Hüftgelenksinstabilitäten

Bei der Hüftinstabilität handelt es sich um eine angeborene Fehlanlage bzw. erworbene Fehlentwicklung des Hüftgelenkes mit einer Störung der Verknöcherung am sogenannten Pfannenerker, welche man Hüftdysplasie nennt.

Durch die nicht vollständige Überdachung des Hüftkopfes kann es abhängig vom Schweregrad zum Ausrenken des Hüftgelenkes im Säuglingsalter, zum Fehlwachstum mit Abflachung der Hüftpfanne und Entrundung des Hüftkopfes im Kindes- und Wachstumsalter sowie zur vorzeitigen Dysplasie- und Arthroseentwicklung des Gelenkes im Erwachsenenalter (Dysplasiecoxarthrose) kommen.

Je nach Ausprägungsgrad und Patientenalter, ist die Erkrankung sowohl nicht operativ als auch operativ behandelbar. Ziel ist dabei immer, ein stabiles Hüftgelenk mit guter Funktion und voller Belastungsfähigkeit zu erhalten.

Häufigkeit

Die Rate der von einer Hüftgelenksdysplasie Betroffenen beträgt in Deutschland etwa ein bis fünf Prozent, die Rate von Ausrenkungen des Hüftgelenkes etwa 0,2 bis 0,5 Prozent.

In etwa 40 Prozent der Fälle sind beide Hüftgelenke betroffen. An der linken Seite tritt die Erkrankung häufiger auf als an der rechten Seite. Mädchen sind fünfmal häufiger betroffen als Jungen.

Ursachen

Hüftinstabilitäten aufgrund einer bestehenden Hüftdysplasie bzw. Hüftluxation haben vielfältige Ursachen. Eine familiäre Häufung, Beckenendlage bei der Schwangerschaft bzw. zu wenig Fruchtwasser in der Gebärmutter (Oligohydramnion) sind Risikofaktoren.

Durch das Zusammenwirken der verschiedenen Faktoren wird der Hüftkopf vermehrt aus der Hüftgelenkspfanne gedrängt. Dadurch entsteht Druck auf den Pfannenerker, den Bereich der Hüftpfanne, der den Hüftkopf überdacht. Dies beeinträchtigt die Formbildung des Pfannenerkers und führt dazu, dass dessen Verknöcherung verzögert bzw. beeinträchtigt wird. In der Folge entsteht eine mechanische Instabilität des Hüftgelenkes. Das bedeutet, dass der Hüftkopf aus der Hüftpfanne herausgleiten kann und dadurch das Risiko einer vollständigen Ausrenkung des Hüftkopfes (Hüftgelenksluxation)besteht.

Kommt es im Verlauf des Wachstums nicht zu einer ausreichenden knöchernen Ausreifung des Pfannendaches, kann dies im jüngeren Erwachsenenalter zu einem frühzeitigen Knorpelverschleiß am Hüftgelenk und zur Entstehung einer sogenannten Dysplasiecoxarthrose führen.

Symptome und Verlauf

Beim Neugeborenen-/Säuglingsalter:

  • Einschränkung der Spontanbewegung des betroffenen Hüftgelenkes (Strampeln)
  • Bei einseitigem Auftreten Asymmetrien der Hautfalten am Oberschenkel durch Verkürzung des Oberschenkels
  • Abspreizbehinderung des betroffenen Hüftgelenkes

Im Kindes-/ Wachstumsalter:

  • Bewegungseinschränkung des Hüftgelenkes mit Abspreizbehinderung
  • Hinkendes Gangbild, bei beidseitiger Erkrankung typisch „watschelndes Gehen“ bei Laufbeginn
  • Unterschiedliche Beinlänge bei teils oder vollständig ausgerenktem Hüftkopf

Im Erwachsenenalter:

  • Typischer Leistenschmerz, unter Belastung zunehmend
  • Hinkendes Gangbild (sogenanntes Trendelenburg-Hinken) mit Schmerzen am großen Rollhügel (Trochanter major)
  • Häufig begleitende Bewegungseinschränkung des betroffenen Hüftgelenkes (begleitende Hüftbeugekontraktur) mit vermehrter Beckenkippung und Hohlkreuz (Hyperlordose der Lendenwirbelsäule)

Neben den oben genannten klinischen Leitsymptomen, die je nach Patientenalter und Schweregrad der Erkrankung sehr unterschiedlich sein können, sind insbesondere im jüngeren Erwachsenenalter Hüftgelenksbeschwerden durch das sogenannte Hüftimpingement charakteristisch.

Durch die bestehende mechanische Instabilität kommt es nicht nur zum vermehrten Verschleiß des Knorpels im Pfannendach, sondern auch zu einer vermehrten Belastung der weichteiligen Gelenklippe (sogenanntes Labrum) und der umgebenden Kapselbandstrukturen.

Dabei kann es zu Einrissen des Labrums (wie beim Meniskusriss am Knie) und in der Folge zu Schmerzen in der Leistenregion kommen.

Unbehandelt führt eine dysplasiebedingte Hüftinstabilität immer zu einem vorzeitigen Hüftgelenksverschleiß (Dysplasiecoxarthrose).

Diagnose

Die klinische Untersuchung des Neugeborenen beinhaltet insbesondere die klinische Stabilitätsuntersuchung und die Sonographie des Hüftgelenkes (Säuglingssonographie – Standartroutineverfahren bei der U2 oder U3). Dabei wird insbesondere durch die Sonographie eine Beurteilung der Form des Hüftgelenkes möglich. Auch bei stabil in der Hüftpfanne zentrierten Hüftgelenken, bei denen die klinische Untersuchung in der Regel unauffällig ist, können schon krankhafte Befunde auffallen. Auch diese bedürfen einer entsprechenden Therapie, um einer im Wachstum entstehenden Hüftgelenksinstabilität vorzubeugen.

