Das neue Kniegelenk

Wenn der Verschleiß des Kniegelenks schon zu weit fortgeschritten und jeder Schritt eine Qual ist, kann ein künstliches Kniegelenk vom Schmerz befreien und neue Bewegungsfreiheit bringen.
Prof. Dr. Peter Aldinger (Mitte), Ärztlicher Direktor der Orthopädischen Klinik Paulinenhilfe, und sein Kollege Dr. Joachim Herre (rechts), Stv. Ärztlicher Direktor der Klinik, im Gespräch mit einem Patienten nach einem endoprothetischen Eingriff am Knie. (Quelle: Volker Schrank/Diakonie-Klinikum Stuttgart)

Wenn der Gelenkknorpel von Arthrose schon so weit zerfressen ist, dass sich Knorpelstückchen und schließlich sogar Knochensplitter ablösen, kann jeder Schritt zur Qual werden. Ein künstliches Kniegelenk kann dann die natürlichen Gleit- und Oberflächen des Kniegelenks ersetzen. Die Teile für den Oberflächenersatz (Oberschenkelkappe, Schienbeinplatte) werden aus hochpoliertem Metall hergestellt, der Gleitflächenersatz aus Polyethylen.

Die Bestandteile des künstlichen Kniegelenks werden, einmal im Körper eingesetzt, von den Kniebändern stabil zusammengehalten. Die Muskulatur sorgt für Streckung und Beugung. Die Teile werden mit einem speziellen Knochenzement am Knochen befestigt. Dieser Zement besteht aus einem plexiglasähnlichen Material.

Weltweit werden über 500.000 künstliche Kniegelenke pro Jahr eingesetzt. Dabei unterscheidet man Knieteilprothesen (unikompartimentelle Prothesen) bei denen ein Teil des Kniegelenks, von totalen Knieendoprothesen (Knie-TEP) bei denen die gesamte Knieoberfläche überkront wird.

Die Knieteilprothese

Bei nur einseitiger, schmerzhafter Kniegelenksabnutzung kann eine einseitige Knieteilprothese (Schlittenprothese) eingesetzt werden. Zumeist ist nur die innere Seite des Kniegelenks betroffen. Eine wichtige Voraussetzung ist, dass zuvor alle konservativen (nichtoperativen) Maßnahmen voll ausgeschöpft worden sind. Leider wird diese OP in Deutschland nur bei etwa 10% der Patienten die einen Kniegelenksersatz benötigen durchgeführt, obwohl jeder 2. Patient für eine Schlittenprothese geeignet wäre.

Wird eine Knieteilprothese eingesetzt, was bei etwa der Hälfte der Patienten möglich ist, kommen die Patienten nach der Operation etwa dreimal schneller wieder auf die Beine als bei einer totalen Knieendoprothese (TEP). Das liegt daran, dass die Teilprothese in einer minimalinvasiven Operation – also über maximal sieben bis neun Zentimeter kurze Schnitte – eingesetzt werden kann. Der Blutverlust ist geringer, die Rehabilitationszeit ist kürzer, und die Teilprothese ist ebenso belastbar, haltbar und funktionstüchtig wie die Totalendoprothese. Bei mehr als 90 Prozent der Patienten funktioniert das künstliche Kniegelenk nach zehn Jahren und bei über 80 Prozent nach 20 Jahren noch einwandfrei.

Nach Einsetzen von Knieteilprothesen kann eine ambulante, physiotherapeutische Rehabilitation erwogen werden. Ein weiterer stationärer Reha-Klinikaufenthalt wäre dann verzichtbar.

Totale Knieendoprothese (Knie-TEP)

Bei fortgeschrittenem Gelenkverschleiß, höhergradigen Fehlstellungen (O-Bein, X-Bein) und heftigen Knieschmerzen, häufig auch Hinken und damit einhergehenden Behinderungen kann ein vollständiger (totaler) Oberflächenersatz durchgeführt werden. Dabei wird nicht das komplette Kniegelenk ersetzt, sondern lediglich die komplett beschädigte Knorpeloberfläche des Gelenks. Der erkrankte Gelenkknorpel wird abgetragen und eine neue Metalloberfläche angepasst.

Das Kniegelenk wird durch einen Hautschnitt zentral eröffnet. Die abgenutzten Gelenkoberflächen werden nach einem speziellen Schnittplan bearbeitet, sodass das künstliche Kniegelenk der geeigneten Größe gut auf den Knochen angepasst werden kann.

Abb. 1: Schema von Teilgelenkersatz und vollständigem Oberflächenersatz (Quelle: Prof. Dr. Peter Aldinger, Diakonie-Klinikum Stuttgart)

Operationsrisiken?

