Polytrauma
Mit dem Begriff Polytrauma werden gleichzeitig erlittene Verletzungen bezeichnet, die einzeln oder in der Summe lebensbedrohlich sind. Die Behandlung erfolgt stufenweise und hat das Ziel, die bestmögliche Therapie in möglichst kurzer Zeit zu gewährleisten. Um dies sicherzustellen, haben sich feste Handlungsabläufe (Therapiealgorithmen) etabliert. Darüber hinaus erfolgt die Behandlung der schwerverletzen Patienten in spezialisierten, unfallchirurgischen Traumazentren.
Häufigkeit
Bis zu 35.000 Patienten erleiden in Deutschland pro Jahr eine Polytraumaverletzung. Das Polytrauma stellt die führende Todesursache bei Patienten unter 44 Jahren dar. Männer sind häufiger betroffen als Frauen, Hauptmechanismus sind stumpfe Verletzungen. Die Gesamtsterblichkeit der Patienten liegt bei 20 Prozent.
Ursachen
Hauptursache für ein Polytrauma sind schwere Verkehrsunfälle und Stürze aus großer Höhe. Danach folgen Arbeitsunfälle, Freizeitunfälle (vor allem bei Extremsportarten), Suizidversuche und Gewaltverbrechen als mögliche Ursachen.
Symptome
Grundsätzlich können alle Körperregionen von einem Polytrauma betroffen sein. Die Verletzungsmuster unterscheiden sich hierbei stark und eine ganzheitliche Therapie ist entscheidend. Oft besteht ein gleichzeitig vorliegendes Schädel-Hirn-Trauma.
Eine Bewusstseinstrübung bis zur Bewusstlosigkeit ist daher häufig. Neben offenen Wunden und Knochenbrüchen können auch Einschränkungen der Atemfunktion und innere Blutungen vorliegen.
Diagnose und Therapie
Die Therapie polytraumatisierter Patienten beginnt schon am Unfallort durch Notärzte und Rettungsdienst. Zur schnellen Versorgung und zum schnellen Transport erfolgt häufig der Einsatz eines Rettungshubschraubers. Um eine optimale Versorgung der Patienten zu gewährleisten, besteht in Deutschland das sogenannte Trauma Netzwerk (TNW) der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie (DGU). Vor allem in den spezialisierten „überregionalen Traumazentren“ werden alle Ressourcen zur optimalen Versorgung vorgehalten.
Nach Einlieferung der Unfallverletzten erfolgt eine schnellstmögliche Diagnostik und Therapie im sogenannten Schockraum sowie meist eine Ganzkörpercomputertomographie (CT). Danach erfolgt die Entscheidung, ob eine operative Notfalltherapie umgehend oder verzögert eingeleitet wird. Die weitere Behandlung der Patienten erfolgt auf der Intensivstation. Nicht selten sind mehrfache Eingriffe im Verlauf erforderlich. Aufgrund der Komplexverletzungen sind mehrere Fachdisziplinen, sowohl chirurgische als auch nicht-chirurgische, in die Therapie eingebunden und durch die Unfallchirurgie koordiniert und eng vernetzt.
Nachsorge
Nach der sogenannten Akutphase erfolgt in aller Regel der Übergang in die zum Teil sehr aufwändige Phase der Rehabilitation. In jedem Fall ist eine intensive physiotherapeutische Übungsbehandlung erforderlich. Je nach Verletzungsfolge wird diese noch durch ergotherapeutische und meist auch psychologische Therapien ergänzt.
Zuletzt ist eine Wiedereingliederung oder auch Umschulungsmaßnahme bei zuvor berufstätigen Patienten, insbesondere im Rahmen von Arbeitsunfällen, notwendig.
Was kann der Patient tun?
In der Akutphase sind die Möglichkeiten zur selbstbestimmten Einflussnahme aufgrund der hohen Verletzungsschwere oft eingeschränkt. Angehörige und Freunde können jedoch zu jeder Zeit der komplexen und langwierigen Behandlung mit Ihrer Unterstützung den Heilungsverlauf positiv beeinflussen.
Die beste Therapie des Polytraumas besteht in der Vorsorge. Im Straßenverkehr sollte immer auf die Nutzung aller zur Verfügung stehenden Sicherheitsmaßnahmen geachtet werden. Bei Arbeiten im privaten und auch beruflichen Bereich empfiehlt sich die Einhaltung der geltenden Sicherheitsvorschriften (zum Beispiel Leitern sichern).
Literatur und weiterführende Links
Deutsche Gesellschaft für Unfallchirurgie e.V. (DGU): Weißbuch Schwerverletztenversorgung. Stuttgart: Thieme Verlag, 2012.
Deutsche Gesellschaft für Unfallchirurgie e.V. (DGU): S3-Leitlinie Polytrauma / Schwerverletzten-Behandlung. AWMF Register-Nr. 012/019. Berlin: DGU, 2016.