Degenerative Spondylolisthese

Die degenerative Spondylolisthese ist kein alleinstehendes Krankheitsbild, sondern geht mit weiteren verschleißbedingten Erkrankungen einher. Der Bandscheibenvorfall, die Spinalkanalstenose, die Osteochondrose, die Spondylarthrose, die degenerative Lumbalskoliose und die Osteoporose gehören untrennbar zu dem Wirbelgleiten aus verschleißbedingter Sicht dazu.

©Romario Ien - stock.adobe.com

Der Begriff „Degeneration“ leitet sich vom lateinischen „degenerare“ ab und umschreibt die allmähliche Abweichung und Verschlechterung von der ursprünglichen Güte eines Zustandes. Jeder alternde Mensch ist hiervon früher oder später betroffen. Degenerative Erkrankungen der Lendenwirbelsäule sind häufig Grund für den Rückenschmerz, der mittlerweile in Deutschland zur Volkskrankheit Nummer 1 geworden ist.

Diese Statistiken zeigen die große Bedeutung des Rückenschmerzes aus medizinischer und volkswirtschaftlicher Sicht. Die Medizin unterteilt prinzipiell den unspezifischen vom spezifischen Rückenschmerz, wobei die degenerativen Erkrankungen der Hals-, Brust- und Lendenwirbelsäule, sofern sie in ihrer Ausprägung über das normale Altersmaß des Patienten hinaus gehen und mit der klinischen Symptomatik des Patienten korrelieren, als spezifisch anzusehen sind. In diesem Zusammenhang sind folgende Krankheitsbilder zu nennen:

Die degenerative Spondylolisthese ist kein alleinstehendes Krankheitsbild, sondern geht mit weiteren verschleißbedingten Erkrankungen einher. Der Bandscheibenvorfall, die Spinalkanalstenose, die Osteochondrose (Verschleiß der Bandscheibe), die Spondylarthrose (Arthrose der kleinen Wirbelgelenke), die degenerative Lumbalskoliose (Seitausbiegung der Lendenwirbelsäule und die Osteoporose gehören untrennbar zu dem Wirbelgleiten aus verschleißbedingter Sicht dazu.

Die degenerative Spondylolisthese findet man typischerweise bei dem älteren Patientenklientel, wobei Frauen häufiger betroffen sind als Männer. Sie ist eingebettet in den typischen Verschleißprozess der Lendenwirbelsäule und tritt am häufigsten in den Höhen zwischen drittem und fünften Lendenwirbel auf. Symptomatisch wird die degenerative Spondylolishtese in aller Regel, wenn das Bewegungssegment, d.h. die Verbindung zwischen zwei benachbarten Wirbeln instabil wird.

Der Gleitvorgang kann nach vorne (bauchwärts) oder auch nach hinten (rückenwärts) erfolgen. Dies ist unter anderem abhängig von der Ausrichtung der kleinen Wirbelgelenke, welche als stabilisierender Faktor die Bewegungsrichtung steuern. Stehen diese Gelenke bauchwärts ausgerichtet, so kann das instabile Segment nach bauchwärts gleiten.

Mit diesem Gleitprozess, der durch den Verlust des Quelldruckes in der Bandscheibe eintritt, kommt es zu einer Verengung der Nervenaustritts-Stellen, aber auch des zentralen Spinalkanales mit der Folge der zentralen Spinalkanalstenose und dem Auftreten der sogenannten Claudicatio spinalis.

Enstehung der degenerativen Spondylolisthese

Im Folgenden soll nochmals detailliert die Entstehung einer degenerativen Spondylolisthese beschrieben werden.

Die Degeneration der Lendenwirbelsäule beginnt in aller Regel mit der Dehydratation des Bandscheibenfaches oder mit einem plötzlichen Austritt von Bandscheibengewebe.

Dehydration der ersten mobilen Bandscheibe bei lumbosakraler Übergangsstörung
Großer medianer Bandscheibenvorfall L5/S1

Beide Pathologien führen zu einem Quelldruckverlust und damit zum Höhen-und Funktionsverlust der „Dämpferfunktion“ der Bandscheibe. Die Ursachen für die Dehydratation oder das plötzliche Auftreten eines Bandscheibenvorfalles sind multifaktoriell. Exemplarisch können drei Hauptgründe aufgeführt werden.

Einerseits kommen anatomische Veränderungen für einen vorzeitigen Verschleiß infrage. Hier kann der sog. Morbus Scheuermann, die juvenile Osteochondrose des Funktionssegmentes der Wirbelsäule, benannt werden. Hierbei kommt es schon in der Jugend zu sog. inneren Bandscheibenvorfällen, den Schmorl´schen Knötchen.

Bandscheibengewebe bricht über die fragile Grund- oder Deckplatte in den darunter befindlichen weichen Knochen ein und leitet somit bereits im frühen Erwachsenenalter den vorzeitigen Verschleiß der Bandscheibe ein.

Juveniler lumbaler Morbus Scheuermann mit Grund-und Deckplattenveränderungen, sowie Apophysenaufbaustörung

Ein weiterer Grund ist in biomechanischen asymmetrischen Belastungen der Bandscheibenfächer zu sehen. So können Verkrümmungen der Wirbelsäule, z. B. Skoliosen und Kyphosen, die Bandscheibenfächer asymmetrisch belasten und hierdurch eine vorzeitige asymmetrische Degeneration hervorrufen, welche dann ihren weiteren Fortgang nimmt. Schlussendlich soll auch der biochemische Faktor benannt werden.

Hier ist davon auszugehen, dass die Qualität der bindegewebigen Strukturen und des Knorpels der Bandscheibe genetisch determiniert ist und individuelle Unterschiede aufweist. Hierdurch lässt sich erklären, dass bei einem Fehlen von anatomischen oder biomechanischen Ursachen und auch ohne höhergradige Belastungen der Lendenwirbelsäule vorzeitig degenerative Veränderungen auftreten können.

