Klinik vor Ort: Die Sehne mit den absoluten Superkräften

In der Serie "Klinik vor Ort" berichtet die Redakteurin Inga Mennen M. A. in Zusammenarbeit mit dem Chirurgen Dr. Bernd Sauer aus dem Krankenhaus Wittmund. Heute: Die Achillessehne kann bis zu 1000 Kilogramm aushalten – Entzündungen werden mit Stoßwellen behandelt.
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In jedem von uns steckt ein Stück griechische Mythologie. Denn wir alle haben sie – die Achillessehne. Achilleus ist ein beinahe unverwundbarer Heros der Griechen. Und fast – aber eben nicht immer – unverwundbar ist auch die Sehne, die unseren Wadenmuskel mit dem Fersenknochen verbindet. Sie kann absolute Superkräfte entwickeln, denn die Sehne hält, wie PD Dr. Matthias Lerch, Chef der Orthopädie und Unfallchirurgie, Hand- und Fußchirurgie sowie Sportmedizin im Krankenhaus Wittmund, erklärt, enormen Kräften stand.

Für den Laien erklärt PD Dr. Matthias Lerch anhand eines Gummibandes die Funktion der Achillessehne. ©Inga Mennen M.

„Die Achillessehne ist die belastbarste, sie hält 500 bis 1000 Kilogramm pro Quadratzentimeter aus“, sagt der Chirurg. Sie wirkt also wie ein Stahlseil. Die Hauptaufgabe der Achillessehne ist die Kraftübertragung der Wadenmuskulatur auf die Ferse und den Fuß. Dadurch ermöglicht sie die Beugung des Fußes, das heißt: Der Vorfuß wird kraftvoll nach unten gezogen. Diese Bewegung ist wesentlich für den Abstoß des Fußes beim Gehen und Laufen. Dieses Kraftpaket ist ungefähr acht Zentimeter lang und hat einen Durchmesser von einem bis zwei Zentimetern. „Wenn die Sehne entspannt wird, wird sie mit Nährstoffen versorgt, denn sie hat keine eigenen Blutgefäße“, erklärt Matthias Lerch. Wird die Sehne angespannt, werden Giftstoffe aus diesem salopp gesagt, Seil gepresst. Wichtig für eine gesunde Sehne ist also die Bewegung.

Nikotin oder Übergewicht können ihre Reißfestigkeit negativ beeinflussen. Folge kann auch eine Entzündung sein, dann lösen sich einzelne Fasern der Sehne, die verhärten können.

Peitschengeräusche, wenn sie reißt

Die Beschwerden äußern sich zunächst als Anlaufschmerzen oder unter Belastung. „Es ist wichtig, ein gesundes Mittelmaß für die Belastbarkeit zu finden. Bei Profisportlern oder gar Tänzern ist die Sehne mehr als normal beansprucht“, sagt Lerch, der von Balletttänzerinnen erzählt, die trotz gerissener Achillessehne weitertanzten. Nach einem Achillessehnenriss ist das betroffene obere Sprunggelenk aber nur noch sehr eingeschränkt funktionstüchtig. Wenn überhaupt, ist es nur unter starken Schmerzen möglich, den Fuß aufzusetzen und zu belasten.

Entzündungen dieses menschlichen Kraftpaketes lassen sich meist mit konservativen Maßnahmen, sprich Ruhigstellung und Physiotherapie, in den Griff bekommen. Auch mit Stoßwellen, das sind energiereiche mechanische Wellen, die außerhalb des Körpers erzeugt werden, kann die Entzündung behandelt werden. Sie fördern den Stoffwechsel und die Durchblutung im erkrankten Gewebe und beschleunigen die Heilung der Sehne. Auch eine Reizung der Schleimbeutel oder Kalkeinlagerungen können mittels Stoßwellen behandelt werden. Reißt die Sehne aber, dann ist meistens ein operativer Eingriff unvermeidbar.

„Ja, sie kann schreckliche Geräusche machen, wenn sie reißt wie eine Peitsche“, sagt Dr. Lerch. Die Selbstheilungskräfte unseres Körpers ermöglichen, dass er den Defekt selber beseitigt, die Sehne wieder zusammenwächst. Der Prozess wird um die sechs Wochen dauern. Die Folge ist aber, so der Chefarzt, dass sich die Sehne dann verlängert und sie daher sie nicht mehr die Spannung wie vor der Verletzung hat.

Je nach Patient empfiehlt sich dann die Operation – die erfolgt übrigens meistens für den Patienten auf dem Bauch liegend. Vor allem im Sommer, wenn die Menschen aktiver sind in ihrer Freizeit, landen auch in Wittmund mehr Achillessehnen auf dem Operationstisch. „Da können es schon mal zwei bis drei pro Woche sein“, erklärt der zertifizierte Fußchirurg.

Sie reißt oft an der dünnsten Stelle

Oftmals reißt sie an der dünnsten Stelle in der Mitte. Dort ist ihre Versorgung auch am schlechtesten, da sie weit entfernt ist vom Muskel und dem Fersenknochen. In seltenen Fällen kann es aber auch zu einem Abriss am Wadenmuskel kommen. „Das wird dann schon ein wenig komplizierter“, erklärt Matthias Lerch. Denn es gibt nicht nur einen glatten Riss, sondern damit einhergeht eine nicht unerhebliche Verletzung des Muskels selbst. In einem solchen Fall kann der Chirurg die Sehne wieder mit dem Muskel verbinden, der Heilungsprozess wird aber dauern.

Ein Stück vom Knochen entfernen

Bei einem Riss mittig werden die einzelnen Bestandteile wieder zueinandergeführt und miteinander vernäht. Der Arzt schneidet die Haut über der gerissenen Achillessehne auf, entfernt zerrissene und abgestorbene Sehnenanteile und näht die Sehnenenden wieder zusammen. Das geht in der Regel verhältnismäßig schnell. „Etwa 20 Minuten dauert der Eingriff“, erklärt Dr. Matthias Lerch. Auch wenn die Sehne am Fersenkonchen abgerissen ist, kann die Medizin helfen. „Ich entferne dann ein Stück des Knochengewebes, um die Sehne mit Ankern an dem gesunden Knochen zu fixieren, dann wird sie wieder gut versorgt und kann anwachsen“, erklärt der Facharzt. In allen Fällen wird der Patient nach dem Eingriff einen Spezialschuh tragen müssen. Hierbei wird der Fuß ähnlich wie bei einem Absatzschuh, in eine Spitzfußstellung gebracht. Dadurch können die Sehnenenden einen Kontakt herstellen. Nach und nach wird der Fuß dann zurück in die Normalstellung gebracht.

Ärzte mit Spezialisierung auf Fuß und Sprunggelenk, Stoßwellentherapie und Achillessehnenriss in der Umgebung von Ashburn

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