Klinik vor Ort: Reise ins Innere ist manchmal eine Wundertüte

In der Serie "Klinik vor Ort" berichtet die Redakteurin Inga Mennen M. A. in Zusammenarbeit mit dem Chirurgen Dr. Bernd Sauer aus dem Krankenhaus Wittmund. Dort erden pro Jahr 300 Kniespiegelungen vorgenommen – Moderne Medizin dank Arthroskopie.
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Richtig sportlich ist Oberarzt Konstantin Müller. Aus der Hüfte heraus wirft er den Tupfer, mit dem er Knie und Bein der Patientin desinfiziert hat, in den zwei Meter entfernt stehenden Mülleimer. Und so kommen wir in der heutigen Folge von „Klinik vor Ort“ von den Sportverletzungen zur Arthroskopie. Erneut durften wir im Ambulanten Operationszentrum dabei sein – dieses Mal bei einer Kniespiegelung.

Eine Arthroskopie wird auch als Gelenkspiegelung bezeichnet. Der minimal-invasive Eingriff ist mittlerweile unverzichtbar für präzise Diagnosen und Therapien.

Zwei kleine Schnitte am Knie

Auf dem Operationstisch liegt eine 63 Jahre alte Frau, an deren Knie sich gleich Oberarzt Müller und PD Dr. Matthias Lerch, Chefarzt der Orthopädie und Unfallchirurgie, Hand- und Fußchirurgie sowie Sportmedizin im Krankenhaus Wittmund, zu schaffen machen werden. Die Patientin klagte über Gelenkbeschwerden im Knie bei Belastungen und beim Anlaufen. Die Kernspintomographie ergab, dass sie einen Verschleiß der Knorpel und am Meniskus hat. „Mit Hilfe der Arthroskopie können wir in das Innere des Körpers, also zwischen die Gelenke blicken, das ist aber auch immer eine kleine Wundertüte“, erklärt der ehemalige Chefarzt Dr. Bernd Sauer.

Oberarzt Konstantin Müller (r.) und Chefarzt PD Dr. Matthias Lerch, links OP-Schwester Jana Lumpe, begeben sich bei der Knie-Arthroskopie ins Innere der Patientin. ©Inga Mennen M.

In den meisten Fällen wird die Gelenkspiegelung, die man übrigens in der Schulter, im Ellenbogen im Daumensattel-, Hand-, Knie- und Sprunggelenk anwenden kann, nicht nur genutzt, um in das Innere zu blicken, sondern arthroskopisch kontrolliert auch zu operieren. Und so macht es an diesem Vormittag auch Konstantin Müller. Zwei kleine Einschnitte sind nötig – links und rechts am Kniegelenk. Durch den einen wird die kleine Kamera geführt, das andere – um es salopp zu sagen Loch – dient für die Instrumente, mit denen Konstantin Müller dem verfranzten und kaputten Knorpel sowie dem Meniskus zu Leibe rücken wird.

Das Gelenk wird mit Flüssigkeit gefüllt, sodass sich der Innenraum besser überblicken lässt. Über einen Monitor können Lerch und Müller direkt sehen, wo sich das geschädigte Gewebe befindet und es gleich förmlich abrasieren und absaugen. Der Operationssaal wurde dafür etwas verdunkelt, um den Bildschirm besser erkennen zu können. „Hier hinten sieht man die Entzündungen“, erklärt der Chefarzt und zeigt auf das rotgefärbte Gewebe auf dem Monitor. Eine Blutsperre am Oberschenkel sorgt übrigens beim Eingriff für klare Sicht für die Chirurgen.

Deutlich zu erkennen – der ausgefranste Knorpel. ©Inga Mennen M.

Zurück bleibt ein glatter Knorpel, der aber auch dünner ist und bleiben wird. „Der arthroskopische Eingriff ist eine Momentaufnahme, den Verschleiß können wir nicht aufhalten. Dann müsste man in den nächsten Jahren bei der Patientin möglicherweise über eine Endoprothese nachdenken“, sagt Matthias Lerch.

15 Minuten und Knorpel und Meniskus sind glatt

Der nur 15 Minuten dauernde Eingriff wird der 63-Jährigen aber Schmerzlinderung bringen. Sie wurde unter Vollnarkose operiert, ist aber noch am selben Tag entlassen worden. Am darauffolgenden Tag wird die Drainage entfernt. Danach wird die Patientin Physiotherapie bekommen. Oft angewendet wird der arthroskopische Eingriff am Knie auch für Verletzungen des Meniskus. „Von außen ist der Eingriff schnell verheilt, aber man darf nicht vergessen, dass wir im Inneren des Gelenks operiert haben und die Heilung wird dauern“, erklärt Dr. Bernd Sauer.

Die Liste dessen, was sich allein per Arthroskopie am Knie operieren lässt, ist lang und sie reicht von der Meniskusentfernung über die Knorpel- und Knochenglättung sowie der Wiederherstellung eines Kreuzbandes bis hin zur Entfernung abgesprengter Knorpel- und Knochenstücke. Anfang des 20. Jahrhunderts zog die Arthroskopie in die Medizintechnik ein. Die Instrumente wurden in den Jahren kleiner, die Technik immer besser, sodass eben heute auch die kleinsten Gelenke, wie das des Daumensattels, arthroskopisch behandelt werden können.

Gleich nach den Kniespieglungen rangiert auf der „Beliebtheitsskala“ im Krankenhaus Wittmund mit 200 Eingriffen pro Jahr die Schulter. Arthroskopisch lässt sich auch die lange Bizepssehne durchtrennen oder befestigen, aber auch Kalkablagerungen aus der Rotatorenmanschette oder den Schleimbeuteln rücken die Chirurgen so minimalinvasiv zu Leibe. „Arthroskopische Eingriffe brauchen auch eine Menge Erfahrung, nicht jeder kann das so schnell wie Konstantin Müller“, sagt Chefarzt Dr. Lerch.

Prinzipiell lässt sich heutzutage aber nahezu jede schmerzhafte Erkrankung – auch im Ellenbogengelenk – mit der Arthroskopie behandeln. „Nur im Unterschied zum Beispiel zum Knie, ist der Ellenbogen wesentlich komplexer im Aufbau“, erklärt Dr. Bernd Sauer. Das ermöglicht und erfordert verschiedene operative Zugänge für das Arthroskop.

In der nächsten Folge „Klinik vor Ort“ werden wir uns mit dem Aufbau des Ellenbogens näher beschäftigen. Leser, die nun meinten, die Endoprothesen sind thematisch abgeschlossen, müssen wir enttäuschen, denn auch der Ellenbogen lässt sich künstlich ersetzen – wir erklären wie.

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