Mit der Einleitung dieser degenerativen Veränderungen der Bandscheibe beginnt die Degeneration der Wirbelsäule und sie setzt sich dann über mehrere Dekaden fort. Kirkaldy-Willis und Farfan teilten 1982 die Degeneration in 3 Stufen ein (Kirkaldy-Willis 1982). In der 1. Phase der sog. Dysfunktion kommt es zur Bandscheibenhöhenminderung und damit zu einer unphysiologischen Druckerhöhung auf die angrenzenden Grund- und Deckplatten. Sie reagieren mit osteophytären Anbaureaktionen und subchondraler Sklerosierung, der sog. Osteochondrose.

Diese Phase der Dysfunktion geht dann nach Jahren über in die sog. instabile Phase, welche mit einer meist krankhaften Mikroinstabilität einhergeht.

Die 2. Phase der Degeneration wird von den Autoren als instabile Phase bezeichnet. Je nach Stellung der sog. Facettengelenke kommt es dann entweder zu einer Antero- oder Retrolisthese. Stehen die Facettengelenke symmetrisch nach bauchwärts gerichtet (parallel), kommt es zu einem Gleitprozess nach ventral, der sog. Anterolisthese oder Pseudospondylolisthese. Stehen die Facettengelenke aufeinanderzugeneigt (konisch), was in über 70 % der Fälle vorliegt, entsteht die Retrolisthese.

Degenerative Spondylolisthese L4/L5, Meyerding 2.°
Ausrichtung der Facettengelenke: links: Facettengelenk-Tropismus; rechts: sagittal ausgerichtete Facettengelenke bei degenerativer Spondylolisthese mit Erguss im Gelenkkapselbereich, hochgradige Spinalkanalstenose und juxtaforaminaler Zyste rechts.

Ausrichtung der Facettengelenke: links: Facettengelenk-Tropismus; rechts: sagittal ausgerichtete Facettengelenke bei degenerativer Spondylolisthese mit Erguss im Gelenkkapselbereich, hochgradige Spinalkanalstenose und juxtaforaminaler Zyste rechts.

Das Ausmaß der Instabilität (des Gleitprozesses) kann unterschiedlich ausgeprägt sein. Die instabile Phase wiederum wird in die 3. Phase, die sog. Restabilisation überführt. Der Organismus versucht, die pathologische Beweglichkeit einzuschränken und überbrückt das verschleißbedingt geschädigte Bandscheibensegment durch knöcherne Anbaureaktionen, sogenannte Spondylophyten.

Dies kann im Idealfall zu einer festen Brückenbindung führen, was dann wiederum die Beschwerdesymptomatik des Patienten lindert. Dieser Vorgang wurde auch in der Vergangenheit als heilsame Steife beschrieben.

Die degenerativen Anbaureaktionen, welche zu dieser Stabilisation führen, werden allerdings erkauft, mit dem Nachteil der Veränderungen im Spinalkanal. So führen übermäßige Anbaureaktionen an den Facettengelenken zur Arthrose, welche wiederum den Spinalkanal einengt, d. h., eine Stenose hervorruft. Knöcherne Überbauungen von Bandscheibenvorfällen oder -vorwölbungen führen ebenfalls zu einer zentralen und auch Nervenaustrittsengen, mit der Folge der Nervenwurzelkompression.

Die kontinuierliche Verschmälerung des Bandscheibenfaches führt im Bereich der dorsalen Strukturen zu einer Parallelverschiebung und somit zu einer Stauchung und Verdickung des gelben Bandes (Ligamentum flavum).

Ligamentum flavum-Verdickung und Arthrose des Facettengelenkes der LWS

Dies wiederum hat zur Folge, dass der zentrale Spinalkanal von rückenwärts dann ebenfalls eingeengt wird. Das Ergebnis dieser Veränderungen ist dann die lumbale Spinalkanalstenose, mit der Folge der Claudicatio spinalis als Hauptsymptom. Die Degeneration der sog. Facettengelenke kann unterschiedliche Ausmaße haben. Sie reicht von einer reinen Gelenkspaltverschmälerung bis hin zur knöchernen Überbauung der Gelenke. Liegt eine aktivierte Arthrose im Gelenk vor, kommt es zu einer vermehrten Flüssigkeitsproduktion. Diese führt zu Schwellungen der Gelenkkapsel, die sich wiederum vorwölben können.

Durch die beschriebenen Gleitprozesse können degenerative Deformitäten entstehen. Diese verändern wiederum das Profil und die Statik der Wirbelsäule mit der Folge einer erhöhten Haltefunktion der Muskulatur. Eine solche Erhöhung der Haltefunktion wiederum bedeutet eine kontinuierliche Mehrbelastung der Muskulatur, welche sich im weiteren Verlauf chronisch verspannt und reflektorisch zu einer Schmerzhaftigkeit führen kann.

Klinische Symptomatik

Klinisch zeigen sich degenerative Spondylolisthesen einerseits als sogenannte Lumbalgie oder Lumbalgie mit Ausstrahlung in die Gesäßhälften bis zu den OS Rückseiten und bei Kompressionen neuraler Strukturen als Lumbalgie und radikulären Symptomen (Ischialgie). Die zentrale Einengung des Spinalkanales führt zur sogenannten Claudicatio spinalis, welche differentialdiagnostisch von der Claudicatio intermittens (Schaufensterkrankheit) abzugrenzen ist.

Lumbalgieforme Schmerzen gehen in aller Regel von den vorgenannten veränderten Strukturen aus und führen zu den bereits aufgeführten muskulären Fehlfunktionen, die wiederum dann den Schmerz hervorrufen. Hierbei können auch Nachbarregionen, insbesondere im Übergangsbereich, in Mitleidenschaft gezogen werden. Ein typischer Bereich ist das Iliosakralgelenk, welches häufig bei degenerativen Veränderungen der Lendenwirbelsäule affektiert ist und klinisch symptomatisch wird. Ausstrahlungen, die bspw. vom Iliosakralgelenk ausgehen aber auch von den sogenannten Facettengelenken, werden als pseudoradikulär eingestuft.

Hiermit ist gemeint, dass im Gegensatz zu radikulären Ausstrahlungen der Schmerz nicht einem klar definierten Versorgungsbereich eines Nervens folgt, sondern eben mehrere Versorgungsbereiche beinhaltet. Typischerweise strahlen pseudoradikuläre Schmerzen über das Becken in den Glutäalbereich und von hier aus in die Oberschenkelrückseiten bis zum Kniekehlenbereich aus.

