk zu bleiben – kommt die Pfanne, und genau auf der anderen Seite, dem Schulterblatt, der neue künstliche Kopf. Voll beweglich, das sollten die Patienten wissen, wird die Schulter aber auch mit der Endoprothese nicht mehr werden. Die Medizin wird zwar immer besser, aber die Natur vollständig ersetzen – das kann sie nicht. „Ungefähr eine Stunde dauert so ein Eingriff“, erklärt Bernd Sauer. Für den operierenden Chirurgen ist der Wechsel eines Schultergelenkes immer filigrane Arbeit, wenngleich ihm die Handwerksutensilien nicht fehlen dürfen. Viele Sehnen und Muskeln gilt es zu schonen und unverletzt zu lassen, damit sich das künstliche Gelenk wieder bewegen lässt. Erfahrung muss also beim operierenden Arzt vorhanden sein.

Eine Menge Erfahrung hat trotz seiner verhältnismäßig „jungen Jahre“ mit 42, PD Dr. Matthias Lerch, der jetzige Chefarzt der Orthopädie und Unfallchirurgie, Hand- und Fußchirurgie sowie Sportmedizin im Krankenhaus. Und aus der wird er nächste Woche berichten, wenn es um die Nervenkompressions-Syndrome geht. Keine Sorge: Lerch und Sauer werden die Begrifflichkeiten mit Hand (Karpaltunnel) und Fuß (Tasarsaltunnel) erklären.

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