Morbus Ahlbaeck

Der Morbus Ahlbaeck ist eine seltene Erkrankung, die sich durch ein spontan auftretendes Absterben von Knochengewebe (Osteonekrose) am Kniegelenk auszeichnet. Dabei ist meist die innere Oberschenkelrolle an der Innenseite des Gelenks betroffen.

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Die oft weiblichen Patienten höheren Alters leiden anfangs unter plötzlich auftretenden Schmerzen, einer Gelenkschwellung und Flüssigkeitsansammlungen im Gelenk (Ergüsse), ohne dass zuvor eine entsprechende Verletzung aufgetreten ist. Die Erkrankung wurde nach dem Stockholmer Radiologen Ahlbaeck benannt, der das Krankheitsbild als einer der ersten 1968 beschrieb.

Abb. 1: Aufbau des Kniegelenks; der Morbus Ahlbaeck tritt meist an der inneren Oberschenkelrolle auf.(Quelle: Henrie/Fotolia)

Auftreten und Häufigkeit

Die Erkrankung kann sowohl an der Innenseite als auch seltener an der Außenseite des Kniegelenks auftreten, in etwa sieben Prozent der Fälle sind beide Kniegelenke betroffen.

Die Erkrankung tritt vorwiegend im höheren Lebensalter auf, vereinzelt können Patienten aber auch bereits im mittleren Lebensalter davon betroffen sein. Der Morbus Ahlbaeck tritt bei Frauen häufiger auf als bei Männern.

Ursachen und Risikofaktoren

Die genauen Ursachen der Erkrankung sind noch nicht abschließend geklärt. Bereits bekannte Einflussfaktoren sind Durchblutungsstörungen, Fettstoffwechselstörungen, Gicht, Alkoholismus und Zuckerkrankheit (Diabetes mellitus). Weitere Risikofaktoren können auch vorangegangene Meniskusverletzungen und Achsfehlstellungen (meist O-Bein) sein.

Symptome und Verlauf

Bei erkrankten Patienten zeigt sich ein akut einsetzender Belastungs- und Ruheschmerz an den betroffenen Gelenkbereichen, der den Schmerzen bei einem eingeklemmten Meniskus ähnelt. Weitere Symptome sind Kapselschwellungen, unspezifische Flüssigkeitsansammlungen im Gelenk (Ergüsse), Schonhinken, Bewegungseinschränkungen und eine zunehmende Verschiebung der Beinachse hin zu einem O-Bein. Unbehandelt führt die Erkrankung schließlich zu einem Verschleiß des Kniegelenks (Kniearthrose). Im Anfangsstadium sind allerdings auch Spontanheilungen möglich.

Diagnose

Die wichtigsten Differentialdiagnosen, die vom Arzt zunächst ausgeschlossen werden müssen, sind Osteochondrosis dissecans OCD (hier ist primär der Knorpel betroffen, beim Morbus Ahlbaeck kommt es erst sekundär zum Knorpelschaden), verschleißbedingte Meniskusverletzungen und eine Kniearthrose durch Fehlbelastung bei Achsfehlstellungen. Daneben sind unter anderem bakterielle (auch tuberkulöse) Entzündungsherde oder weitere Knochennekrosen, verursacht zum Beispiel durch die Bluterkrankheit oder die lange Einnahme von Kortikosteroiden, mögliche Differentialdiagnosen.

Bei der Diagnostik ähneln die Befunde von Patienten mit Morbus Ahlbaeck oft sogenannten „Flake fractures“, kleinen Abriebstellen des Knorpels und gegebenenfalls auch angrenzender Knochenstücke, diese entstehen jedoch unfallbedingt. Eine sorgsame Erhebung der Krankengeschichte (Anamnese) und körperliche Untersuchung des Patienten ist daher notwendig.