Kommt es zu einer Ausstrahlung über das Kniegelenk hinaus in den Unterschenkel- und Fußbereich, ist von einer radikulären Symptomatik auszugehen. Hier kann dann je nach Ausbreitungsgebiet des Schmerzes, der Sensibilitätsstörung oder/und dem Funktionsverlust einer Muskelgruppe die Zuordnung zu einem Nerven erfolgen. Hieraus lässt sich dann der Rückschluss ziehen, in welcher Segmenthöhe der Lendenwirbelsäule am wahrscheinlichsten die pathologische Veränderung, welche zur Kompression der neuralen Strukturen führt, zu finden ist.

Die Claudicatio spinalis stellt sich in aller Regel als eine Gehstreckenverkürzung des Patienten dar. Sie kann jedoch auch einhergehen mit pseudo- wie auch radikulären Symptomen, je nach Ausmaß der auslösenden Stenose des lumbalen Spinalkanales. In aller Regel wird von dem Patienten berichtet, dass er eine definierte Strecke gehen könne, dann stehen bleiben müsse und sich setzen muss.

Typisch ist dann das Vorneigen des Körperstammes im Sinne der sog. Entlordosierung, da hierdurch eine Vergrößerung des Spinalkanales erreicht wird und somit die Engpasssituation im Spinalkanal etwas reduziert wird. Nach einer entsprechenden Ruhephase ist es dem Patienten dann wieder möglich, weiter zu gehen. Patienten mit einer klassischen Claudicatio spinalis können schlecht gehen, jedoch gut Fahrradfahren und besser bergauf- oder treppauf gehen und schlechter bergab und die Treppe hinuntergehen.

Diese letztgenannten Symptome lassen sich als gutes Unterscheidungsmerkmal zur Claudicatio intermittens (Schaufensterkrankheit) nutzen. Patienten, die an der letztgenannten Krankheit leiden, können dem entgegen schlechter bergauf- oder treppauf gehen und besser bergab und treppab gehen. Patienten mit einer Claudicatio intermittens können ebenfalls nicht gehen und auch nicht Fahrradfahren.

Dies ist darin begründet, dass bei der Claudicatio intermittens eine durch verengte Arterien bedingte Sauerstoffschuld der Muskulatur besteht, die nicht positionsabhängig ist, im Gegensatz zur Claudicatio spinalis, die durch Veränderung der Position zu einer Erweiterung des lumbalen Spinalkanales führt und somit die Symptomatik beeinflussen kann.

Diagnostik

Im Vordergrund der Diagnostik steht immer die Anamnese des Patienten, um die klinische Symptomatik exakt zu erfahren. Hieraus lässt sich in aller Regel schon ein Großteil der möglichen Diagnosen bestätigen oder ausschließen. Dem folgt die klinische Untersuchung, welche in Bezug auf die degenerativen Lendenwirbelsäulenerkrankungen unterteilt werden sollte in die Bewegungsprüfung sowie die neurologische Untersuchung mit Klärung der Nervenwurzelreizung, dem Funktionsgrad der jeweiligen Muskelgruppen und dem Reflexstatus des Patienten.

Im Rahmen einer orthopädischen Untersuchung sollte selbstverständlich auch die klinische Untersuchung der Nachbarstrukturen (Iliosakralgelenk, Hüft- und Kniegelenk) sowie im Bereich der Halswirbelsäule, die Untersuchung der oberen Extremitäten mit durchgeführt werden.

Der nächste Schritt ist in aller Regel dann auch heute noch die konventionelle Röntgenaufnahme der Lendenwirbelsäule in 2 Ebenen. Diese dient der klaren Erkennung fortgeschrittener degenerativer Veränderungen im Sinne der Osteochondrose und Spondylarthrose.

Aktivierte Osteochondrose (Aufbrauch des Bandscheibenfaches) L3/L4 in einer MRT Aufnahme Hochgradige Spondylarthrose (Arthrose der kleinen Facettengelenke L3/L4 in einer Computertomographie mit Kontrastmitteldarstellung der Nervenfasern

Liegen permanente(>6 Wochen) radikuläre Symptome vor, das heißt Ausstrahlungen die in die Beine reichen und bestimmten Nervenbahnen (Dermatomen) folgen oder Lähmungen (Schwächen bestimmter Muskelgruppen in den Beinen), bedarf es einer sogenannten Schnittbilddiagnostik, die nach Verdachtsdiagnose und je nach Grundvoraussetzungen des Patienten entweder eine Kernspin- oder eine Computertomographie sein kann. Die Kernspintomographie kann hier in Bezug auf die Diagnostik der degenerativen Lendenwirbelsäulenerkrankungen als das am häufigsten eingesetzte Verfahren beschrieben werden.

Lässt sich diese Untersuchung nicht einsetzen, weil bspw. der Patient einen Herzschrittmacher hat oder an Platzangst leidet, kann aus heutiger Sicht mit einer Dünnschicht-CT ebenfalls ein hoher Informationsgehalt erzielt werden. Ist dies nicht ausreichend, kann die Computertomographie durch eine Kontrastmitteldarstellung des Duralschlauches, die sog. Myelographie und im Anschluss daran die Myelo-CT, zum Einsatz kommen. Diese Untersuchungsmethode findet auch Anwendung bei Patienten, welche bereits Voroperationen hatten und magnetische oder Bildartefakt verursachende Metallimplantate im Bereich der zu untersuchenden Region vorliegen.

In seltenen Fällen kann eine Drei-Phasen-Skelettszintigraphie noch weitere Erkenntnisse liefern und Differentialdiagnosen, wie beispielsweise die aktivierte Osteochondrose von der Spondylodiszitis, unterscheiden. Auch der Einsatz von intravenösen Kontrastmittelgaben findet im Bereich der Diagnostik degenerative LWS-Erkrankungen sowohl im Bereich der Kernspin- wie auch der Computertomographie ihre Anwendung. Dies gilt insbesondere bei voroperierten Patienten. Die Verwendung von Kontrastmittel erlaubt es dem Untersucher in aller Regel zwischen einem sog. Rezidiv-Bandscheibenvorfall und einer durch eine Voroperation resultierende Narbenfibrose zu unterscheiden.