Da die Hüftgelenkssonographie jedoch nur bis zum Ende des ersten Lebensjahres eine ausreichende Aussagekraft hat, muss im weiteren Lebensverlauf zusätzlich zur klinischen Untersuchung die konventionelle Röntgendiagnostik und unter Umständen eine MRT-Diagnostik zur weiteren Beurteilung des Hüftgelenkes durchgeführt werden.

Therapie und Nachsorge

Säuglings-/Neugeborenenalter: Hüftgelenk, die sich bei der körperlichen Untersuchung als stabil erweisen und keine Abspreizhemmung zeigen, sind – auch bei einer in der Sonographie sichtbaren Reifungsverzögerung – nicht behandlungsbedürftig. Sie müssen lediglich regelmäßig durch einen Arzt kontrolliert werden. Hierzu wird alle vier Wochen eine Kontrollsonographie durchgeführt.

Klinisch stabile Hüftgelenke, die bei der Sonographie bestimmte definierte Auffälligkeiten zeigen, bedürfen einer konservativen Behandlung. Dafür kommen eine Spreizhose bzw. eine sogenannte Tübinger Schiene zum Einsatz. Zusätzlich wird alle vier Wochen eine Kontrollsonographie durchgeführt, bis die Auffälligkeiten vollständig verschwunden sind.

Instabile Hüftgelenke müssen wieder eingerenkt und nachfolgend in einem Sitz-Hock-Gips (nach Dr. Ewald Fettweis) stabilisiert werden. Sollte das Hüftgelenk nicht wieder eingerenkt werden können, bedarf es einer offenen Einstellung des Hüftgelenkes während einer Operation. Nachfolgend wird ebenfalls ein stabilisierender Sitz-Hock-Gips für circa 12 Wochen angelegt.

Alle Hüftgelenke, die nach der Geburt einer konservativen oder operativen Behandlung bedurften, müssen bis ins Jugendalter regelmäßig klinisch und radiologisch kontrolliert werden (zum Laufbeginn, vor der Einschulung, zwischen dem achten und zehnten Lebensjahr, zum Wachstumsabschluss).

Wenn sich im Rahmen dieser Kontrolluntersuchungen weiterhin die Zeichen einer Hüftinstabilität zeigen, bedarf es einer operativen Therapie zur Wiederherstellung eines möglichst optimalen Verhältnisses zwischen Hüftkopf und Hüftpfanne.

Diese gelenkverbessernden Eingriffe werden entweder im Bereich der Hüftpfanne (sogenannte Acetabuloplastik, Beckenosteotomien) und/oder in Kombination mit sogenannten Umstellungsoperationen am hüftgelenksnahen Oberschenkelknochen durchgeführt.

Die dabei verwendete Operationstechnik hängt sowohl vom Alter des Patienten, als auch von dem Ausprägungsgrad der vorhandenen Dysplasie bzw. der Hüftgelenksinstabilität ab.

Während der Nachbehandlung nach solchen Eingriffen darf das operierte Bein in der Regel für sechs bis zwölf Wochen (je nach OP-Technik) erst einmal nur teilbelastet werden. Anschließend kann eine schrittweise Steigerung bis hin zur Vollbelastung erfolgen.

Solche gelenkerhaltenden operativen Therapiemaßnahmen sind auch im jüngeren Erwachsenenalter zur Verbesserung der Hüftkopf-/Hüftpfannenrelation sinnvoll und notwendig. Voraussetzung dafür ist jedoch, dass das Hüftgelenk gut beweglich und der Gelenkknorpel noch nicht von einem fortgeschrittenen Verschleiß betroffen ist.

Liegen hingegen radiologisch schon deutliche Zeichen einer Hüftarthrose (Dysplasiecoxarthrose) vor, so sind in Abhängigkeit von der Beschwerdesymptomatik, eingeschränkten Mobilität und Lebensqualität des Patienten, nur noch gelenkersetzende Therapieverfahren möglich (sogenanntes Kunstgelenk, siehe auch Hüftprothese).

In Abhängigkeit vom Ausmaß der Dysplasie, der Knochenqualität und dem Alter des Patienten, muss dann das bestmöglichste Prothesenimplantat gewählt werden.

In der Regel sind Kunstgelenke postoperativ voll belastungsfähig. Allerdings muss der Patient als „Kunstgelenkträger“ seine Lebensführung insofern anpassen, dass Sprung- und Stoßbelastungen möglichst vermieden werden, da es durch diese zu einem Implantatbruchs oder Implantatverschleiß mit Lockerung kommen kann.

Literatur und weiterführende Links

Baumgart, K. / Melarowic, H.: Hüftdysplasie. Orthopädie und Unfallchirurgie up2date. Stuttgart: Thieme Verlag, 2008; S. 579-598.

Ruchholz, F. / Wirtz, D. C.: Orthopädie und Unfallchirurgie und Intensivkurs zur Weiterbildung. 2. Auflage, Stuttgart: Thieme Verlag, 2013.

Wirtz, D.C. / Stöckle, U.: Hüftgelenk – Expertise Orthopädie und Unfallchirurgie. Stuttgart: Thieme Verlag, 2018.

Hinweise für Patienten

Dieser Lexikoneintrag enthält nur allgemeine Informationen und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.

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