Diagnostik in Orthopädie & Unfallchirurgie: Röntgen

Den besten ganzheitlichen Eindruck über den Haltungs- und Bewegungsapparat erhält der Orthopäde durch Sehen und Ertasten des gesamten Körpers des Patienten. Ergänzende orthopädische Untersuchungsmöglichkeiten sind die sogenannten bildgebenden Verfahren.
©Dirk Rothe - stock.adobe.com

Was ist Röntgen?

Im deutschsprachigen Raum werden die unsichtbaren Strahlen, die Wilhelm Conrad RÖNTGEN am 8. November 1895 in Würzburg entdeckte, Röntgenstrahlen genannt. Die diagnostische Anwendung in der Medizin wird als Röntgenuntersuchung oder verkürzt als Röntgen bezeichnet. Außerhalb Deutschlands und der deutsch sprechenden Nachbarländer werden diese Strahlen „X-Strahlen“ genannt und die entsprechende Diagnostik „XRay“.

Wilhelm Conrad RÖNTGEN informierte die Physikalisch Medizinische Gesellschaft zu Würzburg schriftlich „Über eine neue Art von Strahlen“ und erhielt 1901 für seine Entdeckung den ersten Nobelpreis für Physik.

Eine Röntgenröhre erzeugt ionisierende Strahlung, die den Menschen und viele Materialien durchdringt. Schutz bieten Schürzen und Wände aus einer entsprechend dicken Bleischicht. In der medizinischen Diagnostik wird weiche Strahlung durch eine niedrige Spannung in der Röntgenröhre zwischen 25 und 35 Kilovolt (kV) erzeugt und zur Darstellung feiner Strukturen im Gewebe verwendet, wie bei der Mammografie, der Röntgendiagnostik der weiblichen Brust. Das Brustgewebe absorbiert dabei deutlich mehr Strahlung als bei der Anwendung harter Strahlung über 100 kV zur Diagnostik von Veränderungen an Knochen und Gelenken, wie es in der Orthopädie üblich ist. Das Röntgenbild, das bei der Untersuchung erzeugt wird, ist eine zweidimensionale Darstellung eines dreidimensionalen Objektes, wie z.B. eines Kniegelenks.

Die Strahlung durchdringt Luft vollständig und schwärzt die „Röntgenplatte“, während sie in knochendichten Strukturen absorbiert wird und diese Objekte weiß darstellt. Röntgenbilder sind somit Negativaufnahmen des knöchernen Skeletts.

Um die räumliche Lage wie beispielsweise der Kniescheibe oder von Frakturen erkennen zu können, müssen Röntgenaufnahmen aus mindestens zwei verschiedenen Blick- bzw. Projektionsrichtungen angefertigt werden.

Abb. 1: Röntgenbilder eines linken Kniegelenks von der Seite und von vorne

Auf der linken Abbildung (Ansicht von der Seite) ist die Lage der Kniescheibe gut sichtbar, während sie rechts in der Aufsichtsaufnahme (Ansicht von vorne) in der Dichte des Oberschenkelknochens fast vollständig verschwindet und damit nicht beurteilt werden kann. Eventuell sind noch mehr Aufnahmen in weiteren Projektionsrichtungen erforderlich, um kleine Veränderungen an Knochen sehen zu können. Häufig ist dies der Fall nach einem Sturz auf die ausgestreckte Hand mit dem Verdacht auf einen Kahnbeinbruch.

Röntgenstrahlen werden während Operationen auch als Röntgendurchleuchtung angewendet, um z.B. die genaue Position von Fragmenten (Knochenbruchstücke) bei ihrer chirurgischen Verbindung mittels Schrauben oder Platten zu überprüfen. Die dritte Technik der Anwendung von Röntgenstrahlen ist die Computertomografie.

Strahlenbelastung

Röntgenstrahlen sind elektromagnetische Strahlen, die bei der Durchdringung des menschlichen Körpers Strahlenschäden verursachen können. Die Schäden hängen von der Strahlendosis ab, die auf unterschiedlich strahlenempfindliche Gewebe bzw. Organe einwirkt. Die effektive Strahlendosis ist die Strahlenbelastung, auch als Strahlenexposition bezeichnet, für den gesamten Menschen und wird in der physikalischen Einheit Sievert bzw. in Milli-Sievert (mSv) oder Mikro-Sievert (μSv) angegeben. 1.000 μSv = 1 mSv = 0,001 Sv bzw. 1 Sv = 1.000 mSv = 1.000.000 μSv.

Auf der Erde sind wir einer natürlichen, sogenannten Hintergrundstrahlung ausgesetzt. Sie ist die Summe aus kosmischer Strahlung aus dem Weltraum, terrestrischer Strahlung aus dem Boden und Gesteinen und aus dem Element Radon in Häusern und beläuft sich nach Angabe des Bundesamtes für Strahlenschutz in Deutschland auf durchschnittlich 2,1 mSv = 2.100 μSv jährlich. Für eine einzelne Person können sich dabei abhängig vom Wohnort sowie von den Ernährungs- und Lebensgewohnheiten Unterschiede von etwa 1 mSv bis zu 10 mSv im Jahr ergeben.