Ein besonderes Augenmerk wird heute, insbesondere bei Veränderungen des frontalen und sagittalen Profils, den sogenannten Funktionsaufnahmen zugesprochen. Diese können einerseits in Ante- und Reklination, d. h. in Vor- und Rückneigung, beim stehenden Patienten vorgenommen werden und aber auch in der a.p.-Röntgenaufnahme im Sinne der Lateralflexion erfolgen. Beide Untersuchungen führen dann zur Differenzierung, ob es sich um stabile oder instabile Prozesse handelt. Kommt es im Rahmen der Funktionsaufnahmen im seitlichen Strahlengang zu einer Verschiebung von mehr als 3 mm oder einer Zunahme des intervertebralen Winkels über bzw. unter 5 Grad, ist von einer Instabilität des Bewegungssegmentes auszugehen.

Funktionsaufnahmen der Lendenwirbelsäule in Ante- und Reklination bei degenerativer Spondylolisthese L4/L5

Bei höhergradigen Veränderungen des sagittalen Profils findet zunehmend der Einsatz von Wirbelsäulenganzaufnahmen Anwendung. So lässt sich hiermit feststellen, ob das Stammskelett in einer balancierten, leicht- oder höhergradig dysbalancierten Position steht. Im seitlichen Strahlengang einer Wirbelsäulenganzaufnahme wird in aller Regel das Lot vom siebten Halswirbelkörper gefällt. Liegt die Lotlinie vor der Wirbelsäule spricht man von einer Dysbalance.

WS-Ganzaufnahme mit schwerer Dysbalance im ap- und seitlichen Strahlengang

Die Therapie degenerativer Lendenwirbelsäulenerkrankungen

Im Folgenden soll auf die Therapie degenerativen Spondylolisthese eingegangen werden.

Prinzipiell gilt, dass bei allen degenerativen Lendenwirbelsäulenerkrankungen, sofern keine Funktionsdefizite im Sinne höhergradiger Paresen (Kraftgrad 3 oder kleiner) vorliegen, zunächst die konservative Therapie durchzuführen ist.

Diese kann durch krankengymnastische Techniken und medikamentös oder bei Persistenz und fehlendem Ansprechen auf die vorgenannten Maßnahmen durch gezielte Infiltrationstechniken behandelt werden.

Als Zeitraum für die vorgenannten konservativen Therapien werden in aller Regel sechs Monate akzeptiert. Hier sollte allerdings darauf geachtet werden, dass die klinische Symptomatik und der Erfolg der jeweiligen konservativen Therapien auch reevaluiert wird. Bei Nichtansprechen entsprechender konservativer Therapiemethoden sollte spätestens nach sechs Wochen konsequenter und frustraner Therapie eine Änderung des Therapiekonzeptes erfolgen.

Medikamentöse, balneophysikalische und orthopädietechische Therapie

Aus medikamentöser Sicht kann zunächst der Einsatz von nichtsteroidalen Antirheumatika empfohlen werden. Hier gilt es jedoch auch, die möglichen Nebenwirkungen und Kontraindikationen dieser Medikamente individuell zu berücksichtigen und an den jeweiligen Patienten zu adaptieren. Besonders hingewiesen werden muss in diesem Zusammenhang auf kardiovaskuläre Begleiterkrankungen, gastrointestinale Unverträglichkeiten sowie Einschränkungen im Bereich der Nephrologie aufgrund von Überdosierungen.

Balneophysikalische Therapiemaßnahmen genießen einen hohen Stellenwert in der konservativen Therapie, wobei eine klare Evidenz hier nicht belegbar ist. Klar erscheint allerdings, dass vor allem multimodale Therapiekonzepte höhere und länger anhaltende Erfolge erzielen können im Vergleich zu einer unimodalen Therapie. Hierzu finden sich in der Literatur auch entsprechende Evidenzen. Ebenfalls gilt mittlerweile als allgemein anerkannt, dass die frühestmögliche Mobilisation eine bessere Prognose aufweist als Bettruhe und Immobilisierung.

Korsetts oder Bandagen werden bei degenerativen LWS-Erkrankungen häufig eingesetzt, wobei aus biomechanischer Sicht kein Nachweis der Wirksamkeit in Bezug auf die Ruhigstellung eines Bewegungssegmentes besteht. Befürworter von orthetischen Hilfsmitteln (Lumbalorthesen) gehen allerdings davon aus, dass durch den äußeren Druck die Propriozeption der Muskulatur gebessert wird und hierdurch ein positiver Einfluss auf die Symptomatik des Patienten zu erzielen ist.

Darüber hinaus haben Lumbalorthesen, wenn auch keinen absolut ruhigstellenden, dann jedoch mit Sicherheit einen mahnenden Charakter, bestimmte Bewegungen nicht auszuüben. Die Akzeptanz dieser orthopädischen Hilfsmittel in der Behandlung von degenerativen LWS-Erkrankungen ist hoch und somit wird sie auch weiterhin, trotz fehlender klarer Evidenz regelmäßig eingesetzt .

Facettengelenkinfiltrationen

Infiltrationen im Bereich der Lendenwirbelsäule werden sowohl radiologisch gestützt wie auch anhand tastbarer Landmarken vorgenommen. Ein häufiges Einsatzgebiet dieser Infiltrationstechnik sind die Facettengelenke. Zumeist wird sie mit einem Bildwandler (mobiles Röntgendurchleuchtungsgerät) oder computertomographisch gestützt durchgeführt. Sie dient einerseits der Diagnostik und andererseits der Therapie.

Unter gezielter Injektion der jeweiligen Facettengelenke kann der Schmerzgenerator im Bereich der Lendenwirbelsäule bei der vorliegenden Vielgliederkette differenziert werden. Hierzu ist es allerdings notwendig, dass nur kleinste Mengen an kurzwirkenden Lokalanästhetika zum Einsatz kommen.

In aller Regel werden für diagnostische Zwecke nur 0,5 bis 1 ml eines kurzwirksamen Lokalanästhetikums angewendet. Führt dies dann zu einer Linderung der Beschwerdesymptomatik (über 50 % Schmerzreduktion), kann eine solche Infiltration als Erfolg gewertet werden.

