Mehr Patientensicherheit durch staatliches Implantateregister

Ab 2021 werden alle implantierten Medizinprodukte in einem staatlichen Implantateregister erfasst. Um die Möglichkeiten des Registers für eine bestmögliche Versorgung und Sicherheit der Patienten auch zu nutzen, sollten Orthopäden und Unfallchirurgen bei der Ausgestaltung einbezogen werden.
© B. Braun

Auch die über 400.000 künstlichen Hüft- und Kniegelenke, die Orthopäden und Unfallchirurgen hierzulande jedes Jahr implantieren, werden in diesem Register erfasst. Dabei sollte auch die Prothesenfunktion sowie eine sogenannte Risikoadjustierung – eine Berücksichtigung von Risiken durch besonders schwere Krankheitsbilder – Eingang in das Implantateregister finden.

Von manchen als Jahrhundertoperation bezeichnet, leisten die Ersatzgelenke ihren Dienst in der Regel heute über 20 Jahre (1, 2). Dennoch werden in Deutschland jedes Jahr über 45.000 Wechseloperationen durchgeführt. Diese sind für die Patienten sehr belastend.

„Das Implantateregister ist ein wichtiger Schritt für ein bundesweites, flächendeckendes Monitoring eingesetzter Implantate und möglicher Komplikationen“, begrüßt Professor Dr. med. Carsten Perka, Ärztlicher Direktor des Centrums für Muskuloskeletale Chirurgie an der Charité Berlin diesen Beschluss des Bundestages.

„Wir sehen es als Bestätigung unserer Arbeit, dass das im Verbund von DGOOC, Kliniken, Krankenkassen und Industrie vor über sieben Jahren initiierte Endoprothesenregister Deutschland (EPRD) für das Implantateregister de facto nun als `Blaupause` dient.“

An dem EPRD nehmen bislang 750 von etwa 1.500 in Frage kommenden Kliniken teil. Schon jetzt liefert es wertvolle Erkenntnisse, etwa über das frühzeitige Versagen neuer Prothesentypen. „Von einer nun verpflichtenden Teilnahme aller Kliniken im Implantateregister

versprechen wir uns noch mehr Aussagekraft und damit eine weitere Verbesserung der Patientensicherheit.“ Denn die Teilnahme am EPRD ist freiwillig. Ebenso wird der Dokumentationsaufwand nicht vergütet. „Dies hielt viele Kliniken bisher von einer Teilnahme ab“, berichtet der Orthopäde und Unfallchirurg.

Professor Dr. med. Carsten Perka ist auch Präsident des DGOOC sowie Generalsekretär der AE ist und Kongresspräsident des Deutschen Kongresses für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU).

Der DKOU ist Europas größer Kongress auf diesem Fachgebiet. Er bietet seinen etwa 11 000 Besuchern umfassende Orientierung im weiten Feld von Orthopädie und Unfallchirurgie. Auf der Kongress-Agenda stehen auch die neuen Risiken durch E-Scooter und Co., Trauma-Management, Verletzungen der Wirbelsäule, sowie Kinder- und Alterstraumatologie und -orthopädie. Interessenten können alle Vorträge aus dem Festsaal live verfolgen: http://dkou.org/webcasts

„Es würde Sinn machen, nun zusätzliche Information in das Implantateregister aufzunehmen“, sagt Perka. Denn Schlussfolgerungen könnten immer nur so gut sein wie der Datenpool, aus denen sie gewonnen werden. „Wir hoffen, dass unser medizinischer Sachverstand bei der Ausgestaltung des staatlichen Registers nun auch genutzt wird, damit die Datenbank Patienten umfassend vor vermeidbaren Risiken und Komplikationen in der Endoprothetik schützen kann.“

„Das Thema der Risikoadjustierung für komplexe und risikobehaftete Fälle gehört definitiv mit zu den wichtigsten Punkten“, nennt er ein Beispiel. Gerade Zentren und Kliniken der Maximalversorgung behandeln einen hohen Anteil an Patienten mit sehr herausfordernden Krankheitsbildern. „Dies sind Menschen, die oftmals eine Krankenhausodyssee hinter sich haben, mehrfach voroperiert sind und an komplexen Beschwerden wie einer chronischen Infektion oder fortgeschrittenen rheumatischen Erkrankung leiden“, so Perka.

Da die Ausgangssituation jedoch nicht mit der des Routinefalls vergleichbar sei, gelte es, hier einen Risikoausgleich im Score festzulegen. „Sonst sind die Einrichtungen, die sich um die schweren Fälle kümmern, in ihrer Bewertung benachteiligt.“

„Wir wollen schließlich, dass auch die wirklich kranken Patienten operiert werden und nicht nur die im Prinzip gesunden Patienten mit Gelenkarthrose, bei denen ein hervorragendes Ergebnis und damit eine erstklassige Bewertung zu erwarten sind“, so Perka. Mit einer Risikoadjustierung ließen sich zudem falsch negative Bewertungen von an und für sich guten Prothesen vermeiden, ergänzt er. Denn auch diese könnten in einer Problemsituation schlechter abschneiden.

Auch die tatsächliche Funktion der Prothese sei ein wichtiges Kriterium, das zur Gesamtbetrachtung gehöre. „Hier sollten wir nicht nur uns Ärzte, sondern auch die Patienten selbst zu Wort kommen lassen,“ sagt Perka. Das sogenannte PROMS – patient related outcome measurement – steht neben der Risikoadjustierung deshalb ebenfalls auf der Agenda des DKOU.

Doch mehr Qualität gäbe es nicht umsonst: „Eine Ausweitung der Datenerhebung ohne die Bereitstellung von Personal oder eine Bezahlung für die erhobenen Datensätze ist aus meiner Sicht nicht möglich,“ stellt Perka fest. Hier sieht er ebenfalls großen Nachbesserungsbedarf.

Quellen:

(1) https://www.thelancet.com/journals/lancet/article/PIIS0140-6736(18)31665-9/fulltext

(2) https://www.thelancet.com/journals/lancet/article/PIIS0140-6736(18)32531-5/fulltext

Entwurf eines Gesetzes zur Errichtung des Implantateregisters Deutschland:

http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/19/105/1910523.pdf

www.eprd.de

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