Werferschulter

Bei Wurfsportarten und Überkopfbelastungen kommt es aufgrund der häufigen Wiederholung bestimmter Bewegungen (Abspreizen des Arms, Außenrotation) zu muskulären Dysbalancen, also zur Verkürzung und Schwächung einzelner Muskeln, und zu einer Störung des Bewegungsrhythmus der Schulter. Dies kann in der Folge zu einer schmerzhaften funktionellen Verengung im Schultergelenk, einem sogenannten Impingement, führen. Die daraus resultierenden Schäden werden unter dem Begriff der Werferschulter oder Sportlerschulter zusammengefasst.

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Häufigkeit

Aufgrund der hohen Beanspruchung der Schulter bei Überkopfsportarten besteht hier ein erhöhtes Verletzungsrisiko. Dieses ist abhängig von der Sportart und dem Ausmaß der Belastung. Beim Schwimmen liegt das Verletzungsrisiko Studien zufolge zwischen ca. 40 und 90 Prozent, bei Volleyball und Tennis zwischen 20 und 60 Prozent sowie beim Baseball zwischen 60 und 70 Prozent. Dabei muss zwischen akut traumatischen (unfallbedingten), chronisch degenerativen (verschleißbedingten) und funktionellen Ursachen und Verletzungsmechanismen unterschieden werden.

Ursachen

Als Auslöser der schmerzhaften und leistungsmindernden Symptome der Werferschulter kann entweder eine traumatisch bedingte strukturelle Schädigung oder auch eine chronische Überlastungssituation durch wiederholte geringfügige Schädigungen, sogenannte Mikrotraumata, in Frage kommen. Das damit einhergehende muskuläre Ungleichgewicht führt schlussendlich zu einer Dezentrierung der Schulter, wodurch es zu einem sogenannten Engpass- oder Impingement-Syndrom kommt, insbesondere im hinteren oberen (postero-superiorem) Bereich des Schultergelenks.

Hierbei lassen spezifische krankheitsbedingte Veränderungen in der Schulter ausmachen, die einzeln oder in Kombination für die Ausbildung der Beschwerden verantwortlich sind, und sich in fünf Bereiche gliedern lassen:

1. Gelenkkapsel: Bei der Gelenkkapsel handelt es sich um eine Hülle aus Bindegewebe, die das Gelenk umschließt. Aufgrund der oft nur in eine Richtung erfolgenden, wiederholten Belastungen kommt es zu Veränderungen des Bewegungsumfangs der betroffenen Schulter. Häufig zeigt sich hier ein sogenanntes GIRD (glenohumerales Innenrotationsdefizit), bei dem eine um 20 Grad verminderte Innenrotationsfähigkeit der betroffenen Schulter vorliegt.

2. Schulterblatt (Skapula): Ausgeprägte Veränderungen des Bewegungsverhaltens des Schulterblatts (Skapuladyskinesie), die sich unter anderem in einem gestörten Bewegungsrhythmus von Schultergelenk, Schulterblatt und Brustkorb äußern (skapulothorakaler Rhythmus), sowie eine fehlerhafte Position des Schulterblatts (Skapulasetting) verhindern eine optimale Positionierung der Gelenkpfanne des Schultergelenks und damit eine optimale Weiterleitung der kinetischen Energie während der Wurfbewegung. Ist dieser Bewegungsablauf nicht optimal möglich, wird die Entstehung eines symptomatischen Engpass-Syndroms (postero-superiores Impingement – PSI) deutlich begünstigt.

3. Gelenkstabilität: Durch Instabilitäten im Schultergelenk kommt es ebenfalls zur Dezentrierung der Schulter und in der Folge zur Überlastung der Rotatorenmanschette, einer stabilisierenden Muskelgruppe im Schulterbereich. Aber auch eine fehlende Rumpfstabilität kann ein entscheidender Faktor sein, da diese für einen optimalen Bewegungsablauf bei Schulterbewegungen ebenfalls von Bedeutung ist.

4. Rotatorenmanschette: Die Rotatorenmanschette, die aus vier verschiedenen Muskeln und deren Sehnen besteht, stabilisiert das Schultergelenk. Durch starke Außenrotationsbewegungen und das resultierende Impingement-Syndrom kommt es zum mechanischen Kontakt der Ansätze einiger dieser Sehnen und in der Folge häufig zur Zystenbildung am Schultergelenk. Diese Zysten lösen aber nur in den seltensten Fällen Beschwerden aus. Häufiger sind schmerzhafte Teilrisse der Rotatorenmanschette.

