Die häufigsten Sportverletzungen - Handball
Herr Dr. med. Gerd Rauch ist betreuender Verbandsarzt des deutschen Leichtathletik-Verbandes in Nordhessen. Neben dem MT-Melsungen als 1. Bundesliga-Handballmannschaft betreut er auch die 2. Bundesliga-Handballmannschaft der Frauen von Kirchhof 09 und zusätzlich die Bundeliga-Jugendmannschaften zusammen mit dem orthopädischen Kollegen Dr. Frank Döring.
Warum haben Sie sich auf Handball spezialisiert?
Dr. Gerd Rauch: Eine Mannschaft auf erstem Bundesliga-Niveau ist für einen Sportmediziner besonders interessant, da die Spitzensportmedizin Höchstleistungen auf allen Gebieten der Sportmedizin abverlangt. Auch in der 1. Handball-Bundesliga erfolgt die Betreuung im Team natürlich durch den Mannschaftstrainer, den Athletiktrainer, durch das Physiotherapeuten-Team.
Welche Sportverletzungen sind in dieser Disziplin am häufigsten?
Dr. Gerd Rauch: Am häufigsten sind Muskelverletzungen mit Zerrungen bis hin zum Muskelbündelriss. Daneben treten Bandverletzungen am Sprunggelenk sowie Fingerverletzungen mit Distorsionen auf. Danach folgen die Major-Verletzungen wie vordere Kreuzbandrupturen mit begleitenden Meniskusrissen, Schultergelenksverletzungen mit Schultergelenksluxationen und Rotatorenmanschetten-Verletzungen. So hatten wir in der letzten Saison schwer verletzte Spieler, unter anderem mit einer vorderen Kreuzbandruptur, einem Mittelfußbruch, einer Sprunggelenksluxationsfraktur, einem sehr langwierigen Riss der Plantaraponeurose sowie einer sehr langwierigen Verletzung nach Schulterdistorsion, die alle zu mehrwöchigen Ausfällen bzw. bei der Sprunggelenksluxationsfraktur zu einer knapp viermonatigen Spielpause und bei der vorderen Kreuzbandruptur zu einer knapp achtmonatigen Spielpause führten. Sicherlich entsteht dann ein extremer Druck auf die restlichen Spieler, auf den gesamten Trainerstab und natürlich auch auf die medizinische Abteilung, um möglichst schnell ein RTC (Return to Competition) zu erreichen.
Was ist Ihrer Meinung nach die beste Verletzungsprävention?
Dr. Gerd Rauch: Dies lässt sich natürlich nicht in einem Satz sagen. Es gibt allgemeine Präventionsmaßnahmen mit Muskeltraining, insbesondere auch der Körperstammmuskulatur (Core-Training), Extrem-Ausdauertraining, ein exaktes Regenerationsprogramm mit ausreichendem Schlaf und entsprechender Ernährungssubstitution von natürlichen Proteinen und Spurenelementen unter laborchemischer Kontrolle. Daneben gibt es spezifische Präventionsmaßnahmen, gerade zur Verhinderung von Verletzungen der Sprunggelenke und vorderen Kreuzbandrupturen. Hier ist nur das 4×4-Programm der Verwaltungs-BG, Handballtraining, aber auch das Programm FIFA 11+ sowie das STOP-X-Programm der Deutschen Kniegesellschaft zu nennen. Gerade diese gezielten Präventionsmaßnahmen führen zu einer signifikanten Reduktion der vorderen Kreuzband- und Sprunggelenksverletzungen. Daneben werden die Spitzenspieler natürlich ständig von den Physiotherapeuten behandelt, um muskuläre Dysbalancen zu verhindern, insbesondere auch Verkürzungen der Muskulatur zu therapieren.
Gerade die Verhinderung von Muskelverletzungen, besonders im Oberschenkelbereich, ist im Hand- und Fußballsport von eminenter Bedeutung, da sie die meisten Ausfallzeiten hervorrufen. Sowohl im Wettkampfspiel als auch während der Trainingsmaßnahmen, ist ein gezieltes Warm-up und nach der Belastung ein Cool-down ein wichtiger Part in der Trainingssteuerung und Leistungsprophylaxe. Wichtig ist, dass gerade die gezielten Übungen von den Profi-Sportlern und Bundesliga-Mannschaften auf die unteren Ligen und insbesondere auf die Kinder und die betreuenden Trainer bei Jugendmannschaften als Vorbild abfärben, so dass die Kinder und auch die Freizeitsportler diese Übungen als selbstverständlich sehen und regelmäßig umsetzen.
Das Interview führte Janosch Kuno, Presse- und Öffentlichkeitsmitarbeiter des Berufsverbandes für Orthopädie und Unfallchirurgie.