Hämophile Arthropathie

Die Hämophilie ist eine angeborene Blutgerinnungsstörung, die zu schweren Blutungen in die Muskulatur und Gelenke führen kann. Diese wiederkehrenden Einblutungen haben frühzeitige Gelenkschäden zur Folge.

Auftreten und Häufigkeit

Die Hämophilie ist eine X-chromosomal rezessiv vererbte Krankheit, bei der häufig die Männer Symptome zeigen (da diese nur ein X-Chromosom besitzen), während Frauen meistens symptomarme Überträger sind (da diese zwei X-Chromosomen besitzen). Die Häufigkeit der Erkrankung liegt bei 1/5.000 für die Hämophilie A und 1/30.000 für die Hämophilie B, das heißt einer von 5.000 bzw. einer von 30.000 Menschen erkrankt daran.

Ursachen

Die Störung der Blutgerinnung und die damit verbundenen Einblutungen in die Muskulatur und die Gelenke sind durch das Fehlen von Blutgerinnungsfaktoren bedingt. Bei einem Mangel an Faktor VIII spricht man von einer Hämophilie A, bei einem Mangel an Faktor IX von Hämophilie B; selten besteht ein Mangel an Faktor XI, dann spricht man von Hämophilie C.

Symptome und Verlauf

Die Ausprägung der Erkrankung hängt von der Restaktivität des jeweiligen Blutgerinnungsfaktors ab.

Blutungen in die Muskulatur können Kontrakturen zur Folge haben. Dabei handelt es sich um Versteifungen von Gelenken, die mit Bewegungs- und Funktionseinschränkungen einhergehen. Blutungen in die Gelenke führen früh zu Knorpelschäden, sodass die Patienten bereits in jungen Jahren fortgeschrittene (sekundäre) Arthrosen aufweisen. Die drei am häufigsten betroffenen Gelenke sind das Sprung- und Kniegelenk sowie das Ellenbogengelenk.

Abb. 1: Schwere hämophile Arthropathie beider Kniegelenke mit klobiger Verformung der Gelenksilhouette, Achsenfehlstellung und Streckdefizit rechts (Quelle: Prof. Dr. W. Rüther, Universitätsklinikum Hamburg Eppendorf)

Diagnose

Die Patientenbefragung (Anamnese) ist entscheidend. Einblutungen in die Gelenke oder Muskulatur bei Kindern ohne entsprechende Verletzung oder nach nur geringfügigen Verletzungen sollten dazu führen, eine laborchemische Untersuchung der einzelnen in der Blutgerinnung beteiligten Faktoren zu veranlassen. Eine Hämophilie kann hier durch den jeweiligen Faktormangel nachgewiesen werden. Zudem zeigt sich eine Verlängerung der partiellen Thromboplastinzeit. Dieser im Labor ermittelte Wert gibt Auskunft darüber, wie schnell das Blut eines Patienten gerinnt und dementsprechend, wie gut die Bluterinnung funktioniert.

Therapie

Die Therapie erfolgt durch vorbeugende Gaben der fehlenden Gerinnungsfaktoren in Abhängigkeit von deren Restaktivität, um Einblutungen zu vermeiden. Bei eingetretenem Blutungsereignis sowie vor, während und nach einer geplanten Operation wird der fehlende Faktor ebenfalls ersatzweise verabreicht.

Regelmäßige physiotherapeutische Anwendungen und Heimtrainingsprogramme sollen Muskelschwund (Atrophie) sowie Kontrakturen der gelenkumgreifenden Muskulatur verhindern/verzögern.

Wiederkehrende Gelenkeinblutungen mit begleitender Entzündung der Gelenkinnenhaut (Synovialitis) können mithilfe einer Radiosynoviorthese (RSO – nuklearmedizinisches Verfahren zur Behandlung chronisch-entzündlicher Gelenkerkrankungen) und einer Synovialektomie (Entfernung der Gelenkinnenhaut) verringert werden.

Schuh- und Einlagenversorgungen sind fester Bestandteil der konservativen Therapie. Sind Fehlstellungen der Gelenkkörper eingetreten, kommen Korrekturosteotomien (operative Eingriffe, bei denen Knochen gebrochen, neu ausgerichtet und wieder fixiert werden) in Frage.

Bei fortgeschrittener Arthropathie ist in vielen Fällen der endoprothetische Gelenkersatz die Behandlung der Wahl. Bei fortgeschrittener Arthropathie des Sprunggelenkes kommt auch die Versteifung in Frage. Während und nach der Operation ist die konsequente Kontrolle der Blutgerinnung unbedingt erforderlich; die, in enger Zusammenarbeit mit den Hämostaseologen, die auf Störungen der Blutgerinnung spezialisiert sind, erfolgt.

Literatur und weiterführende Links

Muskuloskelettaler Arbeitskreis Hämophilie Homburg/Saar. http://www.uniklinikum-saarland.de/fileadmin/UKS/Einrichtungen/Kliniken_und_Institute/Haemophilie-Zentrum/Haemophilie-Symposium_2010__Jung.pdf (Abgerufen am: 22.06.2018).

Vanderhave, K. L.: Musculoskeletal care of the hemophiliac patient. J Am Acad Orthop Surg. 2012.

Hinweise für Patienten

Dieser Lexikoneintrag enthält nur allgemeine Informationen und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.

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