Nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR)

Dieser Artikel beleuchtet die am häufigsten verwendeten Medikamente in der Orthopädie und Unfallchirurgie zur Behandlung von Entzündungen, Schwellungen und Schmerzen. Positive und negative Wirkungen sowie Indikationen und Risiken werden erläutert.

NSAR (englisches Synonym: NSAID) sind gut wirksame Medikamente zur Behandlung von Schmerzen, Entzündungen und Fieber. Hierunter fallen eine Vielzahl von Wirkstoffen, darunter auch die sehr bekannten Substanzen Acetylsalicylsäure, Diclofenac, Ibuprofen und Paracetamol. Manche Substanzen sind in geringeren Dosierungen frei verkäuflich, ansonsten besteht in Deutschland eine Rezeptpflicht.

Die Darreichungsformen sind neben Salben und Gels klassisch Kapseln, Tabletten und Dragees, daneben sind manche Stoffe auch als Zäpfchen, zur Injektion in Gefäße oder zur intramuskulären Injektion erhältlich. Für die noch häufige intramuskuläre Gabe besteht eigentlich keine Indikation mehr, da hier eine erhöhte Nebenwirkungsrate ohne besondere positive Vorteile besteht.

Das Hauptwirkprinzip besteht in der Blockade von zwei Enzymen im Stoffwechsel der Arachidonsäure hin zu Prostaglandinen, COX-I und COX-II. Während die klassischen NSAR eine Wirkung auf beide Enzyme zeigen, wirken die neueren Coxibe vermehrt auf das Enzym COX-II. Darüber hinaus besitzen manche spezifischen Wirkstoffe weitere andere Wirkprinzipien. Indikationen für NSAR bestehen prinzipiell im Bereich Orthopädie und Unfallchirurgie für Schmerzen, Schwellungen und Entzündungen zum Beispiel bei aktivierten degenerativen Gelenkerkrankungen, bestimmten rheumatischen Leiden und weiteren Erkrankungen und Verletzungen.

Bei den NSAR handelt es sich im Gegensatz zu den Opioiden nicht um klassische Schmerzmittel, welche Schmerzrezeptoren blockieren, vielmehr wird durch die Reduktion der entstehenden Prostaglandine die Schmerzempfindlichkeit der Schmerznervenfasern reduziert und durch die abschwellende Wirkung die schmerzauslösende Ursache eingedämmt. Darüber hinaus werden durch die Reduktion mancher Prostaglandine vielfältige andere Wirkungen überall im Körper hervorgerufen bzw. verhindert.

An unerwünschten Wirkungen sind unter anderem zu benennen:

  • Herzkreislaufsystem: Thrombosen und Embolien, Bluthochdruck, Herzinfarkt, Schlaganfall und plötzlicher Herztod, Blutungsneigung
  • Magen-Darm-Trakt: Entzündungen bis hin zu Geschwüren, Blutungen und Wanddurchbrüchen in allen Abschnitten, funktionelle Beschwerden wie Blähungen, Appetitlosigkeit, Durchfälle und Verstopfung
  • Atemwege/Allergien: allergische Reaktionen bis hin zum anaphylaktischen Schock, erhöhtes Risiko für die Auslösung einer Verengung der Luftwege (Bronchospasmus) vor allem bei Asthmatikern
  • Leber/Niere: Schädigungen und Funktionsstörungen gerade bei vorgeschädigten Organen
  • weitere seltene Nebenwirkungen, zum Teil präparatspezifisch

Ferner wirken manche Substanzen auch gerinnungshemmend, woraus sich eine erhöhte Blutungsneigung ergeben kann. Dies wird aber auch bei der Acetylsalicylsäure in geringer Dosierung von 100 – 300 mg, also weniger als in der normalen Tablette mit 500 mg, positiv therapeutisch zum Schutz vor Herzinfarkt, Lungenembolie und Schlaganfall genutzt.