In den Anfangsstadien war der Morbus Ahlbaeck nur mit Hilfe einer Szintigraphie (bildgebendes Verfahren) erkennbar, das Röntgenbild ist unauffällig, später ist das absterbende Knochengewebe dann auch bei einer Röntgenuntersuchung erkennbar. In den letzten Jahrzehnten haben sich die Möglichkeiten einer frühen Diagnose durch die Kernspintomographie (MRT) und die Arthroskopie verbessert.

Da der Morbus Ahlbaeck jedoch eine eher seltene Erkrankung ist, sollte die Durchführung eines MRT erst dann erfolgen, wenn die Basisdiagnostik mit Anamneseerhebung, klinischer Untersuchung, konventionellem Röntgen und gegebenenfalls Ultraschalluntersuchungen durchgeführt wurde und der gesamte Verlauf auf eine solche Erkrankung hindeutet.

Therapie

Die Therapieformen reichen je nach Stadium von konservativen Maßnahmen über operative Eingriffe bis hin zur Endoprothetik. In den Anfangsstadien steht zunächst die konservative Therapie mit entlastenden und schmerzlindernden Maßnahmen im Mittelpunkt. Dazu gehören zum Beispiel Gehstützen und eine Schuhaußenranderhöhung, die Gabe von schmerzstillenden und entzündungshemmenden Medikamenten (Analgetika und Antiphlogistika) sowie die Punktion von Flüssigkeitsansammlungen, von intraartikulären Injektionen mit Kortikosteroiden wird abgeraten.

In einigen Fällen kann auch der Einsatz der pulsierenden Magnetfeldtherapie sinnvoll sein, da diese gerade in früheren Stadien in manchen Fällen die Ausheilung befördert oder das Fortschreiten aufhalten oder zumindest verlangsamen kann. Hier liegen zwar eine Reihe wissenschaftlicher Studien vor, die Wirksamkeit ist allerdings noch nicht endgültig wissenschaftlich nachgewiesen.

Je nach Ausmaß der Erkrankung können auch gelenkerhaltende Operationen notwendig sein, die in der Regel arthroskopisch (minimalinvasiv) und nur selten offen durchgeführt werden. So kann zum Beispiel durch Anbohrungen die Durchblutung im Gelenk verbessert werden. Mithilfe einer sogenannten Spongiosaplastik kann das Gelenk mit neuem Knochengewebe aufgefüllt und so wiederaufgebaut werden. Eine weitere operative Möglichkeit ist eine Umstellung des Schienbeinkopfes zur Entlastung des Kniegelenks.

Reichen diese Maßnahmen nicht mehr aus, weil die Knochennekrose zu weit fortgeschritten ist, oder zeigen sie nach der Durchführung keinen ausreichenden Erfolg, so ist schließlich häufig eine endoprothetische Versorgung mit einer Knieteilprothese (Schlitten) oder einem kompletten Kunstgelenk (Knieprothese) notwendig.

Literatur und weiterführende Links

Ahlbaeck, S.: Osteonecrosis of the knee – radiographic observations. Calcif Tissue Res.,1968, Suppl. 36-36b

Ahlbaeck, S:, Bauer, G.C., Bohne, W.H.: Spontaneous osteonecrosis of the knee. Arthritis Rheum., 1968,11(6), 705-733.

Albers, E., Blumlein, H., Suhler, H.: Spontane Femurkondylennekrose des Knies (Ahlbaeck). Zentralbl. Chir., 1985,110(10),607-12.

Bohne, W., Muheim, G.: Spontane Osteonekrose des Kniegelenks. Z Orthop.,1970,107(3),384-402.

Forst, J., Forst, R., Heller, K.D., Adam, G.: Spontaneous osteonecrosis of the femoral condyle: causal treatment by early core decompression. Arch Orthop Trauma Surg., 1998,117(1-2),18-22.   

Grüner, S.: Vier Jahrzehnte mediale Femurkondylusosteonekrose Morbus Ahlbaeck. Orthopädische Praxis, 2003, 39(11),672-674

Hassenpflug, J., Blauth, W.: Die spontane Osteonekrose des Kniegelenkes. In: Hohmann, D.: Das Knie. Reihe Praktische Orthopädie, Bd.11, Storck, Bruchsal,1981,145-158. 

