Die Schulter: Dreh- und Angelpunkt

Der Alltag stellt hohe Anforderungen an das Schultergelenk. Wir brauchen eine frei bewegliche Schulter, um zahlreiche Tätigkeiten des täglichen Lebens auszuführen – denken Sie beispielsweise ans Haare kämmen. Darüber hinaus sind schmerzfreie kräftige Bewegungen über dem Kopf unerlässlich, um zahlreiche Berufe oder Sportarten ausüben zu können.
©peterschreiber.media - stock.adobe.com

Ein griechischer Mythos: Atlas, einer der Titanen, Sohn der Gaia und des Uranus, König des Sagen umwobenen Atlantis, wollte einst den Götterhimmel stürmen und Zeus von seinem Throne stoßen. Bitter war die Strafe, die ihm auferlegt wurde. An den äußersten Rand der Welt verbannt, an der Grenze zwischen Nacht und Chaos, musste er ausharren und das Himmelsgewölbe auf seinen Schultern tragen.

Das ganze Himmelsgewölbe – abgeladen auf einer Schulter? Das Gelenk, das uns das Bewegen und Heben unserer Arme ermöglicht, ist relativ fragil. Das liegt daran, dass der kugelige Oberarmkopf in einer relativ flachen Schulterpfanne ruht. Die Gesamtbeweglichkeit in der Schulter wird nur unter Mitwirkung so genannter Nebengelenke ermöglicht. Dazu zählen die Bewegung des Schulterblatts auf dem Brustkorb sowie die Beweglichkeit des Schulterdachs gegenüber dem Schlüsselbein. Das Schulterdach ist der Bereich oberhalb des Oberarmkopfes und der Sehnen und Muskeln, die ihn bedecken. Es setzt sich aus dem eigentlichen knöchernen Schulterdach sowie den straffen Bandverbindungen zum so genannten Rabenschnabelfortsatz – das ist die obere, schnabelförmige Außenkante des Schulterblattes - zusammen und bildet so ein erweitertes Lager für den Oberarmkopf.

Die Muskulatur des Schulterbereichs entscheidet darüber, welche Kraft wir mit unserem Arm entwickeln können, um Gegenstände zu heben, zu ziehen, zu schieben oder auch wegzuhalten. Auf der einen Seite wird ein hohes Bewegungsausmaß im Schultergelenk gefordert, gleichzeitig muss das Schultergelenk genügend stabil sein. Die Gelenkpartner müssen auch bei ausholenden Bewegungen oder unter entsprechender Krafteinwirkung unverändert in Kontakt bleiben, damit die Aktion kontrolliert und sicher durchgeführt werden kann, ohne dass es zu einem Ausrenken des Schultergelenks kommt.

Bänder sichern die Gelenke

Insgesamt ist die Kontaktfläche zwischen dem großen Oberarmkopf und der verhältnismäßig kleinen Schulterpfanne nur sehr gering. Die Stellung dieser beiden Gelenkpartner zueinander kann deshalb nur durch zusätzliche Kapselbandstrukturen gesichert werden. Diese Kapselbandstrukturen dienen der sogenannten passiven Stabilisierung des Gelenks. Die verhältnismäßig kleine Schulterpfanne ist von einem ringförmigen Faserknorpel, dem Labrum, umgeben. Dieses Labrum vergrößert die Kontaktfläche zwischen Schulterpfanne und Oberarmkopf. Außerdem sichert die Gelenkkapsel die Position des Oberarmkopfes in der Schulterpfanne. Drei kräftige Bänder stärken die Gelenkkapsel im vorderen Bereich. Die lange Bizepssehne wirkt zusätzlich stabilisierend. Sie verläuft oberhalb des Oberarmkopfes durch das Schultergelenk und setzt am oberen Pol der Schulterpfanne an. Sie verlässt das Schultergelenk durch eine kleine Knochenrinne im vorderen äußeren Gelenkanteil.

Muskeln führen das Gelenk

Entscheidend für die Stabilität des Schultergelenks ist, dass es von der umgebenden Muskulatur gestützt und geführt wird. Die sogenannte Rotatorenmanschette, die sich einem Korsett gleich um das Gelenk legt, besteht aus insgesamt vier Muskeln, die vom vorderen und hinteren Anteil des Schulterblatts entspringen. Diese vier Muskeln entscheiden sie über Art und Ausmaß der Bewegung des Arms im Schultergelenk. Ohne sie wären sowohl ein seitliches Anheben des Arms als auch Drehbewegungen im Schultergelenk stark eingeschränkt. Die Sehnen der Rotatorenmanschette stabilisieren darüber hinaus den Oberarmkopf in der Schulterpfanne und wirken einem Höhertreten des Oberarmkopfes und damit einem Reiben oder Anschlagen am Schulterdach entgegen.

