Frozen Shoulder

Sie fängt mit Schmerzen im Schultergelenk an und wird dann zu einer permanenten, wenn auch schmerzlosen Bewegungseinschränkung: die „frozen shoulder“. Oft helfen Medikamente und Krankengymnastik gegen die Schultersteife. In einigen Fällen muss jedoch operiert werden.
©Aleksej - stock.adobe.com

Die Stärke der deutschen Sprache liegt in ihrer Exaktheit, die der engli­schen in ihrem häufigen Spiel mit übertragenen Bedeutungen. Beispiel: Auch ohne weitere Erklärung können wir uns ausmalen, was es mit einer „Schul­tersteife“ auf sich hat.

Im englischen Sprachraum heißt das „frozen shoul­der“ („eingefrorene Schulter“) – ein Begriff, der uns die Symptome der Erkrankung recht bildhaft vor Augen ruft.

Es gibt zwei Formen der Schulter­steife: zum einen die idiopathische oder primäre Schultersteife mit unbe­kannten Ursachen; zum anderen die sekundäre Form, die als Folge von Ver­letzungen oder Überlastungen auftritt.

Bei etwa einem Drittel der Patienten sind beide Schultern „eingefroren“. Prinzipiell kann die Erkrankung jeden treffen, am häufigsten sind Frauen nach der Menopause betroffen.

Warum friert die Schulter ein?

Stoffwechselstörungen wie Diabe­tes mellitus, Schilddrüsenerkrankun­gen und Fettstoffwechselstörungen fördern die Erkrankung, möglicher­weise ist sie auch erblich. Was genau die primäre Schultersteife auslöst, ist jedoch unklar.

Die sekundäre Form kann nach einer Verletzung oder Überlastung der Schulter, beim Schul­terengpass-Syndrom, der Kalkschulter oder bei Ruhigstellung nach Operati­onen auftreten. Auch Medikamente (beispielsweise Zytostatika oder Herz­mittel wie Amiodaron-HCL) können die Schultersteife auslösen.

Die Krankheit spielt sich in der Ge­lenkkapsel ab. Erst entzündet sich das Kaspelbindegewebe, dann verhär­tet und schrumpft es. Dieser Vorgang heißt „Kapselfibrose“.

Aufgrund dieser Fibrosierung und Schrumpfung ver­liert das Schultergelenk zunehmend an Beweglichkeit. Vor allem das He­ben und das Drehen des Armes nach außen verursachen Schmerzen.

Die Krankheit verläuft in drei Pha­sen und kann insgesamt bis zu zwei Jahren andauern. Die Betroffenen wis­sen oft nicht, wann genau die Krank­heit ausgebrochen ist, da sie ohne er­kennbare äußere Ursache beginnt und die Schmerzen in der Schulter erst all­mählich zunehmen.

Auf den Frostfolgt Tauwetter

In der ersten Phase, der „freezing phase“ („Gefrierphase“), nehmen Schmerz und Bewegungseinschrän­kung stark zu. Der Höhepunkt der Er­krankung findet in Phase Zwei – der „frozen phase“ („gefrorene Phase“) – statt: Es kommt zur schmerzhaften Einsteifung des Gelenks.

Paradox ist, dass sich die Schmerzen am Ende dieser Phase etwas abschwächen. Es bleibt eine Bewegungseinschrän­kung, und ein Verlust an Muskelmas­se („Muskelverschmächtigung“) setzt ein.

In Phase Drei kommt es sehr häufig zu einem spontanen „Auf­tauen“ der Schulter, die Schmerzen verschwinden und die Beweglich­keit des betroffenen Gelenkes bes­sert sich wieder.

Deshalb wird diese Phase der Erkrankung auch „thawing phase“ („Tauphase“) genannt. Aller­dings tauen nur wenige Schultern von selbst wieder auf. Meistens sind die Beschwerden von Dauer. Besonders häufig ist das bei der sekundären Form der Schultersteife der Fall.

Eckpfeiler bei der Diagnose sind eine ausführliche Anamnese (= Reka­pitulation der Krankheitsgeschichte) sowie die körperliche Untersuchung. Röntgen oder Ultraschall haben eher eine untergeordnete Bedeutung und dienen lediglich dazu, eventu­elle Begleitschäden (beispielsweise Kalkschulter, Riss der Rotatoren­manschette, Bursitis subacromialis) auszuschließen.