Hipp, E., Aigner, R.: Osteochondrose des älteren Menschen (Morbus Ahlbäck). In: Witt, A.N., Rettig, H., Schlegel, K.F.: Orthopädie in Praxis und Klinik, Band VII, Teil I. Thieme, Stuttgart,1987,2.59.

Jerosch, J.: Morbus Ahlbäck – Möglichkeiten der Therapie. Chir. Praxis,2001,59(2),217.

Ninol, G.: Spontane Osteonekrose am Kniegelenk (Ahlbaeck). Röntgen-Blätter,1979,32(8),442-6 

Schönbauer, H.R., Polt, E., Grill, F.: Orthopädie – Methodische Diagnostik und Therapie. Springer, Wien, 1979,469.

Wirth, C.: Degenerative Erkrankungen des Kniegelenks – Spontane Osteonekrose Ahlbäck.

In: Jäger, M., Wirth, C.J. (Hrsg.): Praxis der Orthopädie. Thieme, Stuttgart, 2. Auflage, 1992, 961-2.

Wirth, C. (Hrsg.): Kniegelenk – Spontane Osteonekrose Ahlbäck. In: Wirth, C.J.: Praxis der Orthopädie, Band II. Thieme, Stuttgart, 3. Auflage, 2001, 522.

FAQ Häufig gestellte Fragen zum Thema Morbus Ahlbaeck

Was ist Morbus Ahlbäck?

Morbus Ahlbäck, auch bekannt als Ahlbäck-Krankheit oder Ahlbäck-Syndrom, ist eine seltene degenerative Erkrankung des Kniegelenks. Sie wurde erstmals 1968 von dem schwedischen Radiologen Sven-Erik Ahlbäck beschrieben. Die Erkrankung betrifft hauptsächlich das mediale (innere) Kompartiment des Kniegelenks und ist durch einen fortschreitenden Knorpelverlust und eine Knochennekrose gekennzeichnet.

Wer ist von Morbus Ahlbäck betroffen?

Morbus Ahlbäck tritt typischerweise bei:

  • Frauen mittleren bis höheren Alters (häufiger als bei Männern)
  • Personen über 60 Jahre
  • Übergewichtigen Personen
  • Menschen mit vorbestehenden Knieproblemen oder -verletzungen

Es ist wichtig zu beachten, dass die Erkrankung relativ selten ist und nicht mit der gewöhnlichen Kniearthrose verwechselt werden sollte.

Was sind die Ursachen von Morbus Ahlbäck?

Die genauen Ursachen von Morbus Ahlbäck sind nicht vollständig geklärt. Folgende Faktoren werden jedoch als mögliche Auslöser oder begünstigende Umstände diskutiert:

  1. Durchblutungsstörungen im Knochen (subchondrale Ischämie)
  2. Mikrotraumen und wiederholte Belastungen des Kniegelenks
  3. Genetische Prädisposition
  4. Hormonelle Faktoren (aufgrund der höheren Prävalenz bei Frauen)
  5. Übergewicht und damit verbundene erhöhte Gelenkbelastung

Welche Symptome treten bei Morbus Ahlbäck auf?

Die typischen Symptome von Morbus Ahlbäck entwickeln sich oft langsam und progressiv. Sie umfassen:

  1. Schmerzen im medialen (inneren) Bereich des Kniegelenks
  2. Zunehmende Steifheit des Kniegelenks
  3. Schwellungen im Kniebereich
  4. Eingeschränkte Beweglichkeit des Knies
  5. Instabilitätsgefühl beim Gehen oder Stehen
  6. In fortgeschrittenen Stadien: sichtbare Fehlstellung des Knies (Varus-Deformität)

Die Symptome verschlimmern sich oft bei Belastung und können zu erheblichen Einschränkungen im Alltag führen.

Wie wird Morbus Ahlbäck diagnostiziert?

