Gelenkverschleiß frühzeitig erkennen und behandeln
Frankfurt – In Deutschland sind mehr als 50 Prozent der Frauen und ein Drittel der Männer über 60 Jahren von Arthrose betroffen. Millionen Menschen kämpfen Tag für Tag mit Schmerzen, Entzündungen, Schwellungen und Bewegungseinschränkungen. Die Behandlungskosten für Arthrose belasten das Gesundheitssystem nach Expertenschätzung jährlich mit rund sieben Milliarden Euro, verbunden mit hohen Ausfallzeiten am Arbeitsplatz und Frühverrentung. Trotzdem sei das Problem Arthrose in der Öffentlichkeit viel zu wenig bekannt, werde viel zu wenig Geld in die Erforschung der Volkskrankheit investiert, so die Deutsche Initiative Arthroseforschung.
Lange dachten Forscher, Arthrose sei vor allem die Folge von Gelenkverschleiß. Heute gilt als sicher: auch aggressive körpereigene Enzyme sind wesentlich an der Entstehung und dem Fortschreiten der Krankheit beteiligt. Im Forschungsbereich für Arthrose an der Orthopädischen Universitätsklinik Friedrichsheim in Frankfurt arbeiten Wissenschaftler und Mediziner an den Behandlungsmethoden der Zukunft, vor allem aber an Möglichkeiten, um Arthrose in einem sehr frühen Stadium zu diagnostizieren.
Studien zu Arthroseursachen bisher selten
„Die Arthroseforschung konzentrierte sich in der Vergangenheit ausschließlich auf die Verbesserung des Gelenkersatzes“, sagt Prof. Dr. Andrea Meurer, Ärztliche Direktorin der Orthopädischen Universitätsklinik und Initiatorin der Deutschen Initiative Arthroseforschung. „Zudem fehlte das Geld: Bei der Finanzierung medizinischer Forschungsprojekte haben in der Regel Studien zu Krebs, Diabetes oder Herzkrankheiten Vorrang, weil sie häufiger junge Menschen betreffen, akut lebensbedrohlich sein können und hohe Kosten verursachen“, so Meurer.
Um die patientennahe Arthroseforschung zu fördern, wurde 2016 eine neue Abteilung für Arthroseforschung innerhalb der Frankfurter Universitätsklinik gegründet. Der Biochemiker und Molekularbiologe Prof. Dr. Frank Zaucke ist Leiter dieser Abteilung und gehört zu den wenigen Wissenschaftlern in Deutschland, die sich als Grundlagenforscher dieser Krankheit widmen. Finanziert wurde der Forschungsbereich bisher weitgehend aus einer 4,2 Millionen Euro-Spende der Dr. Rolf M. Schwiete Stiftung.
Ziel: Arthrose im Anfangsstadium stoppen
Die Suche nach besseren Diagnose- und wirkungsvolleren Behandlungsmöglichkeiten von Arthrose kam bisher aber nur langsam voran. „Unser wichtigstes Ziel ist, die Krankheit bereits in einem frühen Anfangsstadium zu erkennen, ihren Verlauf zu verlangsamen und so den Gelenkersatz zu verhindern“, so Zaucke. Ein Ansatzpunkt sei dabei, Abbauvorgänge zu identifizieren, die bereits stattfinden, bevor die Arthrose im Röntgenbild zu erkennen ist. Beim Abbau des Knorpels entstehen Fragmente, die zum einen als prognostische Biomarker zur Diagnose der Erkrankung dienen, zum anderen kann die Hemmung der abbauenden Enzyme das Fortschreiten und die Ausprägung der Erkrankung verlangsamen.
Aktuell tüfteln die Wissenschaftler in Frankfurt auch an einer Methode, mit der sich winzige Knorpeldefekte reparieren lassen. „Das funktioniert ein bisschen wie eine Füllung beim Zahnarzt“, erklärt Zaucke. In Zukunft sollen in Frankfurt Behandlungsstrategien entwickelt werden, um möglichst vielen Patienten auch ohne Gelenkersatz wirksam helfen zu können.
Weitere finanzielle Unterstützung erhält der Forschungsbereich für Arthrose mittlerweile über ein von der Europäischen Union gefördertes Netzwerk sowie im Rahmen eines Projektes für die Deutsche Forschungsgemeinschaft.
Deutsche Initiative Arthroseforschung 2017 ins Leben gerufen
Die Initiative soll die Arbeit von Kliniken und Ärzten auf dem Gebiet deutschlandweit koordinieren und den Aufbau von weiteren Forschungsnetzwerken fördern. Unterstützt werden die Forscher in ihrem Bemühen auch durch Prof. Dr. Rita Süssmuth. Die frühere Bundestagspräsidentin ist prominente Botschafterin und Schirmherrin der Initiative. Auch mit ihrer Unterstützung sollen politische Entscheidungsträger und die Öffentlichkeit für das wachsende Problem Arthrose sensibilisiert werden. Die Forscher erhoffen sich dadurch die Bereitstellung weiterer finanzieller Mittel, um die Erforschung der Krankheit künftig noch schneller voranzubringen.
Quelle: Orthopädische Universitätsklinik Friedrichsheim
Literatur und weiterführende Links
Orthinform-Interview mit dem Leiter des Forschungsbereichs Prof. Zaucke