Wachstumsprognose
Um das zu erwartende Wachstum und die voraussichtliche Endgröße eines Kindes nach Wachstumsabschluss zu bestimmen, existieren verschiedene Methoden. Zu berücksichtigen ist hierbei allerdings, dass die Prognosen umso störanfälliger sind, je jünger das Kind ist, für das man eine Prognose erstellen möchte.

Knochenalter/Skelettreife
Die Skelettreife spiegelt die körperliche Entwicklung eines Kindes wider und dient als wichtiges Hilfsmittel zur Diagnose und Therapieverfolgung von Wachstumsstörungen. Das Knochenalter ist hierbei von entscheidenderer Bedeutung als das chronologische (oder kalendarische) Alter. Im Normalfall stimmen Knochenalter und chronologisches Alter überein [1]. Eine mangelhafte körperliche Entwicklung sollte immer im Kontext mit dem Knochenalter beurteilt werden [2].
Zur Bestimmung des Knochenalters werden spezielle Röntgenaufnahmen angefertigt. Bis zu einem Alter von 1,5 Jahren kann das Knochenalter durch eine Röntgenaufnahme des Knies, bei einem Alter über 1,5 Jahren durch eine Röntgenaufnahme der linken Hand bestimmt werden [3]. Zur anschließenden Beurteilung der Bilder hinsichtlich Konfiguration und Größe der Knochen von Handwurzel und Fingern werden Atlanten herangezogen, die eine vergleichende Zuordnung zu Beispielaufnahmen ermöglichen wie bspw. der Knochenatlas von Greulich und Pyle [4], oder sie werden automatisiert analysiert (z.B. BoneExpert). Aus der Summe des jeweiligen Knochenreifungszustands wird ein „Knochenalter“ ermittelt, dieses mit dem chronologischen Alter in Beziehung gesetzt und hierdurch Hinweise auf das verbleibende Wachstumspotenzial gewonnen [5].
Genetische Zielgröße (target height)
Um das Ausmaß der Vererblichkeit zu erfassen, wendet man die Zielgrößenberechnung nach Tanner [9]. Diese ist die zu erwartende Endgröße eines Kindes, berechnet auf der Basis der elterlichen Größen:
Jungen: [Größe Mutter + Größe Vater + 6,5 cm] / 2
Mädchen: [Größe Mutter + Größe Vater – 6,5 cm] / 2
Der erwartete Bereich für die Endgröße ist die Zielgröße +/- 8,5 cm (entspricht ~2 SD). Dort liegen nach Beendigung ihres Wachstums ca. 95% aller Kinder [10].
Literatur
[1] Schröter, F.A., Konstitutionelle Entwicklungsverzögerung und Familiärer und Idiopathischer Kleinwuchs auf dem Prüfstand – Unterscheidbare klinische Diagnosen oder Existenz eines Kontinuums? Dissertation Humanmedizin, Philipps-Universität Marburg 2010
[2] Stolecke, H.F., Endokrinologie des Kindes- und Jugendalters. 3rd ed. 1997: Springer Verlag. 619.
[3] Intensivkurs Pädiatrie 3. Auflage, Urban&Fischer, Ania Muntau, 2004
[4] Greulich, W.W. and I.S. Pyle, Radiographic Atlas of Skeletal Development of the Hand and Wrist. 2nd ed. 1959, Stanford: Stanford University Press. 272.
[5] Speer C.P., Gagr M., Dötsch J.; Wölfle J., Holterhus P.-M., Oppelt P. G., Wünsch L., Semler J. O., Schönau E., and Petersen C., Endokrinologie interdisziplinär. Pädiatrie. 2019 : 645–701.