Die natürliche Strahlenexposition ist weltweit regional sehr unterschiedlich und besonders von der jeweiligen Ortshöhe abhängig. Reisende sind bei einem Transatlantikflug in 10.000 bis 12.000 Höhenmetern je nach Flugroute einer Strahlenbelastung von ungefähr 0,03 mSv ausgesetzt. Die Strahlenbelastung bei einer Röntgenaufnahme des Brustkorbs liegt bei einer effektiven Strahlendosis von 0,1 mSv und entspricht etwa einer Strahlenexposition von drei Transatlantikflügen oder ist vergleichbar mit natürlicher Bestrahlung in Deutschland während 17 Tagen.

Erst wenn in Deutschland von einer Person innerhalb eines Jahres jeden Monat zwei Röntgenaufnahmen des Brustkorbs gemacht würden, entspräche die Strahlenexposition durch Röntgen ungefähr der jährlichen natürlichen Strahlung. In etwa dieser Größenordnung liegt die jährliche effektive Dosis für fliegendes Personal, das damit zu den am stärksten durch Strahlung exponierten Berufsgruppen gehört. Die Strahlenbelastung bei einer Mammografie ist so hoch wie die von sieben Röntgenaufnahmen des Brustkorbs oder etwa wie vier Monate natürliche Bestrahlung.

Da Röntgenstrahlen am Menschen Schäden verursachen können, gibt es in Deutschland seit 1987 eine „Verordnung über den Schutz vor Schäden durch Röntgenstrahlen Röntgenverordnung – RöV)“, die am 31.12.2018 vom neuen Strahlenschutzgesetz (StrlSchG) und einer neuen Strahlenschutzverordnung (StrlSchV) ersetzt worden ist.

Für Patienten ist es optimal, eine möglichst lückenlose Aufzeichnung der durchgeführten Röntgenuntersuchungen in einen Röntgenpass einzutragen. Der Röntgenpass muss vom Patienten selbst verwahrt werden. Ein gut geführter Röntgenpass ist sehr hilfreich, den Überblick zu behalten.

Auf der Internetseite vom Bundesamt für Strahlenschutz kann sich jeder einen Röntgenpass sofort herunterladen, ausdrucken und als Patient zum Arzt mitnehmen: https://www.bfs.de/SharedDocs/Downloads/BfS/DE/broschueren/ion/zusatzinfos/roentgenpass.html

Es ist zwingend vorgeschrieben, dass nur der Arzt die rechtfertigende Indikation zum Röntgen stellen darf! Er muss mittels direkten Patientenkontaktes klären, ob überhaupt geröntgt werden
muss, und er hat die Röntgenassistentin anzuweisen, welche Körperregion in welchen Ebenen, also Projektionsrichtungen, geröntgt wird. Deshalb sollten folgende Tipps beachtet
werden.

ACHTUNG! Für Patienten:

Lassen Sie sich nur röntgen, wenn ein Arzt Sie direkt kontaktiert und ggf. untersucht hat, mit Ihnen die Notwendigkeit einer Röntgenuntersuchung besprochen und Sie über die Durchführung aufgeklärt hat. Verweigern Sie andernfalls die Röntgenuntersuchung, da Sie sonst eventuell eine unnötige und risikobehaftete Strahlenbelastung erhalten.

ACHTUNG! Für Röntgenassistentinnen:

Führen Sie Röntgenuntersuchungen nur durch, wenn die rechtfertigende Indikation des Arztes vorliegt und Sie vom Arzt die Anweisung über die zu röntgende Körperregion erhalten haben. Andernfalls stellt es eine verbotene Handlung dar.

Eine ausführliche Erklärung zu den Diagnostikmethoden in der Orthopädie finden Sie in dem Buch „ORTHOPÄDIE VERSTEHEN“ von Herrn Dr. med. Jürgen Kosel.

Informationen zum Buch

ORTHOPÄDIE VERSTEHEN, Herausgeber: BoD – Books on Demand, ISBN: 978-3-7534-8003-9, Autor: Dr. med. Jürgen Kosel, 546 Seiten, Preis: 38,80 €

Link zur Webseite des Buches mit weiteren Informationen und Leseproben.

Link zur direkten Bestellung im Buchshop des Verlags.

Ärzte mit der Diagnostischen Methode Röntgen (fachgebunden) in der Umgebung von Ashburn

Passende Lexikonartikel

×

Dieser Chatbot liefert allgemeine Informationen und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.

Fehler: Ihr Standort konnte nicht ermittelt werden.

Leider konnten wir mit Hilfe des Browsers Ihren ungefähren Standort nicht ermitteln, weitere Informationen erhalten sie auf der Seite aktueller Standort.