Atlastherapie
Die Atlastherapie ist eine Reflextherapie, die auf minimalen Impulsen beruht. Sie gilt als Konzept der ganzheitlichen Behandlung des Bewegungsapparates. Das neurophysiologische Behandlungskonzept hat einen positiven Einfluss auf das Gleichgewichtssystem, den Muskeltonus, das Schmerzempfinden, die Wahrnehmung, die Motorik sowie vegetative Funktionen. Dabei kommen keinerlei Medikamente oder Geräte zum Einsatz, sondern ausschließlich die Hände des Behandlers.
Einsatzgebiete
Als erster Halswirbel ist der Atlas das Bindeglied zwischen Kopf und Wirbelsäule. Er trägt den Kopf. Zusammen mit der Schädelbasis, dem zweiten Halswirbel (Axis) und den umgebenden Muskeln, Kapseln und Bändern, die mit einer hohen Nervendichte versorgt sind, bildet er ein eigenständiges System, eine Art Sinnesorgan (Nackenrezeptorenfeld).
Die Nerven registrieren und steuern mit ihren Sensoren die Stellung des Kopfes zum übrigen Körper im Raum, die Stellung der einzelnen Gelenke zueinander sowie den Spannungszustand des gesamten Muskel-, Faszien- und Sehnensystems. Da sie direkte Verbindungen zum Gleichgewichts- und Sehorgan (Innenohr und Auge) sowie zu bestimmten Hirnzentren haben, sind sie zudem für die Steuerung der Grob- und Feinmotorik verantwortlich sowie an der Verarbeitung von Schmerzsignalen beteiligt. Dieses System sendet Informationen an das Gehirn, die dort zu entsprechenden Reaktionen verarbeitet werden.
Krankhafte Zustände (zum Beispiel Verletzungen, Fehlbelastungen, Bewegungsstörungen) werden als falsche Informationen an das Gehirn weitergegeben mit der Folge, dass auch der Körper mit einer falschen Antwort reagiert. Ziel der Atlastherapie ist es, diese fehlerhafte Informationsverarbeitung zu korrigieren und den krankhaften Zustand zu verbessern oder zu beheben.
Die Atlastherapie kann bei unterschiedlichen Erkrankungen zur Anwendung kommen, so zum Beispiel bei Kopf-, Nacken- und Rückenschmerzen, motorischen Störungen, Wahrnehmungsstörungen, Teilleistungsstörungen, KISS-Syndrom (siehe KISS-Therapie), Tinnitus, Schwindel oder Kiefergelenkserkrankungen (Craniomandibuläre Dysfunktion).
Wirkprinzip / Durchführung
Bei der Atlastherapie wird in einer speziellen Richtung und mit genau dosierter Kraft ein schneller Impuls über den Atlas ausgeübt. Durch diesen Impuls entsteht ein ultrakurzer Reiz, der eine Veränderung im Wahrnehmungsmuster auslöst bzw. ein anderes Informationsbild im Gehirn entstehen lässt. Das Hirn erhält wieder die richtigen Informationen und kann die Bewegungsabläufe normalisieren.
Die Stellung des Atlas ist bei jedem Patienten individuell, sodass die therapeutische Richtung des Impulses, dessen Stärke und Häufigkeit vor Beginn der Behandlung ermittelt werden müssen. Dazu ist ein Röntgenbild unverzichtbar. Zusätzlich erfolgt vorab die segmentale Bestimmung der Muskelspannung und Temperatur. Vor und nach jedem Impuls wird die Wirkung auf den Spannungszustand der Muskeln und der Haut überprüft.
Diese regulative Therapie wird in aller Regel in Kombination mit bzw. ergänzend zu anderen medizinischen Verfahren angewendet, oftmals auch in Kombination mit weiteren Manualtherapien.
Erfolgsaussichten
Die Atlastherapie ist eine sehr schonende Technik im Bereich der Manuellen Medizin und zeigt erfahrungsgemäß gute Erfolge. Behandlungstypische Risiken und Nebenwirkungen sind im Allgemeinen nicht zu erwarten. Sie kann daher nicht nur bei Erwachsenen, sondern auch bei Kindern und Säuglingen eingesetzt werden. Die Durchführung der Atlastherapie ist jedoch ausschließlich Ärzten vorbehalten, die eine spezielle und umfangreiche Ausbildung erfolgreich absolviert haben. Zugelassen werden für diese Fortbildung in aller Regel nur solche Mediziner, die bereits über eine abgeschlossene Chirotherapieausbildung mit entsprechender Erfahrung verfügen.
Literatur und weiterführende Links
Tempelhof, Siegbert: Krankheitsursache Atlaswirbel. München: Arkana Verlag, 2017.
Ärztegesellschaft für Manuelle Kinderbehandlung und Atlastherapie
ARD Mediathek: Atlastherapie: Halswirbel sanft behandeln
Video: Kopfschmerzen, Schwindel, Tinnitus: Kann der Orthopäde helfen?