Bei Schwangeren, Stillenden und bei Kindern besteht für manche Präparate eine eingeschränkte Zulassung, andere Präparate sollten nicht verwendet werden. Die Dosierung sollte in der Regel gewichtsadaptiert erfolgen, Kombinationen verschiedener Präparate sind in der Regel nicht sinnvoll, da sich nicht die positiven Wirkungen, jedoch die Rate an unerwünschten Wirkungen erhöht. Bei manchen Menschen existiert genetisch bedingt ein verzögerter Medikamentenabbau mit der Gefahr der Überdosierung.

Vertreter (in Auswahl)

Acetylsalicylsäure, Aceclofenac, Celecoxib, Diclofenac, Etoricoxib, Ibuprofen, Indometacin, Meloxicam, Metamizol, Naproxen, Paracetamol, Parecoxib, Piroxicam

Einführung

Nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR) stellen neben den Opioiden die wichtigsten Schmerzmittel (Analgetika) dar. Hierzu gehören auch klassische Mittel der Hausapotheke wie zum Beispiel Ibuprofen, Diclofenac, Paracetamol oder Acetylsalicylsäure. Das älteste Präparat in chemischer Reinstruktur, die Acetylsalicylsäure, wurde Ende des 18. Jahrhunderts bei der Firma Bayer entwickelt und unter dem Namen Aspirin vertrieben. Varianten des Wirkstoffes wurden jedoch schon in den ersten Hochkulturen ab ca. 3000 vor Christus zu therapeutischen Zwecken eingesetzt. NSAR sind in höheren Dosierungen in der Regel rezeptpflichtig, in geringeren Dosierungen aber auch ohne Rezept erhältlich. In Deutschland werden am häufigsten die Wirkstoffe Diclofenac und Ibuprofen verordnet. Die jeweiligen Grenzwerte, ab welcher Dosierung eine Rezeptpflicht besteht, sind teilweise unterschiedlich: So kann ein Präparat ab einer gewissen Dosis in Deutschland schon rezeptpflichtig sein, in anderen Ländern dagegen ist es noch frei erhältlich.

Einsatzgebiete

Im Bereich Orthopädie und Unfallchirurgie bestehen Indikationen zur Behandlung von Schmerzen bei degenerativen Gelenkerkrankungen (Arthrosen) sowie bei bestimmten rheumatischen Erkrankungen, der rheumatoiden Arthritis und des Morbus Bechterew. Weitere Indikationen sind Fieber und die symptomatische Behandlung von Entzündungen mit Schmerzen und Schwellungen bei aktivierten Gelenksentzündungen, Reizerscheinungen der Weichteile und auch zur Schmerzbehandlung bei akuter Gicht und von Tumorschmerzen. Nicht alle NSAR-Präparate sind für alle Indikationen auch offiziell zugelassen.

Wirkprinzip

Generell wirken diese Substanzen schmerzhemmend (analgetisch), entzündungshemmend (antiinflammatorisch) und fiebersenkend (antipyretisch), wobei diese Wirkungen nicht für alle Vertreter gleichermaßen gelten. So wirkt zum Beispiel das bekannte Paracetamol gut fiebersenkend, aber nur schwach schmerzhemmend und entzündungshemmend.

Im Hinblick auf die schmerzhemmende Wirkung handelt es sich hierbei jedoch nicht wie bei den Opioiden um direkte Schmerzhemmer. Vielmehr wird im Stoffwechsel der überall im Körper vorkommenden Arachidonsäure durch bestimmte Enzyme (COX-I und COX-II) die Entstehung sogenannter Prostaglandine gehemmt, welche bei der Entstehung von Fieber, Entzündungen und Schmerzen eine zentrale Rolle spielen.

Manche Vertreter (die sogenannten klassischen NSAR) wirken unterschiedlich stark sowohl auf das Enzym COX-I als auch auf das Enzym COX-II, eine andere neuere Klasse (die sogenannten Coxibe) wirken vorwiegend (aber nicht ausschließlich) auf das Enzym COX-II. Mit der Einführung der Coxibe hatte man sich zunächst erhofft, eine Reihe von unerwünschten Wirkungen zu vermeiden, diese Hoffnung hat sich aber nur teilweise erfüllt. Darüber hinaus besitzen manche spezifischen Wirkstoffe auch noch weitere spezifische Wirkungen mit anderen Wirkprinzipien.

