Klinik vor Ort - Wenn der Hallux zur Spaßbremse wird

In der Serie "Klinik vor Ort" berichtet die Redakteurin Inga Mennen M. A. in Zusammenarbeit mit dem Chirurgen Dr. Bernd Sauer aus dem Krankenhaus Wittmund. Heute erfahren Sie mehr über die Operation bei einer Hallux-Valgus-Erkrankung "Vorwiegend Frauen haben das Problem, dass ihre Füße nicht mehr in enge Pumps passen – Operation schafft Abhilfe."
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„Tanzen gehen? Klar, das mache ich auch gerne“, sagte Privatdozent Dr. Matthias Lerch. Denn der Chef der Orthopädie und Unfallchirurgie, Hand- und Fußchirurgie sowie Sportmedizin im Krankenhaus Wittmund hat keine „Krüppelfüße“. Vorwiegend ist es das weibliche Geschlecht, das Probleme mit dem Hallux valgus hat, der für sie nicht selten zur Spaßbremse wird, wenn es darum geht, neue modische Schuhe zu kaufen, ausgiebige Shoppingtouren zu unternehmen oder eine rauschende Ballnacht zu feiern.

Diese Frauen können schon lange nicht mehr hochhackige Pumps tragen, weil ihre Füße durch den Hallux einfach zu breit geworden sind.

Nach OP eine Schuhgröße kleiner

„Nach einer Operation sind die Füße oft eine Schuhgröße kleiner“, erklärt Lerch. Das mag nun für einige der Grund sein, sich auf keinen Fall unter das Messer des zertifizierten Fußchirurgen zu legen, für andere wiederum ist gerade das der Grund – endlich neue Schuhe! Einige Hundert Hallux valgus, so schätzt der 43-Jährige, hat er schon operiert – mit Erfolg. Denn der Fachmann weiß, warum es zu dieser Deformation kommt und wie und vor allem wo er ansetzen muss, damit das Ergebnis nach dem Eingriff auch von Dauer ist.

So manchen Fuß PD Dr. Matthias Lerch in den Händen gehalten und viele davon hat er operativ korrigiert. ©Inga Mennen M. A.

„Manchmal sind es die Hormone, nach einer Schwangerschaft zum Beispiel, aber 72 Prozent der Hallux-valgus-Erkrankungen sind erblich bedingt“, sagt der Arzt. „Unser Fuß ist kein Huf, er ist ein sensibles Organ, das nicht für harten Boden ausgelegt ist“, erklärt Matthias Lerch. Gerade an dieser Extremität laufen mehr Nervenbahnen zusammen als an der Hand. Und dennoch bemessen wir den Füßen kaum Beachtung. Auslöser, dass sich am großen Zeh diese oft unschöne und manchmal schmerzende Ausbuchtung formt, ist die Instabilität des Mittelfußknochengelenkes am großen Zeh. Der Knochen rutscht nicht nur nach außen, er rotiert auch, die Sehnen sorgen für Spannung, die zusätzlich an der Deformation ziehen.

„Der Eingriff hat nichts mit einer Schönheitsoperation zu tun“, erklärt der Chefarzt. Er kennt Fälle aus seiner Laufbahn, bei denen die Entzündung, die sich bilden kann, bis zum Knochen vorgedrungen ist. „Dann helfen keine konservativen Methoden mehr“, sagt Dr. Matthias Lerch. Wobei sich die Ausbildung des Hallux mit dem Tragen von Einlagen verzögern lassen kann. „Das Beste ist immer barfuß zu gehen, ohne Socken“, rät der 43-Jährige, der von sich sagt: „Ich bin Chirurg, kein Schlächter.“ Will heißen, er operiert erst, wenn alternative Methoden keinen Erfolg mehr versprechen und der Patient den Eingriff auch wirklich wünscht.

Natürlich kennt auch der Mediziner Hallux-Schienen-Angebote aus diversen Magazinen. „Manchmal kann man da aber wirklich nur noch die Hände über den Kopf zusammenschlagen“, sagt er lachend zu den abstrusen Hilfsmitteln.

Eingriff dauert ungefähr 50 Minuten

Mehr als 200 Operationsmethoden gibt es für die Beseitigung eines Hallux valgus. Zu den gängigsten gehören die Chevron-Osteotomie, die sich für mittelschwere Hallux-Fehlstellungen eignet, und die Lapidus Arthrodese. Die kommt zum Einsatz, wenn zusätzlich zu dem Hallux valgus eine Instabilität im ersten Mittelfußgelenk vorliegt. So viel zur medizinischen Theorie. Meist reicht bei den Eingriffen die Entfernung des Knochenvorsprunges nicht aus. Vielmehr muss der Knochen umgestellt und seine Achse verändert werden. Bei der Chevron Osteotomie wird der Knochen beim Eingriff mit einer Schraube fixiert. In der Regel werden die Beschwerden nicht wiederkommen. Ist der Hallux valgus aber schon weiter fortgeschritten, kommt die zweite Methode zum Einsatz. „Denn man muss der Ursache auf den Grund gehen und entfernen“, sagt der Privatdozent. Ist das Gelenk zwischen Mittelfußknochen und Fußwurzel zu beweglich, kann es den Hallux auslösen –ergo – da liegt die Wurzel allen Elends und der rückt der Chefarzt gern zu Leibe.

PD Dr. Matthias Lerch zeigt am Modell, wo die Schraube bei der Chevron-Methode eingesetzt wird. So lässt sich ein Hallux valgus leicht korrigieren. ©Inga Mennen M. A.

Das Geheimnis des Erfolges ist es, das Mittelfußgelenk zu stabilisieren. Mit einer Platte wird das Gelenk versteift. Nachteile für die Beweglichkeit des Fußes oder der Zehen ergeben sich daraus nicht.

In der Regel dauert der Eingriff der Chevron-Osteotomie eine halbe Stunde, für die Lapidus Arthrodese werden 50 Minuten veranschlagt. Die Narbe ist ungefähr sechs Zentimeter lang. Die Patienten bleiben drei bis vier Tage auf Station. Danach heißt es für die Chevron-Osteotomie-Behandelten für sechs Wochen einen sogenannten Verbundschuh anzuziehen. Auftreten kann der Patient schon am zweiten Tag wieder. Bei Lapidus muss man einen „Walker“ tragen. Das ersetzt quasi den Gips, man kann ihn abnehmen und sogar damit laufen. „Der Schmerz wird schnell nachlassen, aber dann sollte man nicht übermütig werden. Vor allem ist die Physiotherapie nach dem Eingriff wichtig“, sagt PD Dr. Matthias Lerch, der den Menschen mit Ballenzehe – wie der Hallux valgus auch genannt wird – die Angst vor dem Eingriff nehmen möchte. Denn operiert –das ist das Credo des Arztes – wird erst nach eingehender Diagnostik.

Nach der Operation steht langen Ballnächten aber nichts mehr im Wege. Doch Vorsicht – auch beim Tanzsport kann man sich verletzten. In der nächsten Folge „Klinik vor Ort“ widmen wir uns verschiedenen Sportverletzungen.

Ärzte mit Spezialisierung auf Fuß und Sprunggelenk und Hallux valgus (Ballenzehe) in der Umgebung von Ashburn

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