CT-gestützte Facettengelenkpunktion (links); konventionell radiologisch gesteuerte Punktion des Facettengelenkes mit Erfolgskontrolle mittels Kontrastmittelgabe an der LWS (Mitte); Darstellung der praktischen Durchführung einer therapeutischen Facettengelenkinfiltration (rechts)

In der Folge bestehen dann die Möglichkeiten der therapeutischen Facettengelenkblockade mit langwirkenden Lokalanästhetika und in Kombination mit Kortikosteroiden oder die Kryo- bzw. Thermoablation. Beide Verfahren führen im Bereich der Gelenkkapsel bzw. im Bereich des Querfortsatzes und der Lamina bzw. Interartikularportion zu einer Denervierung der afferenten Nervenäste des Facettengelenkes.

Dies hat zumeist eine längerfristige Beschwerdelinderung bis zur Beschwerdefreiheit zur Folge. Diese vorgenannten Methoden finden ebenfalls in der Therapie des Facettengelenksyndroms eine häufige Anwendung. Auch hier gilt allerdings, dass alle publizierten Studien hierzu keinen hohen Evidenzgrad aufweisen.

Lumbale Spinalnervenanalgesie

Liegt eine radikuläre Symptomatik vor, die sich klinisch und kernspintomographisch oder in anderer Weise bildgebend auf eine entsprechende Nervenwurzel fokussieren lässt, kann mit einer lumbalen Spinalnervenanalgesie diagnostisch wie auch therapeutisch eine Abklärung und Therapie erfolgen. Hierzu wird ebenfalls empfohlen, unter Röntgen- oder CT-Kontrolle, eine entsprechende Nadel in die Nähe der Nervenwurzel vorzuschieben.

Durch die Applikation eines Lokalanästhetikums kann die akute Schmerzsymptomatik reduziert werden. Durch Zumischung eines Kortikosteroides lässt sich hier auch eine antientzündliche Wirkung erzielen, die dann einen länger anhaltenden Effekt durch die abschwellende Wirkung des Medikamentes hat. Wichtig zu erwähnen ist, dass bei dieser Art der Infiltrationstechnik auch mit Funktionsverlusten des jeweiligen anästhesierten Nervens zu rechnen ist.

Dies kann bis zu einer höhergradigen Parese und dem dadurch verbundenen Steh- und Gehverlust einhergehen. Der Patient ist im Vorfeld darüber zu informieren und es ist ihm auch im Falle einer ambulanten Durchführung dieser Methode mitzuteilen, dass die Verkehrstüchtigkeit durch diese Maßnahme eingeschränkt sein kann.

Peridurale Injektion

Die peridurale Injektionstechnik kann blind oder ebenfalls bildwandler- und CT-gestützt erfolgen. Diese Methode kommt bei lumbalen Spinalkanalstenosen oder großen Bandscheibenvorfällen mit zentraler Symptomatik zum Einsatz. Punktiert wird der Periduralraum, d. h. der Raum zwischen dem knöchernen Spinalkanal und der harten Hirnhaut, der Dura mater. Dieser Raum ist typischerweise mit Fettgewebe ausgekleidet. Im ventralen Bereich befindet sich der Plexus venosus vertebralis internus.

Es werden in aller Regel hier niedrig konzentrierte Lokalanästhetika in Kombination mit Kortikosteroiden appliziert. Gängig ist auch der Einsatz von sog. Periduralkathetern, die dann über mehrere Tage - entweder durch sog. Single-Shots oder kontinuierlich mittels Infusionspumpen - beschickt werden. Diese Maßnahme ist in aller Regel sehr effektiv in Bezug auf die Schmerzreduktion.

Durch die Verdünnung der Schmerzbotenstoffe, wie auch durch die wirkende Lokalanästhesie und im Falle von Bandscheibenvorfällen durch osmotische Vorgänge, welche zur Dehydrierung des frischen Bandscheibengewebes führen, wird die Wirkung dieser Methode erklärt.

Im Falle von periduralen Injektionen sollte zwingend auf die Möglichkeit der Verletzung des Duralschlauches und der darin befindlichen Cauda equina hingewiesen werden. Eine unerwünschte Punktion des Duralschlauches kann einerseits mit einem nachfolgenden Liquorverlustsyndrom einhergehen und andererseits im Falle einer Applikation des für den Periduralraum bestimmten Medikamentes in den intrathekalen Bereich zu unerwünschten Nebenwirkungen führen.

Aus diesem Grund ist bei Anwendung dieser Methode zwingend der Einsatz eines Monitorings sowie das Vorhandensein von einem Notfallkoffer mit entsprechenden Medikamenten und Instrumenten zur Intubation und Reanimation im Falle eines Atemstillstandes erforderlich.

Kaudalanästhesie

Die Kaudalanästhesie kommt ebenfalls bei stenotischen oder narbenbedingten intraspinalen Veränderungen zum Einsatz, wenn die peridurale Injektionstechnik in unmittelbarer Nähe des betroffenen Segmentes nicht möglich ist. Es handelt es sich hierbei ebenfalls um eine Injektionstechnik in den Periduralraum, die allerdings über den Hiatus sacralis, der kaudalen Öffnung des sakralen Spinalkanales, erfolgt. Im Gegensatz zur periduralen Anästhesie werden bei dieser Methode größere Volumina benötigt, um eine entsprechende Ausbreitung aus dem Sakralbereich bis in den unteren LWS-Bereich zu erreichen.

Aufklärung zu Infiltrationstechniken

Bei allen o. g. Infiltrationstechniken bedarf es der schriftlichen Einwilligung des Patienten. Der Patient ist über die allgemeinen Risiken einer Punktion mit Verletzung topographisch gelegener Organe, Wundinfektionen sowie der möglichen Komplikationen inklusive ungewünschter intrathekaler Applikation mit der Folge des Atemstillstandes aufzuklären. Unter Beachtung steriler kautelen kann das Medikament appliziert werden (AWMF Leitlinie 2008).