Erwünschte Wirkungen

Prostaglandine wirken nicht direkt schmerzauslösend, steigern aber die Erregbarkeit von Schmerznervenfasern. Durch die Hemmung der Bildung der Prostaglandine durch NSAR wird damit indirekt auch die Schmerzentstehung gehemmt. Ferner wirken die Substanzen auch entzündungshemmend (und damit auch als symptomatische Behandlung der Schmerzauslöser) sowie fiebersenkend, wobei dies nicht für alle Vertreter gleichermaßen gilt. So wirkt zum Beispiel das bekannte Paracetamol gut fiebersenkend, aber nur schwach schmerzhemmend und entzündungshemmend.

Weitere Wirkungen

Bestimmte Prostaglandine wirken am Magen gefäßerweiternd und sorgen für eine schützende Schleimbildung. An der Niere wird die Durchblutung gesteigert, in der Lunge wird die Atmung erleichtert. Eine Hemmung der Prostaglandinsynthese bewirkt auch eine Hemmung der oben genannten Wirkungen. Eine Reihe von Substanzen dieser Medikamentenklasse besitzt auch weitere erwünschte Wirkungen. So wirkt zum Beispiel Metamizol auch direkt schmerzhemmend in bestimmten Gehirnstrukturen, und ist somit meist stärker schmerzhemmend als andere Vertreter dieser Medikamentenklasse. In diesem Fall kann die Kombination mit einem klassischen NSAR im Einzelfall sinnvoll sein. Acetylsalicylsäure wirkt in geringen Dosierungen auch gerinnungshemmend, weshalb es auch als Schutzmittel vor Herzinfarkten, Lungenembolien und Schlaganfällen genutzt wird.

Unerwünschte Wirkungen und Kontraindikationen

An unerwünschten Wirkungen sind unter anderem zu benennen:

  • Herzkreislaufsystem: Thrombosen und Embolien, Bluthochdruck, Herzinfarkt, Schlaganfall und plötzlicher Herztod, Blutungsneigung
  • Magen-Darm-Trakt: Entzündungen bis hin zu Geschwüren, Blutungen und Wanddurchbrüchen in allen Abschnitten, funktionelle Beschwerden wie Blähungen, Appetitlosigkeit, Durchfälle und Verstopfung
  • Atemwege/Allergien: allergische Reaktionen bis hin zum anaphylaktischen Schock, erhöhtes Risiko für die Auslösung einer Verengung der Luftwege (Bronchospasmus) vor allem bei Asthmatikern
  • Leber/Niere: Schädigungen und Funktionsstörungen gerade bei vorgeschädigten Organen
  • Weitere seltene Nebenwirkungen, zum Teil präparatespezifisch

Das Risiko des Auftretens von unerwünschten Wirkungen variiert unter anderem in Abhängigkeit von der individuellen Disposition, in Abhängigkeit von der Dauer und Dosierung der Anwendung sowie auch in Abhängigkeit von der Art des spezifischen Wirkstoffs. Relative oder absolute Kontraindikationen ergeben sich aus dem jeweiligen spezifischen Patientenfall.

Weitere Informationen im Artikel: NSAR - Unerwünschte Wirkungen und Kontraindikationen

Schwangerschaft und Stillzeit

Während einer Schwangerschaft und Stillzeit sollten diese Medikamente in der Regel nicht eingenommen werden. Für manche Präparate besteht eine eingeschränkte Zulassung unter bestimmten Umständen.

Wechselwirkung mit anderen Medikamenten

Einzelne Wirkstoffe hemmen oder verstärken die Wirkung von bestimmten anderen Medikamenten, wodurch die Dosierung und gegebenfalls auch die Auswahl der Medikamente angepasst werden muss. Hierzu sollte in jedem Fall der behandelnde Arzt konsultiert werden.