5. Bizepssehnenkomplex: Sowohl der Bizepssehnenanker als auch die stabilisierende ringförmige Bandeinfassung der Bizepssehne, das sogenannte Pulleysystem, sind bei Überkopfsportlern maximalen Belastungen ausgesetzt. Nicht selten kommt es hier zu chronisch degenerativen und Instabilitäts-Verletzungen. Der Bizepssehnenkomplex ist häufig Auslöser für Schmerzen und kann maßgeblich zur Intensität der Beschwerden beitragen.

Symptome und Verlauf

Das häufigste Symptom, das letztlich zur ärztlichen Konsultation führt, ist der Schmerz und die damit verbundene Leistungsminderung. Die Schmerzen sind belastungsabhängig und verstärken sich zunehmend. Zusätzlich kommt es gehäuft zu endgradigen Bewegungseinschränkungen (am Ende einer Bewegung). Die Beschwerden zeigen häufig einen zunehmend schweren Verlauf und führen bis hin zur Sportunfähigkeit. Es sollte deshalb so früh wie möglich mit der Behandlung begonnen werden, um hochgradige strukturelle Verletzungen, wie komplette Rupturen (Risse) der Rotatorenmanschette, zu verhindern. Diese zählen in Kombination mit Schädigungen der Gelenklippe (Labrum) oder des Bizepssehnenkomplexes zum Endbild der „Werferschulter“, das eine eher schlechte Prognose hat.

Diagnose

Eine detaillierte und systematische klinische Untersuchung in Verbindung mit einer sportspezifischen Anamnese bilden das Fundament der Diagnostik. Hierbei sollten die fünf möglichen Ursachen im Seitenvergleich untersucht werden:

  1. Bewegungsumfang der Schulter mit Berücksichtigung der Rotation
  2. Veränderungen des Bewegungsverhaltens und der Position des Schulterblatts
  3. Instabilität der Schulter
  4. Testen der Rotatorenmanschette
  5. Testen der langen Bizepssehne

Zur Abklärung von strukturellen Schäden kann ein MRT durchgeführt werden. Hier lässt sich durch zusätzlich ins Gelenk injizierte Kontrastmittel und Funktionsaufnahmen in 90°-Abduktions-/90°-Außenrotationsstellung („abduction external rotation“, ABER-Position) die Genauigkeit weiter erhöhen. Jedoch besteht häufig nur ein geringer Zusammenhang zwischen den MRT-Befunden und den klinischen Symptomen, sodass die Bildgebung teils kritisch interpretiert werden sollte, um die klinische Relevanz nicht zu überschätzen.

Therapie

Der primäre Therapieansatz ist konservativ. Operative Optionen zur Behandlung der Sportlerschulter sind nur bei gesichertem strukturellen Schaden und gescheiterer konservativer Therapie angebracht. Ziele der konservativen Therapie sind die ursächlichen funktionellen Defizite aufzuarbeiten und somit die volle Trainings- und Wettkampffähigkeit des Sportlers zu regenerieren. Hierfür ist es elementar, diese Defizite und funktionalen Dysbalancen von Muskeln und Gelenkkapsel als Ursache festzustellen. Auf dieser Grundlage kann dann in geeigneter Form an den Einschränkungen der Schulterfunktion und -beweglichkeit gearbeitet werden. Hierbei stehen vor allem das Aufdehnen der hinteren Gelenkkapsel sowie der häufig verkürzten Brustmuskeln im Vordergrund. Geeignete Übungen (Crossbody Stretch oder Sleeper Stretch) können durch den geschulten Physiotherapeuten gezeigt und selbständig durch den Patienten fortgeführt werden. Begleitend wird die neuromuskuläre Kontrolle der Rotatorenmanschette trainiert, bevor dann ein gezieltes Krafttraining erfolgt.

Parallel werden Kraft, Stabilität und neuromuskuläre Kontrolle des Rumpfs und der unteren Extremität verbessert, da nur so eine optimale Wurfmechanik des Schultergürtels auch langfristig sichergestellt werden kann.

Beim Versagen der physiotherapeutischen Behandlung über einen längeren Zeitraum (sechs Monate), kann es notwendig werden, operativ einzugreifen.