Im Vorfeld sollten mögliche allergische Reaktionen gegen die zu applizierenden Medikamente abgeklärt werden. Für den Fall der gleichzeitigen Einnahme von blutverdünnenden Medikamenten muss entweder eine temporäre Aussetzung der Gerinnungshemmung oder eine sog. Bridging-Strategie durch Umsetzung von einem Cumarin auf das besser steuerbare Heparin erfolgen. Das häufig eingesetzte Aspirin, Thrombozytenaggregationshemmer, stellt in niedriger Dosierung (100mg/d) keine Kontraindiktion für die Infiltrationsbehandlung dar.

In Einzelfällen kann durchaus auch nach entsprechender Risikoaufklärung bei der fehlenden Möglichkeit des Absetzens blutverdünnender Medikamente unter bestehender Gerinnungshemmung die Infiltrationstechnik durchgeführt werden, sofern dies vertretbar ist und keine alternativen Therapiemöglichkeiten bestehen.

Operative Therapie

Operative Interventionen kommen immer dann zur Anwendung, wenn die konservative Therapie konsequent durchgeführt wurde und über einen Zeitraum von mindestens 6 Monaten kein Therapieerfolg erzielt werden konnte. Darüber hinaus werden Operationen immer dann indiziert, wenn sog. rote Flaggen vorliegen.

Dies bedeutet, dass die Symptomatik des Patienten hoch akut ist und beispielsweise durch einen Tumor oder eine bakterielle Entzündung erklärbar ist bzw. ein eindeutiger Funktionsverlust im Sinne einer Parese vorliegt. Auch der Verlust der Blasen- und Mastdarmfunktion kann die Indikation für einen dringlichen oder notfallmäßigen operativen Eingriff darstellen.

Darüber hinaus sind hochgradige Instabilitäten, die den Patienten in eine Geh- und Stehunfähigkeit führen, eine klare Indikation zu einem operativen Vorgehen.

Operative Therapien im Bereich der degenerativen Lendenwirbelsäule können rein dekomprimierende oder dekomprimierende und stabilisierende bzw. alleinig stabilisierende Maßnahmen darstellen. Alle vorgenannten Methoden können aus heutiger Sicht offen, konventionell oder minimalinvasiv, z. T. perkutan, durchgeführt werden. Die Wahl der Operationsmethode richtet sich jeweils nach der Symptomatik und dem Ausmaß in der Bildgebung. Sie sollte jedoch auch abhängig sein von dem Allgemeinzustand des Patienten.

Steht die lumbale Spinalkanalstenose sowie die laterale Recessus- bzw. Neuroforamenstenose ohne Instabilität im Vordergrund und findet sich eine stabile Situation in den vorgenannten Funktionsaufnahmen, so ist die Dekompression eine gute Indikation. Diese kann uni- oder bilateral erfolgen und in offener bzw. endoskopischer Technik ausgeführt werden. Standard ist bei minimalinvasiven dekomprimierenden Eingriffen der Einsatz des Operationsmikroskops oder zumindest der Lupenbrille.

Dekompressionsverfahren bei Spinalkanalstenose: a: präoperativer Zustand einer zentralen Stenose; b: Laminektomie: c: bilaterale interlaminäre Dekompression; d: unilaterale interlaminäre Dekompression mit undercutting und over-the top-Dekompression zur kontralateralen Dekompression des Spinalkanales

Liegt gleichzeitig eine Spondylarthrose vor und konnte im Vorfeld durch diagnostische Abklärung mittels Facettenblockade geklärt werden, dass diese symptomatisch ist, kann neben der Dekompression gleichzeitig eine Verödung der Gelenke oder ein Implantat (interspinöser Platzhalter) zum Einsatz kommen. Diese Technologie beinhaltet die vorsichtige Aufspreizung des Bereiches zwischen dem Bewegungssegment.

Hierdurch kommt es zu einer Neutralisierung der Gelenkstellung und gleichzeitiger indirekter Nervenkanalerweiterung.

In Kombination mit der zentralen Dekompression des Spinalkanales geht die Neuroforamenerweiterung einher, bei der höhergradige Einengungen der Nervenwurzel behoben werden. Diese Methoden haben einen positiven Einfluss auf die ischialgieforme und claudicatioartige Beschwerdesymptomatik der Patienten.

Selten wird durch die Entlastung neuraler Strukturen auch eine Verbesserung der lumbalgieformen Symptomatik hervorgerufen.

Stabilisierende Therapien

Ist eine Instabilität in dem zu behandelnden Segment nachgewiesen oder liegt eine Voroperation einem weiteren indizierten Eingriff zu Grunde, sollte das Segment sinnvollerweise stabilisiert werden. Begründet wird diese Philosophie damit, dass die Instabilität einer der Hauptgründe für die Beschwerdesymptomatik des Patienten ist und selbige durch einen rein dekomprimierenden Eingriff noch verstärkt wird.

Bei einer Spondylodese ist nach mechanischer Stabilisierung auch eine biologische Lösung angestrebt dergestalt, dass durch Anlage von Knochen im Bandscheibenraum, im Bereich der Querfortsätze (dorsolateral) oder im Bereich der Wirbelbögen (dorsomedial) eine Fusion erzielt wird, d. h. eine knöcherne Brückenbildung entstehen soll. Diese Form der Stabilisation ist dann eine dauerhafte Lösung und kann auch bei Insuffizienz des Schrauben-Stab-Systems nicht mehr gefährdet werden.

Eine Stabilisierung wird heute klassischerweise mit einem schraubenbasierten System herbeigeführt. Dies bedeutet, dass bei einer Versorgung eines Segmentes, mindestens vier Schrauben eingebracht werden und selbige dann zur Stabilisation des Segmentes mittels Längsstäben winkelstabil verbunden werden. Das Einbringen der Schrauben kann in unterschiedlicher Weise geschehen. Standard ist die offene Vorgehensweise unter Sicht mit Unterstützung durch Röntgenstrahlen.

Alternativ kann auch die Navigation zum Einsatz kommen. Sollen mehrere Segmente eines Wirbelsäulenabschnittes versorgt werden, bedarf es dann der entsprechenden Erweiterung um jeweils zwei Pedikelschrauben pro Segment.

