Kyphoplastie / Vertebroplastie

Bei der Kypho- und der Vertebroplastie handelt es sich um sogenannte minimalinvasive Behandlungsmöglichkeiten, die bei Frakturen, also bei Brüchen von Wirbelkörpern zum Einsatz kommen können. Dabei wird ein „zusammengebrochener“ Wirbel mit einer speziellen Zementmischung zur Schmerzlinderung und Höhenkorrektur teilweise wiederaufgerichtet. Der Zement kommt innerhalb weniger Minuten zur Aushärtung und stabilisiert damit den gebrochenen Wirbel.

Einsatzgebiete

Die Kypho- und die Vertebroplastie können zur Behandlung von Wirbelkörperbrüchen eingesetzt werden. Derartige Verletzungen entstehen zum Beispiel bei entzündlichen Prozessen an der Wirbelsäule, als Folge von Tumorerkrankungen, nach Unfällen oder in den meisten Fällen im Rahmen einer Osteoporose (Knochenschwund).

Bei einem Bruch, der im Rahmen einer möglicherweise zuvor noch nicht erkannten Osteoporose auftritt, genügt zum Frakturgeschehen häufig eine Bagatellbewegung ohne größeren Einfluss von außen. Da die Osteoporose vermehrt im fortgeschrittenen Alter auftritt, ist die Tendenz derartiger Frakturen steigend. Damit nimmt auch der konservative und operative Versorgungsbedarf zu. In der Bundesrepublik gibt es aktuell pro Jahr rund 70.000 neue Wirbelkörperfrakturen, allein in Deutschland leben knapp drei Millionen Menschen mit mindestens einem gebrochenen Wirbel.

Die meisten Frakturen treten im Übergang der Brust- zur Lendenwirbelsäule auf (im sogenannten thorako-lumbalen Übergang). Etwa 65 Prozent der Brüche betreffen den Bereich zwischen dem elften Brust- und dem zweiten Lendenwirbelkörper. Die übrigen zehn Brustwirbelkörper machen rund 25 Prozent aller Frakturen aus – in zehn Prozent der Fälle brechen der dritte, vierte und fünfte Lendenwirbelkörper.

Symptome und Folgen

Die Folgen einer Wirbelkörper-Fraktur sind Höhen-, Form- und vor allem Stabilitätsverlust der betreffenden Wirbelsäulenregion. Daraus resultieren Gefahren für die benachbart liegenden Bandscheiben- und Nervenstrukturen. Außerdem wird die Statik der Wirbelsäule beeinträchtigt. Für den Patienten macht sich eine derartige Fraktur vor allem durch plötzlich in der betroffenen Region auftretende, bewegungseinschränkende und mitunter ausstrahlende Schmerzen bemerkbar.

Diagnose

Auf Basis der Anamnese und der klinischen Untersuchung führt der behandelnde Arzt bei einem entsprechenden Verdacht eine Röntgenuntersuchung durch. Dabei kann der Höhenverlust des Wirbelkörpers bereits sichtbar werden. Für den Fall, dass eine weitere detaillierte Beurteilung der Fraktur und des Gesamtkontextes erforderlich sein sollte, können zusätzliche bildgebende Maßnahmen, wie zum Beispiel CT-, MRT- oder szintigraphische Untersuchungen, erforderlich werden.

Erfolgsaussichten und Risiken

Wissenschaftliche Untersuchungen zeigen in den ersten drei bis 24 Monaten eine deutliche schmerzlindernde Wirkung der Kypho- und Vertebroplastie bei Patienten mit frischeren Wirbelkörperfrakturen, bei denen eine rein konservative Therapie keine ausreichende Wirkung erzielt.

Neben den allgemeinen Risiken eines jeden operativen Eingriffs (zum Beispiel einer Infektion oder Risiken der Narkose), liegt das Hauptrisiko der Kypho- und Vertebroplastie im Austritt des Zementes aus dem Wirbelkörper heraus in das umliegende Gewebe („Zementleckage“). Dies bleibt in den allermeisten Fällen aber ohne Konsequenzen für den Patienten. Weiterhin werden mitunter erneute Frakturen desselben oder angrenzender Wirbelkörper beschrieben, die jedoch auch ohne Eingriff auftreten können.

Wann wird eine Kypho bzw. Vertebroplastie empfohlen?

Vor diesem Hintergrund werden Kypho- und Vertebroplastie nur dann empfohlen, wenn trotz intensiver konservativer Therapieversuche (zum Beispiel über adäquate Maßnahmen der Schmerztherapie und den Einsatz von Hilfsmitteln wie zum Beispiel Orthesen oder Miedern) nach einem Wirbelkörperbruch weiterhin starke Schmerzen bestehen und andere Schmerzursachen ausgeschlossen werden können.