Meistens sind dann vor allem Schäden an der Rotatorenmanschette oder des Bizepssehnenkomplexes zu adressieren. Im Gegensatz zur degenerativen Komplettruptur der Rotatorenmanschette im Alter kommt es im Rahmen der Werferschulter gehäuft zu gelenkseitigen Teilrupturen. Diese können zum Teil mit einem Debridement (Entfernung von abgestorbenem oder geschädigtem Gewebe) oder einer entsprechenden Rotatorenmanschetten-Rekonstruktion versorgt werden. Bei Schäden an der Bizepssehne stehen je nach Lokalisation die operative Wiederbefestigung des Bizepssehnenankers, der sogenannte SLAP-Repair, oder eine Bizepssehnen-Tenodese (operative Befestigung der Bizepssehne) als Therapieoptionen zur Verfügung. Diese Eingriffe erfolgen arthroskopisch, das heißt minimalinvasiv.

FAQ - Häufig gestellte Fragen zur Werferschulter

Was ist die Werferschulter?

Die Werferschulter bezeichnet eine spezifische Form von Schulterverletzungen, die häufig bei Sportarten auftreten, in denen ein Überkopfwurf erforderlich ist, wie zum Beispiel Baseball, Handball oder Tennis. Sie umfasst Verletzungen oder Überlastungsschäden an den Muskeln, Sehnen und Gelenken der Schulter.

Was sind die häufigsten Verletzungen der Werferschulter?

Zu den häufigsten Verletzungen zählen:

  • Rotatorenmanschettenverletzungen
  • Impingement-Syndrom
  • Schulterinstabilität
  • Bizepssehnenentzündung Diese Verletzungen können Schmerzen, eingeschränkte Beweglichkeit und Schwäche im Wurfarm verursachen.

Was sind die Symptome einer Werferschulter?

Typische Symptome sind:

  • Schmerzen in der Schulter, insbesondere beim Werfen oder Heben des Arms
  • Eingeschränkte Beweglichkeit
  • Schwäche im betroffenen Arm
  • Knackgeräusche oder -empfindungen bei Bewegungen

Wie wird eine Werferschulter diagnostiziert?

Die Diagnose erfolgt in der Regel durch eine körperliche Untersuchung, Anamnese und bildgebende Verfahren wie Röntgenaufnahmen, MRT oder Ultraschall, um das Ausmaß der Verletzung zu bestimmen.

Welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es?

Die Behandlung kann je nach Schweregrad der Verletzung variieren und umfasst:

  • Ruhe und Schonung
  • Physiotherapie zur Stärkung der Muskulatur und Verbesserung der Beweglichkeit
  • Schmerzmittel zur Linderung von Beschwerden
  • In schweren Fällen kann eine Operation erforderlich sein.

Wie kann man Verletzungen der Werferschulter vorbeugen?

Vorbeugende Maßnahmen sind:

  • Aufwärmen und Dehnen vor dem Training
  • Techniktraining zur Verbesserung der Wurfmechanik
  • Regelmäßiges Kraft- und Stabilitätstraining für die Schulter- und Rumpfmuskulatur
  • Pausen und Erholungsphasen einhalten, um Überlastungen zu vermeiden.

Wann sollte man einen Arzt aufsuchen?

Ein Arzt sollte aufgesucht werden, wenn die Schmerzen anhalten, sich verschlimmern oder die Beweglichkeit stark eingeschränkt ist. Frühzeitige Diagnose und Behandlung können helfen, schwerwiegendere Probleme zu vermeiden.

Wie lange dauert die Genesung?

Die Genesungsdauer hängt von der Art und Schwere der Verletzung ab. Leichte Verletzungen können innerhalb von Wochen heilen, während schwerwiegendere Probleme mehrere Monate in Anspruch nehmen können. Regelmäßige Nachkontrollen sind wichtig, um den Heilungsprozess zu überwachen.

Hinweise für Patienten

Dieser Lexikoneintrag enthält nur allgemeine Informationen und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.

Off-Label-Use
Hinweis: Die Anwendung des oder der oben genannten Arzneimittel ist für die aufgeführten Indikationen eventuell nicht offiziell zugelassen. Es handelt sich in diesem Fall um einen sogenannten Off-Label-Use des Präparates, der von gesetzlichen oder privaten Krankenkassen oder Beihilfen in der Regel nicht erstattet wird.
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Umstrittene Wirksamkeit
Hinweis: Bei den oben aufgeführten Diagnose- bzw. Behandlungsverfahren kann es sich eventuell um wissenschaftlich umstrittene und derzeit nicht von allen Experten wissenschaftlich anerkannte Methoden handeln. Die Kosten dieser Anwendungen werden von gesetzlichen oder privaten Krankenkassen oder Beihilfen in der Regel nicht erstattet.
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