Komplikationen sind bei diesen Operationen sehr selten. Der Eingriff kann in aller Ruhe gut vorbereitet werden und die Gefahr von Komplikationen somit auf ein Minimum gesenkt werden. Wie bei jeder anderen Operation bleiben gewisse Risiken: Thrombose, Embolie, Wundheilungsstörungen, Bluterguss und Nachblutungen, Verletzungen von Nerven, Gefäßen und anderen anatomischen Strukturen, Verklebungen sowie Restschmerzen. Ihr Orthopäde wird Sie vor der Operation darüber informieren. Bei einem Teilgelenkersatz (Schlittenprothese) ist die Komplikationsrate nochmals dreimal geringer als beim kompletten Oberflächenersatz des Kniegelenks.

Der Erfolg der Operation und die Haltbarkeit des Kniegelenks hängen neben der exakten OP-Technik entscheidend von der Nachbehandlung bzw. vom Verhalten danach ab. Im Krankenhaus lernen Patienten mit Hilfe des Physiotherapeuten, ihr Gelenk wieder zu benutzen: das Knie zu strecken, zu beugen, sodass die täglichen Verrichtungen des Lebens (Körperwäsche, Anziehen) wieder selbstständig erledigt werden können. Laufen lernt man mit Hilfe von Unterarmstützen. In der Regel beginnt die Mobilisation des Patienten direkt nach dem Eingriff.

Durch den Kniegelenkersatz können die meisten Patienten ihr Leben wieder schmerzfrei genießen. Dennoch sollten Sie regelmäßig zu Nachuntersuchungen gehen. So haben Sie lange etwas von Ihrem Kunstgelenk.

Prof. Dr. Peter Aldinger beim Aufklärungsgespräch mit einer Patientin (Quelle: Volker Schrank/Diakonie-Klinikum Stuttgart)

Sie sollten:

  • gymnastische Übungen selbständig fortsetzen
  • den Fuß richtig abrollen
  • aufrecht mit gleich langen Schritten gehen
  • Schnürschuhe mit weichen, elastischen Sohlen tragen

Sie sollten nicht:

  • Ihr neues Gelenk Stoß- oder stauchenden Belastungen aussetzen (Fußball etc.)
  • kurz nach der OP hocken oder knien, nach 3 Monaten dürfen Sie das.
  • schwere Lasten heben und tragen
  • große Kraftanstrengungen auf sich nehmen
  • zunehmen (kann zur vorzeitigen Auslockerung der Prothese führen)
  • schwer körperlich arbeiten

Geeignete Sportarten:

  • Schwimmen
  • Gymnastik
  • Radfahren/Heimtrainer
  • Wandern

Bedingt geeignete Sportarten:

  • Skiwandern/Skilanglauf
  • Jogging
  • Golfspielen
  • alpiner Skilauf
  • Reiten
  • Tennis (gemütliches Doppel)

Sportarten, von denen abzuraten ist:

  • Ballsportarten
  • Tennis (schnelles Einzel)
  • Leichtathletik

Häufige Fragen

Ich kann nicht längere Zeit ohne Schmerzen stehen, zum Beispiel beim Abwaschen. Nach Aktivität schmerzt mein Knie die ganze Nacht. Kann mir ein Kunstgelenk Erleichterung verschaffen?

Diese Symptome sind nicht normal für einen gesunden Erwachsenen und müssen abgeklärt werden. Eine genaue Diagnose hilft Ihrem Arzt, ein sinnvolles Behandlungsschema zu entwickeln, um Ihre Schmerzen zu lindern.

Wie wird sich das neue Kniegelenk anfühlen?

Oft haben Patienten das Gefühl, dass sich ihr neues Knie warm anfühlt. Dieses Gefühl kann bis zu einem Jahr nach der OP anhalten. Es entsteht durch die Reaktion des Körpers auf das Implantat. Kurz gesagt: Ihr Knie ist dabei, sich selbst zu heilen. Nach einem Jahr ist das operierte Kniegelenk in den meisten Fällen schmerzfrei beweglich, der Alltag kann wieder bewältigt werden. Bei einem Teilgelenkersatz ist die Heilungszeit meist deutlich kürzer.

Wie aktiv werde ich nach dieser Operation wieder sein?

Die Operation ist so angelegt, dass nur die geschädigten Bereiche erneuert werden. Normalerweise können Sie nach einigen Wochen wieder Rasen mähen, Auto fahren und leichte Arbeit verrichten. Die Heilungszeit ist jedoch von Patient zu Patient unterschiedlich. Mit einem künstlichen Kniegelenk können Sie ein ganz normales Leben führen. Risiko- und Kontaktsportarten wie Fußball oder Joggen sollten vermieden werden.

Wie lange hält eine Endoprothese?

Eine moderne Endoprothese kann etwa 15 Jahre einwandfrei funktionieren. Limitierender Faktor ist die Lockerung der Einzelteile, die in erster Linie durch einen zunehmenden Abrieb von Polyethylen am Inlay der Prothese entsteht. Zusätzlich kann es im Alter zu Formveränderungen des Knochens durch Osteoporose kommen. 20 Jahre nach der Operation sind bei einem Teilgelenkersatz (Schlittenprothese) oder einem kompletten Oberflächenersatz bis zu 80 Prozent der Patienten noch ohne weiteren Eingriff mit der OP zufrieden.

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