Die Studienlage deutet darauf hin, dass bei einem (zu) späten Einsatz dieser Techniken erst einige Monate nach dem Frakturereignis das Ergebnis im Vergleich zu einem früheren Eingriff für den Patienten weniger von Vorteil ist.

Durchführung

In einer „Sitzung“ können ein, zwei oder gleich mehrere Wirbelkörper gleichzeitig mittels Kypho- oder Vertebroplastie behandelt werden. Bei Wirbelkörperfrakturen hingegen, die keine Schmerzen verursachen oder möglicherweise instabil sind, sollten diese Techniken nicht oder nicht allein zum Einsatz kommen.

Bei instabilen Frakturen kann statt der Einzelanwendung dieser Methoden mitunter eine Kombination zum Beispiel verbunden mit einer Versteifungsoperation (Spondylodese) eine Lösung darstellen.

In Abhängigkeit vom Ausmaß des Eingriffs dauert dieser mitunter deutlich weniger als eine Stunde. Die Operation wird standardisiert in Bauchlage durchgeführt. Unter Röntgendurchleuchtung werden abhängig von der Technik ein oder zwei Kanülen über die Wirbelbögen in den Wirbelkörper eingebracht. Anschließend wird das Wirbelkörperinnere für das Einbringen des entsprechenden Materials vorbereitet – bei der Kyphoplastie zum Beispiel durch Einführen eines Ballons.

Nach einer Kypho- oder Vertebroplastie sind keinerlei Bettruhe oder längere Schonungsphasen erforderlich. Der Patient kann und soll sofort und meist ohne große Schmerzen aufstehen und sich mit Augenmaß bewegen. In einigen Fällen wird eine kurzzeitige Korsettversorgung empfohlen, um bei übermotivierten Patienten einen womöglich zu hohen Aktivitätsgrad einzudämmen.

Der Unterschied zwischen Kypho- und Vertebroplastie

Die beiden Techniken werden in ihrer Benennung nicht immer klar abgegrenzt, obwohl beide Namen zur Rekonstruktion von Wirbelkörpern weit verbreitet sind.

Eine Vertebroplastie wird in der Regel in Lokalanästhesie und mit Unterstützung eines CT oder eines Bildwandlers (Röntgendurchleuchtung) durchgeführt. Unter hohem Einspritzdruck wird in dieser Technik meist relativ flüssiger Zement eingeführt.

Die Kyphoplastie erfolgt dagegen in der Regel bildwandlerunterstützt in Vollnarkose. Dabei kommt häufig relativ zäher Zement zum Einsatz.

Hinsichtlich der Langzeitergebnisse und der Komplikationsrate zeigen sich in wissenschaftlichen Untersuchungen etwas bessere Ergebnisse bei der Kyphoplastie im Vergleich zur Vertebroplastie.

Die Entwicklung von Kypho- und Vertebroplastie

Die Vertebroplastie kam erstmals 1984 in Amiens in Frankreich bei einem frakturgefährdeten Wirbelkörper zum Einsatz. Erst knapp zehn Jahre später begann die breitere Anwendung bei Druckfrakturen von Wirbelkörpern. Die erste Anwendung der Kyphoplastie ist 1998 dokumentiert.

Mittlerweile wurden die Techniken weiter optimiert und verfeinert. Sie kommen seit vielen Jahren flächendeckend zum Einsatz. Zudem sind im Laufe der Jahre viele Abwandlungen dieser Techniken entstanden (zum Beispiel unter den Namen Stento- oder Spineoplastie).

Auch bei den Füllmaterialien existiert eine Vielzahl an Möglichkeiten: Am weitesten verbreitet ist Polymethylmethaacrylat (PMMA), weitere Substanzen sind Calciumphosphat-Zement (CaP), Strontium-haltiger Hydroxylapatit-Zement (SrHAC), Elastoplastie-Silikon oder Allograft.

Hinweise für Patienten

Dieser Lexikoneintrag enthält nur allgemeine Informationen und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.

Off-Label-Use
Hinweis: Die Anwendung des oder der oben genannten Arzneimittel ist für die aufgeführten Indikationen eventuell nicht offiziell zugelassen. Es handelt sich in diesem Fall um einen sogenannten Off-Label-Use des Präparates, der von gesetzlichen oder privaten Krankenkassen oder Beihilfen in der Regel nicht erstattet wird.
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Umstrittene Wirksamkeit
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