Naturheilverfahren
Naturheilverfahren kommen in der Orthopädie und Unfallchirurgie bei Schmerzen aufgrund degenerativer oder entzündlicher Gelenkerkrankungen zum Einsatz. Das Ziel dieser Verfahren ist es, die Selbstheilungs- bzw. Selbstregulierungskräfte des Patienten zu aktivieren.

Zu den Naturheilverfahren zählen die Phytotherapie (Pflanzenheilkunde), die Hydrotherapie (Wasserheilkunde), die Bewegung, die Ernährung und die Ordnungstherapie. Ziel dieser Heilmethoden ist die Aktivierung der Selbstheilungs- bzw. Selbstregulierungskräfte, um Körper, Geist und Seele wieder in eine Balance zu bringen. Für die erfahrenen Ärzte der Orthopädie und Unfallchirurgie von Bedeutung sind pflanzliche Entzündungshemmer und biologische Knorpel-/Knochenaufbaustoffe. Alle anderen schmerzreduzierenden Maßnahmen können vom Patienten selbst angewendet werden.
Einsatzgebiet
Naturheilverfahren können bei Schmerzen aufgrund degenerativer oder entzündlicher Gelenkerkrankungen angewendet werden.
Wirkprinzip
Wie nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR) hemmen pflanzliche Entzündungshemmer die Zyklooxygenase 1 und/oder 2 und die Lipoxygenase. Diese Enzyme sind für die Produktion der Botenstoffe verantwortlich, die Entzündung verursachen und Schmerzen weiterleiten. Darüber hinaus hemmen die pflanzlichen Entzündungshemmer proinflammatorische, also entzündungsfördernde, sowie knorpelzerstörende Zytokine und Enzyme (z.B. Elastase, Hyaluronidase) und wirken antioxidativ (fangen die bei der Entzündung entstehenden Sauerstoffradikale ab).
Zum Wirkungsmechanismus biologischer knorpel- und knochenaufbauender Stoffe gibt es widersprüchliche Ergebnisse.
Durchführung
Bei akuten Beschwerden hilft Weidenrindenextrakt, bei chronischen Beschwerden kann ein Extrakt aus der Teufelskrallenwurzel oder ein Pulver aus der Hagebutte Linderung bringen. Da auf pflanzlichen Medikamenten wirksamkeitsmitbestimmende Inhaltsstoffe nicht deklariert werden müssen, ist nicht erkennbar, ob die Präparate ausreichend Wirkstoff enthalten. Ergebnisse von Studien mit einem bestimmten Wirkstoff können nicht auf andere Zubereitungen aus dem Pflanzenteil übertragen werden. Es sollten nur Präparate zur Anwendung kommen, die in Studien Wirksamkeit gezeigt haben.
Zu den Knorpel- und Knochenaufbaustoffen zählen Kollagen-Hydrolysat, Glucosamin, Chondroitin, ein Pulver aus der Grünlipp-Muschel und Methylsulfonylmethan.
Erfolgsaussichten
Bei Ansprechen auf die pflanzliche Therapie können erhebliche Zusatzkosten eingespart werden, da keine schwerwiegenden unerwünschten Wirkungen oder Komplikationen zu erwarten sind. Wird auf Salizin standardisierter Weidenrindenextrakt ausreichend hoch dosiert, ist er so wirksam wie NSAR. Beim Einsatz von Teufelskrallenwurzelextrakt mit mehr als 50 mg Harpagosid in der Tagesdosis oder 10 g Hagebuttenpulver pro Tag dauert es 3 bis 4 Monate, bis die volle Wirkung eintritt.
Bei den knorpel- und knochenaufbauenden Stoffen ist der Behandlungserfolg individuell unterschiedlich.
Kontraindikationen
Pflanzliche Entzündungshemmer oder knorpel- und knochenaufbauende Stoffe sollten nicht bei bekannter Allergie gegen den pflanzlichen Wirkstoff, bei einem bestehenden Magengeschwür (gilt für Teufelskrallenwurzel- und Weidenrindenextrakt), bei einem Mangel an Glukose-6-Dehydrogenase bzw. Asthma (gilt für Weidenrindenextrakt), bei einem Mangel an Molybdän bzw. einem angeborenen Mangel des Enzyms oder des Sulfits (gilt für Methylsulfonylmethan) angewendet werden. Bei der gleichzeitigen Einnahme von Weidenrindenextrakt und einem Gerinnungshemmer muss der Hausarzt informiert werden. Generell empfiehlt es sich, die Einnahme der Produkte mit dem behandelnden Arzt zu besprechen.
Studienlage
Zu Weidenrinden- und Teufelskrallenwurzelexrakt gibt es Studien, die die Wirksamkeit belegen, zu Hagebuttenpulver nur Hinweis gebende Studien. Weidenrindenextrakt muss derzeit aus Österreich bezogen werden (Fa. ESPARA, Kapseln mit 100 mg Salizin).