Angestrebt wird heute in aller Regel eine zusätzliche Abstützung des aufgehobenen Bandscheibenraumes. Diese kann von vorne (ALIF), von rückenwärts mit

einen PLIF-Cage (posterior lumbar interbody fusion), einen TLIF-Cage (transforaminal lumbar interbody fusion) oder von der Seite mit einen DLIF (XLIF (direkter lateraler interbody fusion)) absolviert werden.

Spondylodese eines Segmentes in PLIF-Technik

Für die o. g. Maßnahmen werden verschiedene Platzhalter angeboten, die entweder aus Peek (Polyetheretherketon) oder Titangemischen bestehen. Diese Platzhalter (Cages) werden in aller Regel mit Knochen autolog, homolog oder Knochenersatzmaterialien gefüllt und in den ehemaligen Bandscheibenraum über die verschiedenen angegebenen Wege eingesetzt.

Im Falle einer erfolgreich durchgeführten Operation kommt es in den folgenden drei Monaten zu einer beginnenden Überbrückung und in den folgenden 12 Monaten dann zu einer knöchernen Durchbauung dieses Konstruktes.

Bezüglich der zu erwartenden Fusionsraten kann festgehalten werden, dass das Segment L5/S1 am schlechtesten, gefolgt vom Segment L4/L5 und L3/L4, fusioniert. Die Fusionsraten sind mit einem ALIF-Cage höher im Vergleich zum PLIF und dieser wiederum im Vergleich zum TLIF-Cage. Entsprechend gilt es je nach Patient, individuell zu entscheiden, mit welcher Zugangsart und mit welcher Applikationsform des Cages die größtmögliche Wahrscheinlichkeit eines therapeutischen Erfolges im Sinne der knöchernen Fusion zu erzielen ist.

Osteoporose

Degenerative Erkrankungen und insbesondere die degenerative Spondylolisthese treten vor allem beim weiblichen Geschlecht im Alter von 60 bis 75 Jahren auf. Häufig liegt in diesem Alter auch eine Osteoporose vor. Die Osteoporose stellt in Kombination mit stabilisierenden Maßnahmen hohe Anforderungen an das Implantat und den Operateur, da die Verankerung in einem mineralsalzgeminderten Knochen deutlich erschwert ist.

Dem gerecht zu werden hat sich in den letzten Jahren eine sog. Zementfixierung etabliert. Hierbei wird der instrumentierte Wirbelkörper mit Zement aufgefüllt und somit die Schraube zusätzlich vor einem Ausreißen und Auslockern gesichert.

Bei allen vorangegangenen Empfehlungen und therapeutischen Vorgehensweisen handelt es sich jeweils um leitliniengerechte Beschreibungen, die nach dem aktuellen Stand der Wissenschaft Ihrer Berechtigung haben. Die individuelle Einschätzung muss allerdings immer von dem behandelnden Kollegen/-in getroffen werden und kann niemals pauschal erfolgen.

Nachbehandlungskonzepte im Anschluss an operative Therapien

Das Nachbehandlungskonzept soll individuell angepasst sein was sowohl die häusliche und soziale Situation betrifft wie auch die körperlichen Vorraussetzungen. Zunehmend etablieren sich in den Therapiekonzepten bereits präoperativ Schulungen und Übungsbehandlungen um so Patienten optimal auf den Eingriff und die Nachfolgene Behandlung einzuführen. Hieraus resultiert nicht nur eine erhöhte Pateintenzufriedenheit sondern auch eine schnellere Rekonvaleszenz und verkürzte Liegezeit (Nielsen 2010).

Nach erfolgreich durchgeführter stabilisierender Wirbelsäulenoperation bedarf es im Durchschnitt einer ca. dreimonatigen Rekonvaleszenz (Tarnanen 2012). Diese beinhaltet die erste postoperative bzw. perioperative Phase, die ca. sieben bis zehn Tage andauert. In aller Regel kann der Patient im Anschluss daran mit reizloser Wundheilung aus dem stationären Bereich entlassen werden.

Ist eine ausreichende häusliche Versorgung gesichert, kann der Patient ohne rehabilitative Maßnahmen in den ambulanten Bereich entlassen werden. Fehlt eine soziale Absicherung im häuslichen Bereich, bedarf es der direkten stationären Weiterbehandlung im Rahmen einer Anschlussheilbehandlung oder einer geriatrischen Rehabilitation je nach Ausmaß der Komorbiditäten und dem Mobilitätgrad des Patienten.

Mono- und bisegmentale Spondylodesen werden in aller Regel korsettfrei behandelt. Längerstreckige Spondylodesen, insbesondere nach korrigierenden Eingriffen, werden häufig in Kombination mit einer thorakolumbalen Orthese versorgt. Diese wird zumeist für insgesamt drei Monate konsequent und im weiteren Verlauf dann nur belastungsadaptiert verwendet.

Das Rehabilitationskonzept beinhaltet immer auch die den Rumpf stabilisierende krankengymnastische Übungstherapie sowie die Gangschule. Die peripoperativ eingesetzte Schmerzmedikation kann meist innerhalb der ersten sechs Wochen stufenweise reduziert werden. Je nach Ausmaß des präoperativ bestandenen Schmerzbildes und je nach erfolgter Operation kann in der Regel eine deutliche Schmerzmittelreduktion erzielt werden.

Liegen präoperativ bereits Funktionsdefizite im Sinne höhergradiger Paresen vor, bedarf es einer intensiven physiotherapeutischen Nachbehandlung. Gleiches gilt für Patienten, die durch den operativen Eingriff aufgrund bspw. der Korrekturen vorübergehende Schwächen bestimmter betroffener Muskelgruppen erlitten haben.

Hier bedarf es einerseits der klaren Abklärung der Ursache. Ist dies geschehen und ausgeschlossen, dass es sich um ein mechanisches Problem handelt, kann die intensive Rehabilitation mit krankengymnastischer Übungstherapie und Elektrotherapie unter zusätzlichem Einsatz von orthopädischen Hilfsmitteln (Peroneusschiene) eine weitere und schnelle Rehabilitation erbringen.

Nachsorge

Prinzipiell gilt, dass auch nach erfolgter Abheilung und Rehabilitation keine Heilung erfolgt ist, sondern der Verschleiß an der Vielgliederkette Wirbelsäule weitergeht. Somit ist zwingend ein rückengerechtes Verhalten nach allen operativen Maßnahmen dringend angeraten.