Einnahme und Wirkdauer

Die allermeisten Vertreter sind als Tropfen, Kapseln, Tabletten oder Dragees erhältlich. Daneben existieren für manche Vertreter auch noch andere Formen wie Zäpfchen, Saft, Salben, Gels oder Präparate zur Injektion. Die Wirkdauer ist unterschiedlich und beträgt außer für Salben und Gels meist sechs bis 24 Stunden. Für einen kontinuierlichen Blutspiegel muss man diese Präparate also ein- bis viermal pro Tag geben.

Manche klassischen NSAR sind auch als Injektion erhältlich, wobei diese früher sehr verbreitete und zunehmend rückläufige Anwendungsart nur wenige Vorteile (rascher Wirkeintritt, gesicherte Einnahme) und schwerwiegende Nachteile (erhöhtes Nebenwirkungsprofil, vor allem für schwerwiegende Komplikationen wie anaphylaktischer Schock, Risiko allgemeiner Komplikationen durch Injektion, vorgeschriebene längere Beobachtungszeit) bietet.

Während manche Präparate für Kinder und teilweise sogar für Säuglinge zugelassen sind (zum Beispiel Ibuprofen und Metamizol), sind andere Präparate für die Behandlung von Kindern nicht offiziell zugelassen (Dies gilt generell für sehr viele Medikamente beim Einsatz bei Kindern), werden aber dennoch gewichtsadaptiert verwendet.

Dosierung

Für die einzelnen Präparate existieren jeweils Höchstdosierungen, welche jedoch teilweise individuell angepasst werden müssen. Hierbei spielt vor allem das Körpergewicht eine Rolle, die normalen Höchstdosen orientieren sich in der Regel an einem Körpergewicht von 75 Kilogramm. Bei Kindern oder bei Menschen mit geringerem Körpergewicht ergibt sich also eine Höchstdosis unterhalb der normalen Werte, umgekehrt bei schweren Menschen eine höhere Höchstdosis. Die Gabe oberhalb der jeweiligen individuellen Höchstdosis hat keine Vorteile, aber Nachteile: Die Schmerzreduktion nimmt nicht weiter zu, aber die Nebenwirkungsrate. Deswegen ist auch die Kombination von verschiedenen Substanzen aus dieser Gruppe in der Regel nicht sinnvoll: Sie wirken nicht besser, können aber mehr Nebenwirkungen verursachen.

Der Abbau der Stoffe erfolgt in der Regel in der Leber über das sogenannte Cytochrom-P450-System, sodass bei schweren Leberfunktionsstörungen der Abbau auch reduziert sein kann. In der Folge können selbst Dosierungen unterhalb der jeweiligen Höchstdosis zu einer Überschreitung der Höchstdosis führen. Ähnliches gilt für Menschen mit bestimmten genetischen Defekten dieses Cytochrom-P450-Systems, wo der Medikamentenabbau durch einen Gendefekt gehemmt wird. Auch hier kann es zu Überdosierungen kommen.

Hinweise für Patienten

Dieser Lexikoneintrag enthält nur allgemeine Informationen und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.

Off-Label-Use
Hinweis: Die Anwendung des oder der oben genannten Arzneimittel ist für die aufgeführten Indikationen eventuell nicht offiziell zugelassen. Es handelt sich in diesem Fall um einen sogenannten Off-Label-Use des Präparates, der von gesetzlichen oder privaten Krankenkassen oder Beihilfen in der Regel nicht erstattet wird.
Weitere Informationen…

Umstrittene Wirksamkeit
Hinweis: Bei den oben aufgeführten Diagnose- bzw. Behandlungsverfahren kann es sich eventuell um wissenschaftlich umstrittene und derzeit nicht von allen Experten wissenschaftlich anerkannte Methoden handeln. Die Kosten dieser Anwendungen werden von gesetzlichen oder privaten Krankenkassen oder Beihilfen in der Regel nicht erstattet.
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