Hypophosphatasie

Hypophosphatasie (HPP) ist eine erbliche, langsam fortschreitende und sehr seltene Stoffwechselkrankheit mit schweren Auswirkungen auf verschiedene Körperfunktionen. Patienten mit HPP können höchst belastenden und in einigen Fällen sogar lebensbedrohlichen, gesundheitlichen Folgen ausgesetzt sein.

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HPP Im Überblick

Die Erkrankung ist durch eine gestörte Mineralisierung der Knochen gekennzeichnet, die zu einer Verformung der Knochen oder anderen Veränderungen der Knochenstruktur führen kann. Dazu können weitere systemische Komplikationen wie stark ausgeprägte Muskelschwäche und, bei schweren Formen in der frühen Kindheit, auch Krampfanfälle und Atemversagen
kommen, die zum vorzeitigen Tod führen können.1-3

HPP kann Männer und Frauen jeden Alters treffen und schwere Folgen haben.1 Viele HPP-Patienten haben schwache, untermineralisierte oder weiche Knochen, was zu häufigen Frakturen und Verformungen des Skeletts führt.1-3 Diese Fehlbildungen können das kindliche Wachstum beeinträchtigen und zudem alltägliche Bewegungen, wie Gehen, Laufen, Stehen, Springen oder Treppensteigen, behindern.4,5

Speziell Säuglinge und Kleinkinder können besonders schwere HPP-Symptome wie Krämpfe und Atemversagen aufweisen.1 In der Vergangenheit hatten Säuglinge, die in den ersten 6 Monaten erste schwere HPP-Symptome zeigten, eine besonders hohe Sterberate — 73 % starben innerhalb der ersten fünf Lebensjahre.6

Ursachen

HPP ist eine Erbkrankheit, die durch einen Gendefekt (Mutation) ausgelöst wird. Das betroffene Gen ist für die Produktion des Enzyms TNSALP (gewebeunspezifische alkalische Phosphatase, im weiteren kurz alkalische Phosphatase genannt) zuständig.1,7 Durch die Mutation wird alkalische Phosphatase (AP) in zu geringer Konzentration oder mit geringerer Aktivität im Körper hergestellt.1,7,8

Arbeitet das Enzym AP effektiv, können sich zwei wichtige Mineralien, Kalzium und Phosphat, miteinander verbinden, damit gesunde mineralisierte Knochen entstehen.7,9 Bei HPP-Patienten ist die AP-Aktivität jedoch niedrig, was zu einer unzureichenden Mineralisierung der Knochen mit Kalzium und Phosphat führt.10 Stattdessen können sich Pyrophosphat, Kalzium und Phosphat an verschiedenen Stellen im Körper ansammeln und zu den entsprechenden Konsequenzen der HPP führen.10

Folgen

Die Anzeichen und Symptome der HPP können von Patient zu Patient stark variieren. Zu den Anzeichen zählen Probleme in den Knochen, den Muskeln, den Gelenken, der Lunge, den Zähnen und den Nieren.1,8 Wegen des fortschreitenden Verlaufs der Erkrankung können neue Symptome in jedem Alter auftreten und sich über die Zeit verschlimmern, was zu schweren Behinderungen führen kann.1 HPP kann Auswirkungen auf folgende Körperbereiche haben:

Knochen

  • Untermineralisierte oder brüchige Knochen11,12,13
  • HPP-bedingte Rachitis1
  • Häufige Frakturen, besonders in den Oberschenkelknochen, Füßen und Zehen1

Eine Patientenbefragung von 125 Erwachsenen mit HPP (Erstauftreten der Erkrankung sowohl im Erwachsenenalter als auch im Kindesalter) ergab, dass durchschnittlich fast 13 Frakturen im Laufe des Lebens auftreten.5

  • Schlecht heilende Frakturen1,14
  • Krumme Beine1
  • Chronische Knochenschmerzen1
  • Abhängigkeit von Hilfsmitteln wie Krücken, Gehhilfen oder Rollstuhl1

Muskeln und Gelenke

  • Muskelschwäche1
  • Arthritis (bei Erwachsenen und Kindern)1
  • Pseudogicht, hervorgerufen durch Ablagerungen von Kalzium in den Gelenken1
  • Watschelgang1

Brustkorb und Lunge

  • Rachitische Brust, eine Fehl- oder Unterentwicklung der Rippenknochen, die besonders bei Neugeborenen und Säuglingen zu einer Unterentwicklung der Lunge führt.15 In der Vergangenheit sind mehr als 80 % der Säuglinge mit HPP-bedingter Beeinträchtigung der Atmung verstorben.6
  • Schwere Komplikationen bei der Atmung, die eine Beatmungshilfe erforderlich machen, besonders bei Neugeborenen und Säuglingen1,5
  • Lungenentzündung6

Kopf und neurologisch

  • Kraniosynostose, ein verfrühter Verschluss der Schädelnähte, der zu einer Verformung des Schädels und unter Umständen zu einer Erhöhung des Drucks auf das Gehirn und zu einer Anschwellung des Sehnervs führt.1,11
  • Krampfanfälle (besonders bei Neugeborenen und Säuglingen) sind ein Hinweis auf eine sehr schlechte Prognose. In der Vergangenheit starben 100 % der Patienten, die im Säuglingsalter Vitamin B6-abhängige Anfälle erlitten.1,16

Nieren

  • Die Ablagerung von Kalzium in den Nieren (Nephrokalzinose) kann zu einer verringerten Nierenfunktion führen.1

Zähne

  • Früher Zahnverlust (vor dem 5. Lebensjahr)1
  • Zahnausfall, bei dem die Zähne z.T. samt Wurzel schmerzlos ausfallen9,11
  • Zahnfleischerkrankungen17

Diagnose und Therapie

Da die Symptome der HPP anderen, häufigeren Erkrankungen ähneln können, ist die Möglichkeit einer Verwechslung der Diagnosen groß und es dauert oft lange, bis die Erkrankung erkannt wird.1,18 Dabei kann man HPP einfach durch eine Kombination aus einer vollständigen, klinischen Beurteilung und einem einfachen Bluttest diagnostizieren, der die AP-Aktivität entsprechend dem Geschlecht und dem Alter überprüft.1,17 Eine frühe, korrekte Diagnose ist entscheidend, um die Patienten richtig zu behandeln.1,17

Referenzen

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  8. Whyte MP. Hypophosphatasia. In: Scriver CR, Beaudet AL, Sly WS, Valle D, eds. The Metabolic and Molecular Bases of Inherited Disease. Vol 4. 8th ed. New York, NY: McGraw-Hill; 2001;5313-5329.
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  16. Baumgartner-Sigl S, Haberlandt E, Mumm S, et al. Pyridoxine-responsive seizures as the first symptom of infantile hypophosphatasia caused by two novel missense mutations (c.677T>C, p.M226T; c.1112C>T, p.T371I) of the tissuenonspecific alkaline phosphatase gene. Bone. 2007;40(6):1655-1661.
  17. Mornet E, Nunes ME. Hypophosphatasia. In: Pagon RA, Bird TD, Dolan CR, Stephen K, eds. GeneReviews. Seattle, WA: University of Washington, Seattle; 1993.
  18. Mohn A, De Leonibus C, de Giorgis T, et al. Hypophosphatasia in a child with widened anterior fontanelle: lessons learned from late diagnosis and incorrect treatment. Acta Paediatr. 2011;100(7):e43-e46.

Quelle: Alexion Pharma Germany GmbH

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