Literatur:

https://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/033-051l_S2k_Spezifischer_Kreuzschmerz_2018-02.pdf

Axelsson P, Johnsson R, Strömqvist B: Effect of lumbar orthosis on intervertebral mobility. A roentgen stereophotogrammetric analysis. Spine 1992; 17:678-681

Baron R, Diagnostik und Therapie neuropathischer Schmerzen. Dtsch Arztebl 2006; 103(41): A2720–30

Boswell MV, Colson JD, Sehgal N, Dunbar EE, Epter R. A systematic review of therapeutic facet joint interventions in chronic spinal pain. Pain Physician 2007; 10 (1): 229-53. PMID: 17256032

BROWN T, NORTON PL. The immobilizing efficiency of back braces; their effect on the posture and motion of the lumbosacral spine. J Bone Joint Surg Am 1957; 39-A (1): 111-39; passim. PMID: 13385269

Deyo RA, Weinstein JN. Low back pain. N Engl J Med 2001; 344 (5): 363-70

Gesundheitsberichterstattung des Bundes Gesundheit in Deutschland 2006. http://www.gbe-bund.de

Geiger F, Kafchitsas K, Rauschmann M. Anterior vertebroplasty of adjacent levels after vertebral body replacement. Eur Spine J 2011; 20 (8): 1385-92

Hadji P, Klein S, Gothe H, Häussler B, Kless T, Schmidt T, Steinle T, 
Verheyen F, Linder R: The epidemiology of osteoporosis—Bone Evaluation Study (BEST): an analysis of routine health insurance data. 
Dtsch Arztebl Int 2013; 110(4): 52–7. DOI: 10.3238/arztebl.2013.0052

Jarvik JG, Hollingworth W, Heagerty PJ, Haynor DR, Boyko EJ, Deyo RA. Three-year incidence of low back pain in an initially asymptomatic cohort: clinical and imaging risk factors. Spine (Phila Pa 1976). 2005 Jul 1;30(13):1541-8; discussion 1549. PMID: 15990670

Jegede KA, Miller CP, Bible JE, Whang PG, Grauer JN. The effects of three different types of orthoses on the range of motion of the lumbar spine during 15 activities of daily living. Spine (Phila Pa 1976) 2011; 36 (26): 2346-53. PMID: 21358469

Jensen MC, Brant-Zawadzki MN, Obuchowski N, Modic MT, Malkasian D, Ross JS. Magnetic resonance imaging of the lumbar spine in people without back pain. N Engl J Med 1994; 331 (2): 69-73

Kirkaldy-Willis WH, Farfan HF. Instability of the lumbar spine. Clin Orthop Relat Res 1982; (165): 110-23

Kjaer P, Leboeuf-Yde C, Korsholm L, Sorensen JS, Bendix T. Magnetic resonance imaging and low back pain in adults: a diagnostic imaging study of 40-year-old men and women. Spine (Phila Pa 1976) 2005; 30 (10): 1173-80.

Klimczyk, K. e. (2002). Wirksamkeit multimodaler Behandlung bei chron. Schmerzen. Orthopädische Praxis , 38, S. 361-368.

Legaye J, Duval-Beaupère G. Sagittal plane alignment of the spine and gravity: a radiological and clinical evaluation. Acta Orthop Belg 2005; 71 (2): 213-20

Nielsen PR, Jørgensen LD, Dahl B, Pedersen T, Tønnesen H. Prehabilitation and early rehabilitation after spinal surgery: randomized clinical trial. Clin Rehabil 2010; 24 (2): 137-48. PMID: 20103575

Pfingsten, M. e. (1997). Effectiveness of amultimodal treatment program for chronic low-back pain. Pain , 73, S. 77-85

Sofianos DA, Briseño MR, Abrams J, Patel AA. Complications of the lateral transpsoas approach for lumbar interbody arthrodesis: a case series and literature review. Clin Orthop Relat Res 2012; 470 (6): 1621-32. PMID: 21948287

Statistisches Bundesamt. https://www.destatis.de/DE/ZahlenFakten/GesellschaftStaat/Bevoelkerung/Sterbefaelle/Tabellen/

Stanczak J, Blankenbaker DG, De Smet AA, Fine J. Efficacy of epidural injections of Kenalog and Celestone in the treatment of lower back pain. AJR Am J Roentgenol 2003; 181 (5): 1255-8. PMID: 14573415

Tarnanen S, Neva MH, Dekker J, Häkkinen K, Vihtonen K, Pekkanen L, Häkkinen A. Randomized controlled trial of postoperative exercise rehabilitation program after lumbar spine fusion: study protocol. BMC Musculoskelet Disord 2012; 13 (): 123. PMID: 22817607

Zahlten, H. A. (2006). Multimodale Therapie bei chron. HWS-und LWS-Schmerz. Der Schmerz , 20, S. 210-218

Hinweise für Patienten

Dieser Lexikoneintrag enthält nur allgemeine Informationen und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.

Off-Label-Use
Hinweis: Die Anwendung des oder der oben genannten Arzneimittel ist für die aufgeführten Indikationen eventuell nicht offiziell zugelassen. Es handelt sich in diesem Fall um einen sogenannten Off-Label-Use des Präparates, der von gesetzlichen oder privaten Krankenkassen oder Beihilfen in der Regel nicht erstattet wird.
Weitere Informationen…

Umstrittene Wirksamkeit
Hinweis: Bei den oben aufgeführten Diagnose- bzw. Behandlungsverfahren kann es sich eventuell um wissenschaftlich umstrittene und derzeit nicht von allen Experten wissenschaftlich anerkannte Methoden handeln. Die Kosten dieser Anwendungen werden von gesetzlichen oder privaten Krankenkassen oder Beihilfen in der Regel nicht erstattet.
Weitere Informationen…

Ärzte auf Orthinform in Ihrer Umgebung

Fehler: Ihr Standort konnte nicht ermittelt werden.

Leider konnten wir mit Hilfe des Browsers Ihren ungefähren Standort nicht ermitteln, weitere Informationen erhalten sie auf der Seite aktueller Standort.