Die zusammenführenden Studien zu den knorpel- und knochenaufbauenden Stoffen konnten die Wirksamkeit nicht zweifelsfrei belegen, weshalb weitere Studien durchgeführt werden sollten.
Selbstbehandlung
Mit Hilfe von Entspannungsmethoden können Schmerzen mental beeinflusst werden. Hierzu eignen sich zum Beispiel Yoga, autogenes Training, Muskelrelaxation nach Jacobson und die Feldenkrais-Methode. Dadurch werden Schmerzen in eine andere Ebene transferiert und nicht mehr so störend empfunden. Kneipp-Güsse lindern Rücken- und Gelenkschmerzen. Durch die Stärkung der Muskulatur mit gymnastischen Übungen können die Wirbelsäule und die Gelenke entlastet werden. Brennnesselkraut, Ingwer und Kurkuma enthalten auch entzündungshemmende Inhaltsstoffe. Leider gibt es derzeit noch keine standardisierten Präparate, die zur Behandlung von Schmerzen eingesetzt werden können. Täglich 100 g Brennesselblätter oder -kraut, auf 70 Grad erhitzt (nicht kochen) unter das Gemüse mischen (schmeckt pur sehr metallisch), ein daumengroßes Stück Ingwer- oder Kurkumawurzel am besten roh im täglichen Smoothie oder Ingwer-Tee tragen zur Schmerzlinderung bei. Vorsicht: Ingwer kann als starker COX-1-Hemmer die Magenschleimhaut schädigen.
Literatur und weiterführende Links
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FAQ - Häufig gestellte Fragen zum Thema Naturheilverfahren
Was sind Naturheilverfahren?
Naturheilverfahren sind ganzheitliche Behandlungsmethoden, die sich auf die natürlichen Heilkräfte des Körpers stützen. Sie zielen darauf ab, die Selbstheilungskräfte zu aktivieren und das allgemeine Wohlbefinden zu fördern, oft mit Unterstützung von pflanzlichen Mitteln, Mineralien und anderen natürlichen Ressourcen.
Welche Arten von Naturheilverfahren gibt es?
Es gibt eine Vielzahl von Naturheilverfahren, darunter:
- Phytotherapie: Verwendung von Heilpflanzen zur Behandlung von Krankheiten.
- Homöopathie: Anwendung von stark verdünnten Substanzen, die ähnliche Symptome wie die Krankheit hervorrufen.
- Akupunktur: Traditionelle chinesische Methode, bei der Nadeln an bestimmten Punkten gesetzt werden, um den Energiefluss im Körper zu regulieren.
- Bachblüten: Einsatz von Blütenessenzen zur Förderung emotionaler und psychischer Gesundheit.
- Kneipp-Therapie: Anwendung von Wasseranwendungen zur Stärkung des Immunsystems und Verbesserung der Durchblutung.
Welche Vorteile bieten Naturheilverfahren?
Die Vorteile von Naturheilverfahren können umfassen:
- Ganzheitlicher Ansatz: Berücksichtigung von körperlichen, geistigen und emotionalen Aspekten der Gesundheit.
- Weniger Nebenwirkungen: Oft schonendere Behandlungen mit geringeren Risiken von Nebenwirkungen.
- Individuelle Anpassung: Therapieformen können auf die speziellen Bedürfnisse des Einzelnen abgestimmt werden.
- Prävention: Förderung eines gesunden Lebensstils und Vorbeugung von Krankheiten.
Gibt es auch Nachteile oder Risiken?
Ja, einige potenzielle Nachteile und Risiken sind:
- Wissenschaftliche Nachweise: Nicht alle Naturheilverfahren sind durch wissenschaftliche Studien ausreichend belegt.
- Wechselwirkungen: Pflanzliche Mittel können mit anderen Medikamenten interagieren.
- Verzögerte Behandlung: Bei schweren Erkrankungen kann eine ausschließliche Nutzung von Naturheilverfahren die notwendige medizinische Behandlung verzögern.
Kann ich Naturheilverfahren selbst anwenden?
Ja, viele Naturheilverfahren können auch selbst angewendet werden, wie z.B.:
- Tees und Tinkturen: Zubereitung von Heilpflanzen in Form von Tees oder Tinkturen.
- Entspannungsübungen: Techniken wie Yoga, Meditation oder Atemübungen zur Förderung des Wohlbefindens.
- Ernährungsumstellungen: Verwendung von natürlichen Lebensmitteln zur Unterstützung der Gesundheit.
Es ist jedoch ratsam, sich vor der Anwendung umfassend zu informieren und im Zweifelsfall einen Fachmann zu konsultieren.