Arbeitsunfälle
Ein Arbeitsunfall ist ein Gesundheitsschaden, der im Rahmen einer versicherten Tätigkeit entsteht. Damit ein Unfallereignis als Arbeitsunfall anerkannt wird, müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein. Auch dürfen Patienten nach einem solchen Unfall nur von bestimmten Ärzten, den sogenannten Durchgangsärzten behandelt werden.
Definition
Arbeitsunfälle sind definiert als zeitlich begrenzte, von außen einwirkende Ereignisse, die bei einer versicherten Tätigkeit beim Versicherten zu einem Gesundheitsschaden führen.
Anerkennung als Arbeitsunfall
Grundsätzlich gilt, dass zwischen der versicherten Tätigkeit und dem Unfallereignis ein Zusammenhang bestehen muss, ebenso ein Zusammenhang zwischen Unfallereignis und Gesundheitsschaden. Somit müssen vier Voraussetzungen zur Anerkennung als Arbeitsunfall gegeben sein:
- Unfall während einer versicherten Tätigkeit
- Einwirkung des schädigenden Einflusses zeitlich begrenzt
- Einwirkung von außen
- Resultieren eines Gesundheitsschadens
Diese Voraussetzungen müssen genau geprüft werden, und sind nicht selten auch Gegenstand von gerichtlichen Auseinandersetzungen. So kann zum Beispiel eine Verletzung, die man sich in der Mittagspause außerhalb der Arbeitsstätte zugezogen hat, nicht als Arbeitsunfall anerkannt werden, da dies keine versicherte Tätigkeit ist.
Der ebenfalls zu den Arbeitsunfällen zählende Wegeunfall bezieht sich auf die Strecke zwischen der Wohnungstür und der Arbeitsstätte, Unfälle noch innerhalb der Wohnung oder Unfälle auf dem Weg nach Hause bei einem Umweg zum privaten Einkauf zählen nicht dazu.
Die zeitliche Begrenzung umfasst maximal eine Arbeitsschicht, Schäden mit längerer Einwirkzeit können gegebenfalls dagegen eine Berufskrankheit darstellen. Arbeitsunfälle und Berufskrankheit schließen sich in der Regel deswegen aus.
Eine Einwirkung von außen bedeutet auch, dass Erkrankungen bei inneren Ursachen der Anerkennung als Arbeitsunfall meist entgegenstehen: so weist zum Beispiel der erlittene Herzinfarkt während der Arbeit dieses Merkmal nicht auf und wird daher auch nicht als Arbeitsunfall anerkannt, ebenso der auftretende Rückenschmerz durch körperliche Belastung.
Zu den sogenannten inneren Ursachen zählen auch Verletzungen, die sich jemand selbst absichtlich zufügt: Eine unabsichtliche Schnittverletzung mit einer Kreissäge gilt so als Arbeitsunfall, nicht aber eine absichtlich beigefügte Schnittverletzung. In manchen Fällen kann die Unterscheidung auch strittig sein, wenn degenerative Vorschäden vorliegen.
Schließlich muss auch eine echte Gesundheitsschädigung vorliegen, der „Beinah-Unfall“ zählt also nicht. In Fällen, bei welchen mehrere Ursachen zum Körperschaden geführt haben, müssen die beruflich bedingten Ursachen zumindestens wesentlich mitverantwortlich sein, Gelegenheitsursachen genügen hierfür nicht.
Neigt zum Beispiel jemand bei einer Fehlanlage zum Auskugeln der Kniescheibe (sogenannte habituelle Luxation), so ist das Auftreten während der Arbeit bei einer gewöhnlichen Tätigkeit kein Arbeitsunfall. Eine Anerkennung wäre nur denkbar, wenn gleichzeitig eine massive Verdrehung durch einen Einfluss von außen stattgefunden hat.
Trägerschaft
Für die Arbeitsunfälle sind die Berufsgenossenschaften und Unfallkassen als Träger der gesetzlichen Unfallversicherung zuständig. Diese Versicherungen benennen ihre eigenen Ärzte (Durchgangsärzte), welche dann die Behandlung der Verletzung übernehmen, das Prinzip der freien Arztwahl gilt hier also nur eingeschränkt. Das Grundprinzip einer Minimalversorgung wie in der gesetzlichen Krankenversicherung nach § 12.1 SGB V besteht hier nicht, vielmehr sind die Berufsgenossenschaften verpflichtet, alles nötige zu unternehmen, damit die Verletzung bestmöglich und mit möglichst geringen Dauerschäden abheilt.
Verhalten bei einem Arbeitsunfall
Grundsätzlich erfolgt die Feststellung des Arbeitsunfalles, die Diagnose der entstandenen Schäden und die Therapie durch den Durchgangsarzt. Stellt sich ein Verletzter erstmalig bei einem anderen Arzt vor, so darf dieser nur eine Notfallversorgung durchführen und muss den Verletzten beim Durchgangsarzt vorstellen. Bei kleineren Schäden kann die nachfolgende Behandlung nach Vorstellung beim Durchgangsarzt dann auch bei anderen Ärzten erfolgen.
Bis Ende 2015 existierte auch noch das sogenannte H-Arzt-Verfahren, an welchem auch eine Reihe von Orthopäden teilnahmen. Diese H-Ärzte waren mit Ausnahme von schweren Verletzungen von der Vorstellung beim Durchgangsarzt befreit. Das Verfahren wurde durch die Berufsgenossenschaften eingestellt, seitdem dürfen ehemalige H-Ärzte Arbeitsunfälle nicht mehr behandeln und müssen sie weiterschicken, sofern sie nicht die Zulassung als Durchgangsärzte erhalten haben. Diese Zulassung ist an eine Mindestanzahl von entsprechenden Patienten sowie auch bestimmte räumliche Voraussetzungen inklusive Operationssaal gebunden.
Dauerschaden
Verbleibt aus einem Arbeitsunfall ein Dauerschaden, kann daraus ein Rentenanspruch resultieren. Hierüber wird in der Regel in zwei Rentengutachten in zeitlichem Abstand entschieden, wobei ein gewisses Mindestmaß an Dauerschäden vorhanden sein muss, aus dessen Höhe errechnet sich auch die Rentenzahlung.
Kostenträger
Die Beiträge zur gesetzlichen Unfallversicherung, welche für Arbeitnehmer eine Pflichtversicherung darstellt, trägt der Arbeitgeber. Sind diese Beiträge vom Arbeitgeber nicht beglichen worden, besteht für den verletzten Arbeitnehmer dennoch Versicherungsschutz. Studenten sind während ihres Studiums an der Hochschule oder Universität ebenfalls versichert. Selbstständige oder Freiberufler können sich freiwillig auch gesetzlich unfallversichern, hierzu besteht jedoch keine Pflicht.
Literatur und weiterführende Links
Mehrhoff, F. / Meindl, R. / Muhr, G.: Unfallbegutachtung. Berlin: De Gruyter, 2009.
Schiltenwolf, M. / Hollo, D. (Hrsg.): Begutachtung der Haltungs- und Bewegungsorgane. Stuttgart: Thieme, 2013.
Weise, K. / Schiltenwolf, M. (Hrsg.): Grundkurs orthopädisch-unfallchirurgische Begutachtung. Heidelberg: Springer, 2008.