Bei älteren Menschen sind diese Muskeln und Sehnen häufig verschlissen. Für die Betroffenen geht das oft mit schmerzhaften Bewegungseinschränkung im Schultergelenk einher. Manche können den Arm nicht mehr anheben.

Die Rolle des Schleimbeutels

Schleimbeutel in Gelenken fungieren allgemein als Verschiebeschicht und Puffer zur besseren Druckverteilung zwischen den Gelenkpartnern. Der Schleimbeutel der Schulter, Bursa subacromialis genannt, befindet sich zwischen der Sehnenplatte der Rotatorenmanschette und der Unterseite des Schulterdachs. Sie kann sich unterschiedlich weit ausdehnen und bis nach vorne zum Rabenschnabelfortsatz reichen. Bei Reizungen, etwa wenn bei ungewohnten Belastungen vermehrter Druck auf das Schultergelenk ausgeübt wird, kann sich im Schleimbeutel eine Flüssigkeit ansammeln. In diesem Fall wird der ohnehin sehr begrenzte Raum zwischen Schulterdach und Oberarmkopf zu eng; in der Schulter kommt es zu einem Druckgefühl und zu Schmerzen.

Muskulatur des Schultergürtels

Die Rotatorenmanschette wirkt im Verborgenen rund um das Gelenk. Das sichtbare Muskelspiel im Bereich der Schulter wird dies von drei anderen Muskeln gebildet: dem Schulterkappenmuskel, dem Deltamuskel und dem Trapezmuskel. Der Deltamuskel verläuft vom vorderen mittleren und hinteren Anteil des Schulterdachs zum Oberarm und umschließt dabei das Schultergelenk. Im Nackenbereich ist vor allem der Trapezmuskel formgebend. Er erstreckt sich von der Hals- und Brustwirbelsäule trapezförmig bis zum Schulterdach.

Ergänzt werden die eigentlichen Schulter- und Schultergürtelmuskeln durch Brust- und Rückenmuskeln, die den Oberarm nach vorne, nach hinten und an den Körper heran bewegen und außerdem die Innen- und Außendrehung unterstützen.

Die Gelenkschleimhaut der Schulter

Die Innenauskleidung des Schultergelenks ist die Gelenkschleimhaut (Synovialis). Sie liegt der Gelenkkapsel von innen auf und produziert Gelenkflüssigkeit (Synovia). Der Synovia kommt eine wichtige Rolle bei der Ernährung des Gelenkknorpels und der im Gelenk gelegenen Strukturen zu, da im Gelenk selber keine Blutgefäße vorhanden sind. Verschiedene entzündliche Krankheitsbilder können zu einer Reizung der Synovialis führen. Diese führt dazu, dass die Synovialis verstärkt durchblutet und vermehrt Gelenkflüssigkeit gebildet wird. In solchen Fällen entsteht ein Gelenkerguss, der Schmerzen und ein Spannungsgefühl in der Schulter verursachen kann.

Knorpel für die Bewegung

Damit sich Oberarmkopf und Gelenkfrei reibungsfrei auf- und miteinander bewegen können, sind sie mit einer Knorpelschicht überzogen. Der Knorpel wird durch die Gelenkschmiere und ihre Inhaltsstoffe ernährt. Wenn sich der Arm bewegt und die Druckbelastung sich verändert, wird Gelenkflüssigkeit an den Knorpel gepumpt. Gleichzeitig werden Stoffwechselabfallprodukte (Schlacke) abtransportiert. Dieser Ernährungsvorgang, an dem die Durchblutung keinen Anteil hat, wird auch Diffusion genannt. Er ist für eine gute Knorpelernährung entscheidend.

Was kann die Schulterschule?

Mit Hilfe der Schulterschule können Verhaltensmaßnahmen für den Alltag eingeübt werden, mit denen die Schultergelenke geschont werden können. So können ein Schulterschaden vermieden und mit täglichen Gymnastik-Übungen die Gelenkfunktion der Schulter verbessert werden.

Die zehn wichtigsten Regeln

  • Du sollst dich bewegen.
  • Vermeide langes Nach-vorne-Halten der Arme.
  • Trage Lasten nah am Körper.
  • Verhalte dich rückengerecht.
  • Vermeide Druck auf die Schulter (z.B. Liegen auf der Seite).
  • Vermeide ausfahrende Bewegungen (nutze Hilfsmittel).
  • Vermeide Überkopfarbeiten.
  • Vermeide forciertes Abstützen mit den Armen.
  • Treibe schulterfreundliche Sportarten.
  • Trainiere täglich deine Schultermuskeln.

externes Bild:

Ärzte mit der Spezialisierung Schulter und Oberarm in der Umgebung von Ashburn

Passende Lexikonartikel

Fehler: Ihr Standort konnte nicht ermittelt werden.

Leider konnten wir mit Hilfe des Browsers Ihren ungefähren Standort nicht ermitteln, weitere Informationen erhalten sie auf der Seite aktueller Standort.