Die Diagnose von Morbus Ahlbäck erfolgt durch eine Kombination aus klinischer Untersuchung und bildgebenden Verfahren:

  1. Anamnese und körperliche Untersuchung: Der Arzt erfragt die Symptome und untersucht das betroffene Knie.
  2. Röntgenaufnahmen: Diese sind entscheidend für die Diagnose. Charakteristische Merkmale sind: a) Verschmälerung des medialen Gelenkspalts, b) Abflachung des medialen Femurkondylus, c) Sklerose des subchondralen Knochens, d) In fortgeschrittenen Stadien: Knochennekrose und Kollaps
  3. Magnetresonanztomographie (MRT): Kann zusätzliche Details über den Zustand des Knorpels und des Knochens liefern.
  4. Knochenszintigraphie: Kann in einigen Fällen zur Beurteilung der Knochendurchblutung eingesetzt werden.

Die Ahlbäck-Klassifikation teilt die Erkrankung in fünf Stadien ein, basierend auf dem Grad der Gelenkspaltverengung und der Knochenzerstörung.

Welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es für Morbus Ahlbäck?

Die Behandlung von Morbus Ahlbäck richtet sich nach dem Stadium der Erkrankung und dem Schweregrad der Symptome. Folgende Optionen stehen zur Verfügung

Konservative Behandlung:

  • Gewichtsreduktion bei Übergewicht
  • Physiotherapie zur Stärkung der Muskulatur und Verbesserung der Gelenkfunktion
  • Schmerzmedikation (z.B. NSAR)
  • Verwendung von Gehhilfen zur Entlastung des betroffenen Knies
  • Orthopädische Hilfsmittel wie Knieorthesen

Minimalinvasive Verfahren:

  • Intraartikuläre Injektionen (z.B. Kortison oder Hyaluronsäure)
  • Arthroskopische Verfahren zur Knorpelglättung oder Entfernung von Gelenkkörpern

Operative Behandlung:

  • Kniegelenkersatz (Teil- oder Totalendoprothese) in fortgeschrittenen Stadien
  • Umstellungsosteotomie zur Korrektur der Beinachse in frühen Stadien
  • In seltenen Fällen: Knochentransplantation oder -verpflanzung

Die Wahl der Behandlungsmethode hängt vom individuellen Fall ab und sollte in Absprache mit einem erfahrenen Orthopäden erfolgen.

Wie ist die Prognose bei Morbus Ahlbäck?

Die Prognose bei Morbus Ahlbäck variiert je nach Stadium der Erkrankung und der gewählten Behandlungsmethode:

  • In frühen Stadien kann eine konservative Behandlung die Symptome lindern und das Fortschreiten der Erkrankung verlangsamen.
  • Bei fortgeschrittenen Stadien ist oft eine operative Behandlung notwendig, um die Funktion des Kniegelenks wiederherzustellen.
  • Nach einem Kniegelenkersatz berichten viele Patienten von einer deutlichen Verbesserung der Lebensqualität und Schmerzreduktion.

Es ist wichtig zu beachten, dass Morbus Ahlbäck eine progressive Erkrankung ist. Eine frühzeitige Diagnose und Behandlung können den Krankheitsverlauf positiv beeinflussen.

Kann man Morbus Ahlbäck vorbeugen?

Obwohl es keine garantierte Methode zur Prävention von Morbus Ahlbäck gibt, können folgende Maßnahmen das Risiko möglicherweise reduzieren:

  1. Aufrechterhaltung eines gesunden Körpergewichts
  2. Regelmäßige, gelenkschonende Bewegung (z.B. Schwimmen, Radfahren)
  3. Stärkung der knieumgebenden Muskulatur durch gezieltes Training
  4. Vermeidung von übermäßiger oder einseitiger Belastung der Kniegelenke
  5. Frühzeitige Behandlung von Knieverletzungen oder -problemen

Es ist ratsam, bei anhaltenden Knieschmerzen oder -problemen frühzeitig einen Arzt aufzusuchen, um mögliche Erkrankungen wie Morbus Ahlbäck rechtzeitig zu erkennen und zu behandeln.

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