Die Kontrast-Kern­spintomographie, bei der ein Kon­trastmittel direkt ins Gelenk injiziert wird, liefert wertvolle Angaben über das Ausmaß der Kapselschrumpfung.

Geduld und Schmerztherapie

Die Therapie der Schultersteife zielt zunächst auf eine Behandlung der Schmerzen und der Bewegungs­einschränkung. Da ein Aufhalten der Erkrankung oder gar eine Heilung zu­mindest zu einem frühen Zeitpunkt nicht möglich sind, müssen Patienten und Therapeuten den phasenartigen Verlauf des Krankheitsbildes abwar­ten und große Geduld aufbringen.

In der akuten schmerzhaften ers­ten Phase werden hauptsächlich schmerzlindernde Mittel (Analgetika) verschrieben. In ausgewählten Fällen lindern auch Kortisoninjektionen in das betroffene Gelenk oder Kortison­tabletten zumindest kurzfristig die Schmerzen. Kortison hat allerdings Ne­benwirkungen, beispielsweise Durchblutungsstörungen.

Eine physiothera­peutische Behandlung in Phase Eins ist nicht sinnvoll, da eine Verbesse­rung der Beweglichkeit zu diesem Zeitpunkt nicht erreicht werden kann. Mit der Physiotherapie sollte erst be­gonnen werden, wenn der Schmerz­gipfel bereits überschritten ist. Ty­pischerweise ist das in der zweiten Hälfte von Phase Zwei der Fall.

Schultersteife arthroskopisch lösen

Wenn Medikamente nicht helfen und die Schultersteife nicht spontan ausheilt, ist eine Operation angera­ten. Die früher häufig praktizierte so genannte „Narkosemobilisation“, bei der die Schulter des Patienten in Voll­narkose gewaltsam mobilisiert wurde, sollte heute nicht mehr routinemäßig angewandt werden.

Es besteht bei diesem Vorgehen das Risiko, dass die Kapsel von der Gelenkpfanne abreißt. Deshalb ist es sinnvoller, die krank­haft veränderten Kapselanteile „un­ter Sicht“, das heißt arthroskopisch durch ein langes schmales Rohr, das in das Gelenk eingeführt wird, zu durchtrennen.

Dieser minimalinvasi­ve Eingriff hat für die Patienten den Vorteil, dass die notwendigen Haut- und Gewebeschnitte sehr klein sind und die Wundheilung in aller Regel nur wenige Tage in Anspruch nimmt. Gleichzeitig ermöglicht der direkte Blick durch das Arthroskop in das befallene Gelenk dem Operateur ein zielgenaues Vorgehen.

Das Risiko, das während der Operation benachbarte Gelenkstrukturen verletzt werden, ist wesentlich geringer als bei einer kom­pletten Öffnung des Schultergelenks. Eine gleichzeitige sanfte Narkosemo­bilisation kann die Beweglichkeit der Schulter noch weiter verbessern.

Kooperation Patient-Arzt-Therapeut

Nach dem Eingriff ist eine konse­quente Schmerztherapie für etwa drei bis fünf Tage angesagt. Bewährt hat sich die Ausschaltung der Schmerzen über einen so genannten Schmerzka­theter, über den sich die Patienten je nach Bedarf selbst Schmerzmittel ver­abreichen können.

Die Beweglichkeit, die in der Operation erreicht wurde, sollte jetzt zusätzlich durch Physiothe­rapie stabilisiert und behutsam weiter ausgebaut werden. Nur wenn Patient, Arzt und Therapeut von Anfang an eng und vertrauensvoll zusammen ar­beiten, ist bei der Schultersteife, die das langwierigste Krankheitsbild in der Orthopädie ist, ein optimales Be­handlungsergebnis zu erreichen.

Ärzte auf Orthinform in Ihrer Umgebung

Passende Lexikonartikel

Fehler: Ihr Standort konnte nicht ermittelt werden.

Leider konnten wir mit Hilfe des Browsers Ihren ungefähren Standort nicht ermitteln, weitere Informationen erhalten sie auf der Seite aktueller Standort.