Wie können Sehnenverletzungen besser heilen?

Im Vergleich zu Muskeln oder auch Knochen heilen Sehnen in der Regel schlechter. Erkrankungen und Verletzungen an den Sehnen können deshalb oft sehr einschränkend, schmerzhaft und langwierig sein. In einem aktuellen Forschungsprojekt untersuchen Wissenschaftler aus Jena die Zellbiologie von Sehnen, um neue Behandlungsansätze zu finden.
Prof. Dr. Britt Wildemann © Universitätsklinikum Jena

Jena – Um den Heilungsverlauf von Sehnenverletzungen genauer verstehen und die Versorgung von betroffenen Patienten künftig verbessern zu können, erforscht die Biologin Prof. Dr. Britt Wildemann das Regenerationsverhalten von Sehnen. Als neue Professorin für Experimentelle Unfallchirurgie ist sie dafür seit kurzem am Universitätsklinikum Jena.

Sehnen bilden das Verbindungsstück zwischen Muskeln und Knochen und sind somit ein wichtiger Bestandteil unserer Gelenke: „Indem sie die Kraft vom Muskel zum Knochen übertragen, ermöglichen die Sehnen Bewegung“, erklärt Wildemann. „Sie können aber auch Energie speichern und damit die Funktion einer Feder übernehmen.“ So zum Beispiel die Achillessehne, die stärkste Sehne des Körpers: Sie verbindet das Fersenbein mit der Unterschenkelmuskulatur und ermöglicht ein kraftvolles Abstoßen vom Boden, wie etwa beim Laufen oder Springen.

Ihre besonderen mechanischen Eigenschaften erhält die Sehne durch ihren strukturellen Aufbau: „Parallel angeordnete Kollagenfasern, die wiederum in Bündeln organisiert sind, bilden die Grundstruktur, die sogenannte extrazelluläre Matrix“, erklärt die Jenaer Professorin. Gemeinsam mit weiteren Proteinen sorgt das Kollagen für die Stabilität und Belastbarkeit der Sehne. „Sehnenspezifische Bindegewebszellen, Tenozyten genannt, produzieren die Bestandteile der extrazellulären Matrix und sind in diese eingebettet. Umgeben wird das alles von einer bindegewebigen Hülle, der Sehnenscheide, die ein reibungsloses Gleiten der Sehne über den Knochen möglich macht“, beschreibt Wildemann.

Überlastungen und Verschleiß schädigen die Sehnen

Häufig führen einseitige oder übermäßige Belastungen zu Erkrankungen an unseren Sehnen. So können etwa wiederholte, monotone Tätigkeiten wie das Spielen eines Instruments oder langes Arbeiten am PC zu einer Sehnenscheidenentzündung am Handgelenk führen. Sehnenverletzungen treten meist beim Sport auf. Durch ruckartige, schnelle Bewegungen, bei denen viel Kraft zum Einsatz kommt, kann die Sehne reißen. Am häufigsten ist hier die Achillessehne betroffen, die bei Sportarten wie Fußball, Tennis oder Handball besonders verletzungsgefährdet ist.

„Schädigungen der Sehne sind jedoch nicht nur traumatische Verletzungen. Es zeigen sich auch degenerative, verschleißbedingte Veränderungen, welche die Sehnenstruktur beeinträchtigen und oftmals mit Schmerzen einhergehen“, so Wildemann. Zu verschleißbedingten Rissen kommt es beispielsweise häufig an der Rotatorenmanschette, einer Muskel-Sehnen-Platte am Schultergelenk (siehe auch Riss der Rotatorenmanschette). Mit zunehmendem Alter verliert die Sehnenplatte an Dicke und wird anfälliger für Risse und Verletzungen, die dann schon bei leichteren Belastungen auftreten können.

„Sehnenverletzungen können konservativ oder operativ versorgt werden“, erklärt Wildemann. Bei beiden Verfahren wird dabei auf das Heilungspotential der Sehne gesetzt. Bei einer operativen Behandlung werden in der Regel die Rissenden aneinandergenäht bzw. die gelöste Sehne wieder am Knochen befestigt. Bei der konservativen Therapie liegen zum Beispiel die Enden der Sehne dicht beieinander und können unter geeigneter Versorgung direkt zusammenheilen – bei einem Achillessehnenriss beispielsweise mithilfe von Spezialschuhen mit Fersenerhöhung oder einer Orthese. „Die Wahl der Behandlung hängt unter anderem vom Ort und der Schwere der Verletzung ab, aber auch von patientenindividuellen Faktoren wie dem Alter oder der sportlichen Aktivität“, so Wildemann. Sowohl bei einer operativen als auch bei einer konservativen Therapie folgt anschließend eine funktionelle Nachbehandlung und Krankengymnastik, um die umliegenden Muskeln wieder zu kräftigen und ein erneutes Belasten der Sehne zu ermöglichen.

Heilungspotenzial und Zellbiologie besser verstehen

Wie gut eine Sehnenverletzung heilt, ist dabei auch vom Regenerationspotenzial der Sehne abhängig. Hier setzen die Forschungen von Britt Wildemann an. „Im Gegensatz zu Muskel- oder Knochengewebe sind die Biologie und das Regenerationsverhalten von Sehnen erst seit kurzem in den Fokus der Forschung gerückt“, so die Biologin.

Bereits bekannt ist, dass Sehnen ein geringeres Heilungspotenzial als Muskeln und Knochen aufweisen, unter anderem, da Sehnengewebe deutlich schlechter durchblutet wird. Heilt eine verletzte Sehne, so bildet sich dabei Narbengewebe. „Da dieses Gewebe nicht mehr die ursprüngliche Sehnenstruktur aufweist, sind nach einer Verletzung auch die mechanischen Eigenschaften der Sehne beeinträchtigt“, erklärt Wildemann. Dies kann die Belastbarkeit der Sehnen und Muskeln einschränken und das Risiko für erneute Verletzungen erhöhen.

Die Jenaer Professorin sucht gemeinsam mit ihrem Team nach den biologischen Ursachen für die Veränderungen der Sehnenstruktur. „Dafür untersuchen wir die zellulären Prozesse, die während der Degeneration und Regeneration der Sehne ablaufen“, so Wildemann. Zudem interessieren sich die Forscher auch für patientenindividuelle Unterschiede in der Biologie der Sehnenzellen. „Diese könnten uns Hinweise darauf geben, wie wir die Heilung der Sehne patientenspezifisch besser unterstützen können“, hofft Wildemann.

Sie und ihre Kollegen konnten bereits zeigen, dass sich die biologischen Eigenschaften der Sehnenzellen – wie zum Beispiel die Teilungsaktivität – je nach Alter, Geschlecht und Vorschädigung unterscheiden. „Bis wir unsere Erkenntnisse direkt in neue Therapien umsetzen können, sind jedoch noch einiges an Zeit und auch weitere Forschungsprojekte nötig“, so Wildemann.

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